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Tessa

38, Weiblich

FSK 18 Mensch neutral lesbisch homoromantisch Geübter erfunden

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 27.08.2022 12:40

Tessa saß da, das Gesicht wie eine eiserne Fassade und blickte dieses Mädchen an, welches nun so viel kraftvoller und lebendiger, ja fast schon wütend auftrat und Tessa ein Wort nach dem anderen um die Ohren warf. Dinge über welche Tessa nie auch nur einen Gedanken verschwendet hatte, weil sie niemand war der mit dem Kopf in den Wolken hing, sondern immer im hier und jetzt gelebt hatte. Sie hatte nie viel mit Legenden oder Göttern oder Übernatürlichkeiten anfangen können. Doch hier stand sie nun. Der personifizierte Tod und selbst eine Zynikerin wie Tessa glaubte es. Denn sie wusste zu viel, allein ihr Auftreten.
Noch immer war ihr Gesicht unbewegt - doch die Worte hatten ihr Ziel getroffen. Sie schluckte. Sagte nichts. Stand auf und ging mit langsamen Schritten zur Wand zwischen zwei Fenstern, wobei sie unterwegs - ohne es wirklich zu merken - eine fast leere Weinflasche zur nahm. Sie schwieg noch immer während sie aus dem Fenster starrte. Hinaus auf die Straße wo Menschen ihre Leben lebten und sich vielleicht darüber ärgerten, dass ihre Bar heute geschlossen hatte.
Ihr eigenes Leben war ihr egal geworden. Sie hatte kein Interesse mehr daran ihren Weg zu gehen. Nicht ohne ihre Tochter an ihrer Seite. Ihre Tochter, welche ihr mehr als einmal vermutlich das Leben gerettet hatte. Aber wenn dieses Mädchen, wenn... Tod... Recht hatte... Tessa senkte den Kopf leicht, die Augen geschlossen. "Ich will meine Tochter nicht aufhalten, weiterzuziehen.", sagte sie leise, mit rauer und belegter Stimme. "Sie soll nicht leiden. Sie soll glücklich sein. Sie hat alles Glück der Welt verdient." Ihre Lippen zitterten, und die bröckelig aufgebaute Fassade fiel wieder in sich zusammen. Die erste Träne fiel. Tessa wischte sie weg, den Schluchzer konnte sie gerade noch so unterdrücken, sodass nur ihr Körper für einen Moment erbebte. Sie zwang sich ruhig zu atmen und wandte dann endlich ihren Blick wieder zu dem Mädchen namens Tod, in dieses weise junge Gesicht und in Tessas Augen spiegelten sich Tränen. "Aber wie sollte sie glücklich sein können, wenn sie so früh aus dem Leben gerissen wurde? Wie soll ich sie loslassen, ohne..." Sie brach ab und beendete ihren Satz anders. "...sie bedeutete mir alles."
Ganz langsam, fast wie in Trance setzte sich Tessa wieder, und trank Wein aus der Flasche ohne es wirklich zu merken. Nur ein kalter bekannter Geschmack blieb in ihrer Kehle zurück. "Wie viel weißt du über mich?", fragte Tessa leise. Diesmal ohne das Mädchen anzusehen. "Wie viel weißt du über mein Leben?"

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Tessa

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 18.08.2022 17:56

Tessa atmete ein und aus. Ein und aus. Ihre Arme zitterten. Ihre Finger zitterten. Ihr Atem zitterte. Ihre Kehle fühlte sich rau und dick an, ihre Brust, als würde ein ganzer Gebirgszug auf ihr lasten und es ihrem Herz nahezu unmöglich machen, seine lebenserhaltende Funktion weiter aufrechtzuerhalten. Sie rang wortwörtlich um ihre Fassung. Versuchte verzweifelt ihre Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie wollte sich nicht so gehen lassen. Wollte sich nicht so zeigen. Weder ihren vier Wänden, noch sich selbst - und ganz bestimmt irgendeinem anderen Menschen. Niemand sollte sie so sehen. Obwohl jeder es schon immer sah, wahrscheinlich, oder? Jeden einzelnen Abend wenn sie trank und an dem Punkt ankam, da sie nicht mehr fähig war, die Bestellungen aufzuschreiben, da Kopfrechnen nicht mehr funktionierte, ihre Sprache verwaschen und ihre Bewegungen grob wurden...
Und dann sprach diese fremde Stimme. Tessa reagierte nicht. Sie ließ die Worte in sich reinrauschen, während sie sich weiter darauf fokussierte, ein und auszuatmen. Ein und aus. Ein und aus. Ihre Fassade wieder aufzubauen, ihre so wichtige Fassade. Ein und aus. Bedauern überkam sie.
Sie hätte die Flasche nicht gegen die Wand werfen sollen.
Ich bin der Tod, doch die Entscheidung wer stirbt und wer lebt, liegt nicht bei mir. ("Ist mir egal", schoss es Tessa bitter durch den Kopf. Doch regen oder etwas sagen tat sie nicht. Sie atmete ein und aus.) Es machte sie fertig. Es machte sie fertig zu hören, wie der Tod über all diese Dinge sprach. Von Blumen und Wegen und Pfaden und Seelen. Es war ihr egal. Es war ihr alles egal und es spielte auch keine Rolle. Was sollte sie mit irgendwelchen metaphorischen Blumen und Pausen und Wegen anfangen? Sie wollte Ricky. Das war alles was zählte. Und es war nicht fair, dass sie gegangen war. Seelen kehrten zurück? Wie schön. Vielleicht sollte Tessa es dann doch endlich einfach selbst beenden. Dann könnten Ricky und sie gemeinsam ihren ach so wundervollen nächsten Pfad suchen.
Die Verbitterung der Gedanken, die einer nach dem anderen durch ihren Kopf schossen, schmeckte wie Galle in ihrer Kehle. Doch sie sagte nichts. Sie tat nichts. Sie saß da - und atmete ein und aus. Versuchte ihren Zorn, ihre Verbitterung, irgendwie wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie durfte nicht noch einmal so ausbrechen.
Schließlich herrschte Stille. Das Mädchen schwieg. Offenbar hatte sie gesagt, was sie sagen wollte - und doch hatte sie in Tessas Augen absolut NICHTS gesagt. Nichts was von Bedeutung war, nichts was irgendwie auch nur im Entferntesten half.
"Ich scheiße auf die Wege.", brachte Tessa raus. Ihre Stimme war. Sehr rau. Viel rauer als sonst. Ihre Hände zitterten. Sie schloss die Augen, atmete ein und aus und öffnete sie wieder. "Was willst du von mir?" Jetzt war ihre Stimme ruhiger. Ihr Blick starr in den des Mädchens gerichtet und ihre Emotionen wieder hinter einer ausgesprochen wackeligen Mauer verborgen.

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Re: Rachels Wohnung

von Tessa am 28.06.2022 17:51

Tessa startete sich selbst im Spiegel an, die Hände am Waschbecken abgestützt. sie trug tiefe dunkle schatten unter den Augen, die von der letzten Nacht noch ein wenig blutunterlaufen waren. Ihre Haut war blass und tatsächlich wirkte alles an ihr tot. Die letzte Nacht hatte sie nur verschwommen im Kopf. Sie war wieder aus gewesen und erst spät nach Hause zurückkehrt, wahrscheinlich etwas zu laut neben Rachel ins Bett gefallen. Der Schmerz pochte dumpf in ihrem Schädel, und mit jedem Pochen schien es, als wolle ihr Gehirn der Schädeldecke entweichen. Sie dachte an Ricky. Was sie sagen würde, könnte sie sie jetzt sehen. Gebrochen und geduscht und dennoch mit einer sehr wahrscheinlichen Alkohol-Fahne im Badezimmer stehen - und Angst habend.
Sie schloss die Augen und spritzte scih kaltes Wasser ins Gesicht. "Komm schon...", flüsterte sie sich selbst zu. Dies hier war der Tag an dem sich alles ändern sollte. Dies hier war der tag, an dem sie scih und Rachel retten wollte. Sie hatte so lange darüber nachgedacht, was sie tun könnte - und etwas besseres war ihr nicht eingefallen. Rachel war alles, was sie noch in ihrem Leben ahtte. Alles, für das es sich zu leben lohnte, ihr ganzer Lebenssinn war diese wundervolle Frau die gerade noch nebenan im Schlafzimmer im Bett lag. Tessa wollte ihr zeigen wie viel sie ihr bedeutete. Sie wollte ihr zeigen wie wichtig sie ihr war. Sie wollte... weitermachen.
Ein schwaches leichtes Lächeln legte sich kurz auf Tessas Lippen. "Tut mir leid, Ricky", flüsterte sie und machte den Wasserhahn zu. Sie trocknete sich ab, zog sich die Sachen an welche sie sich bereits mit ins Badezimmer genommen hatte - ein weites dunkelgrünes und ärmelloses Oberteil und eine enganligende hellblaue Jeans die einmal Rachel gehört hatte (sämtiche von Tessas eigenen Sachen waren gemeinsam mit der Bar verbrannt). Sie ging in die Küche um zwei Eier in die Pfanne zu hauen, trank nebenbei in wenigen Schlucken ein Bier leer, was sie hier stehen hatten und hockte sich zu ihrer bereits fertig gepackten Tasche - nur um sicher zu gehen, dass der Ring in der Schatulle in der Seitentasche noch da war. Noch da - und gut versteckt. Tessas Herz raste bei der Vorstellung was sie vorhatte. Sie hoffte es würde klappen. Auch wenn die Angst ihre Adoptiveltern nach all diesen Jahren wiederzusehen greifbar war.
In diesem Moment hörte sie Rachels Ruf. Rasch - mit zitternden Händen (ein Symptom was sie meistens morges nach dem Aufstehen hatte) - stopfte sie die Schatulle wieder zurück und stand auf. "Ja? Ich bin da Schatz.", rief sie in ihrer tiefen, leicht rauchigen Stimme und sah wie Rachel aus der Tür trat. Müde, zerzaust. Unglücklich. Kurzerhand trat Tessa auf sie zu, um ihr einen sanften guten Morgen Kuss zu geben. "Wir schaffen den Tag zusammen, okay?", flüsterte sie leise. Und vielleicht würde danach auch alles besser werden. Weitergehen. Den nächsten Schritt. Vielleicht war es einfach das, was sie brauchten. Irgendwie.
"Ich mach uns grade ein Rührei", fügte sie hinzu und trat zurück an die Pfanne, um die bereits fest gewordnen Eier etwas vom Pfannenboden zu lösen und so ein Verbrennen zu verhindern. Es würde werden. Ja, es würde schon werden. Es musste werden...

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 09.05.2022 17:30

Natürlich hängst du noch an ihr. Aber sie hängt auch noch an dir.
Tessa schloss die Augen. Diese wenigen Worte hatten ausgereicht, um die Tränen hinter ihren Augenlidern kommen zu lassen. Sie unerwünscht in ihre Augen zu drücken. Mühsam, doch vergeblich versuchte die Barfrau sie noch zurückzuhalten. Als die erste Träne fallen wollte, wischte sie sie sofort weg und atmete tief und zitternd durch, was nur weitere heftige Messerstiche in ihrem Herzen verursachte. Aber sie hängt auch noch an dir. Die Art und Weise wie das Mädchen es gesagt hatte war es, was Tessa derart aus der Fassung brachte. Die Tatsache, dass sie von Ricky in der Gegenwart gesprochen hatte. Dass sie noch lebte. Die Tatsache dass sie etwas über Ricky wusste. Sie anscheinend kannte. Und dass... dass Ricky sie auch vermisste...
Shit, sie vermisste sie so sehr. So sehr, dass sie es nicht einmal in Worte fassen konnte. Jede einzelne Faser in Tessas Körper schrie einfach nur nach ihrer Tochter. ICH WILL RICKY ZURÜCK.
Zitternd atmete Tessa erneut ein, ohne wahrgenommen zu haben, dass sie vorher die Luft angehalten hatte. Sie brauchte einen Drink. Nein - nicht nur einen. Mehrere.
Sie stand auf, holte sich was sie brauchte, fand einen Gin den sie ihre Kehle hinunterstürzen konnte. Ihr Leben lang war sie sehr stolz auf ihre Selbstbeherrschung gewesen, doch seit Rickys Tod spielte das alles keine Rolle mehr, war es ihr alles einfach egal geworden. Nichts war mehr wichtig. Nichts.
Nur langsam kehrte sie zu dem Mädchen zurück und brachte ihre Lippen endlich dazu die Fragen zu formen, die ihr auf der Seele brannten seit die Fremde ihre Bar betreten und den gesamten Tag so dermaßen unerwartet auf den Kopf gestelt hatte. Doch was dann für eine Antwort kam...
...damit hatte Tessa nicht gerechnet.
Sie konnte nichts erwidern. Sie stand einfach da, starrte das Mädchen an und versuchte zu verarbeiten, was diese gerade gesagt hatte. Ich bin der Tod. Aber wie konnte da sein? Wie konnte jemand der Tod sein? Andererseits wusste dieses Mädchen Dinge. Dinge über Ricky, die sie nicht wissen durfte. Oder? Die restlichen Worte des Mädchens - oder des Todes, wenn sie denn die Wahrheit sprach (was Tessa schwer genug fiel zu glauben) - nahm sie kaum war. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, erstickte jegliche anderen Geräsuche. Ihre Hand die nicht die Gin-Flasche umklammerte hatte sich zur Faust geballt, sie zitterte. Der Druck hinter ihren Augen von aufgestauten Tränen war dem Zorn gewichen. Dem reinen brennenden Zorn der Verzweiflung. Der Ungerechtigkeit.
"Wenn du der Tod bist...", flüsterte Tessa, zwang sich mühsam ihre Stimme ruhig zu halten, konnte das Zittern jedoch nicht verbergen. "...warum sie? Warum meine Ricky?? Verdammt, sie war 13!!! Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich!! Sie war so begeisterungsfähig, hat die Welt und das Leben geliebt, sie war so... so... so fucking verflucht einzigartig!!! ALSO WARUM MUSSTE SIE GEHEN UND NICHT IRGENDEIN ANDERER??!" Sie brüllte jetzt, brüllte dieses zierliche Mädchen vor sich an und warf die noch fast volle Ginflasche derart heftig gegen die Wand, dass sie in tausende von Scherben zerfiel und einen dunklen Fleck hinterließ, der in Rinnsalen sich sofort nach unten hin ausweitete und als Pfütze auf dem verdreckten zugemüllten Boden sich ansammelte.
Tessas Beine gaben nach, sie sackte auf dem Sessel zusammen, verbarg ihr Gesicht in ihren zitternden Händen und versuchte die Trauer, die Wut, die pure Verzweiflung in sich irgendwie wieder unter Kontrolle zu kriegen.
Es war nicht fair. Es war verdammt nochmal einfach nicht fair...
Noch nie hatte sie die Fassung so sehr vor einem anderen Menschen verloren..

Antworten Zuletzt bearbeitet am 18.08.2022 17:17.

Tessa

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 27.03.2022 11:06

Tessas gesamte Muskulatur war angespannt. Es kam ihr noch immer surreal vor, was gerade geschehen war, was sie gerade getan hatte. Noch nie hatte sie die Bar spontan zugesperrt -zumindest noch nie ohne triftigen Grund. Und dieses Mal hatte sie es getan, nur weil ein junges Mädchen sie darum gebeten hatte? Nein nicht nur deswegen. sagte eine leise Stimme in Tessa und sie wusste sofort, dass die Stimme recht hatte. Es gab mehrere Gründe. Im Grunde genommen arbeitete sie doch nur noch, weil es eben ihre Arbeit war. Weil sie sonst nichts meht tun konnte. Sie konnte nichts mehr tun außer zu arbeiten, doch sie empfand keinerlei Freude mehr daran und wenn sich ihr eine Ausrede bot die Arbeit hinzulegen - und ihr das zusätzlich noch frühes Trinken, einen Absinth am frühen morgen bescherte, dann ja, war sie darauf eingegangen. Vor allem der Alkohol war für sie zu einem verführerischen und nicht zu widerstehendem Lockmittel geworden. Sie konnte nicht anders. Jeden Abend war es ein Glücksfall ob sie es noch schaffte die Tür zuzusperren oder nicht. Meistens konnte sie sich noch nicht einmal daran erinnern. Aber es gab noch einen Grund, weswegen sie der Aufforderung des Mädchens gefolgt war und sogar die Bar geschlossen hatte.
Ricky. Und im gleichen Augneblick wo Tessa dies dachte und ihr Herz einen schmerzhaft stechenden Satz machte, hatte auch das Mädchen wieder diesen Namen in den Mund genommen. Tessas Atem wurde sofort schwer, er schien in ihrem Schädel wiederzuhallen, jeder Atemzug wie ein Wirbelsturm. Ihre Kehle war staubtrocken. Der Zucker ankaramelisiert. Mit leicht zitternden Fingern ließ Tessa den Löffel in das grüne Getränk gleiten, rührte um und leerte das ganze Glas mit drei großen Schlucken.
Der Alkohol rann rasend und stark ihre Kehle hinunter. Da sie zum Frühstück nur eine Scheibe Brot gehabt hatte (wie immer) raste der Absinth auch direkt in ihren Kopf. Ein angenehmes Gefühl und ein Gefühl, welches sie gerade unbedingt gebraucht hatte. Sie musste sich gleich direkt noch einen machen. Jetzt jedoch richtete sich ihr Blick erstmal auf das Mädchen. Tessa war klar, was für einen Eindruck sie auf sie machen musste. Allein die Wohnung die wie ein einziger Saustall aussah schrie es ja schon heraus. Aber es spielte doch ohnehin keine Rolle mehr. Alles spielte keine Rolle mehr.
Aber was dann kam... damit hatte sie nicht gerechnet. Ihre Hand verkrampfte sich um das leere Glas. Ihr Puls raste, jeder Herzschlag schien in ihren Ohren zu dröhnen, während sie dieses Mädchen das abgesehen von dem Aussehen überhaupt nichts mehr von einem Mädchen an sich hatte, anblickte. Es gab so vieles was sie sagen wollte. So vieles was sie aussprechen wollte, so vieles was sie nicht verstand, was sie fragen wollte. Doch nichts von alldem verließ ihre Lippen.
"Sie war meine Tochter.", sagte sie rau und erneut war es, als würde irgendjemand ein Messer in ihr blutzerfetztes Herz schlagen. "Und sie war die beste Tochter, die man sich wünschen konnte. Wie sollte ich nicht an ihr hängen?" Ihre Mundwinkel zitterten. Sie spürte, dass der inneren Schmerz ihre aufgebaute Mauer drohte zu durchbrechen. Das konnte sie nicht zulassen. Ruckartig stand sie auf, ging durch das Zimmer und riss eine der Schranktüren auf. Nichts. Nur leere Flaschen. Sie riss die nächste auf, sah eine volle Flasche Gin und nahm sie sogleich an sich. Der Verschluss war schnell aufgedreht, schnell waren mehrere große Schlucke genommen. Sie musste sich gleich noch Wasser irgendwo reinfüllen. Dann konnte sie den Absinth auch weitertrinken. Immer noch vor dem Schrank stehend in diesem einzigen stickigen Chaos sah sie dann wieder zu dem Mädchen. Die Flasche in der Hand.
Nur langsam näherte sie sich ihr wieder, setzte sich aber nicht sondern blieb stehen. "Wer bist du?", fragte sie, ihre Stimme wieder ruhiger. Der Geschmack des Gins brannte in ihrem gesamten Mundraum. "Warum bist du hier? Was soll das heißen 'du hast sie in Empfang genommen'? Was weißt du über... Ricky?" Der Name kam ihr nur schwer über die Lippen. Wieder war da das Messer. Nur dieses Mal wurde es zusätzlich auch noch in ihrem zerstörten Brustkasten gedreht. Ihre Hand auf der Sofalehne liegend verkrampfte sich leicht, sie nahm einen weiteren schnellen Schluck, doch dann verweilte ihr Blick auf dem Mädchen - wartend auf Antworten.

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Tessa

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Re: Tessa & Zara | Sometimes all you need is faith...

von Tessa am 25.03.2022 14:46

Tessa stand hinter der Bar, einen Lappen in der Hand und wischte die Theke. Im hintergrund spielte leise die Musik vom Radio. Fröhlich. Die Barfrau genoss die unbesorgte Atmosphäre. Sonnenstrahlen tanzten durch die Fenster und ließen kleinste Staubpartikel in der Luft erscheinen, wie sie hin und her flogen in ihrer ansonsten unsichtbaren Welt. Hinter der Tür die in ihren Wohnraum führte konnte sie poltern hören und einen Augenblick später tauchte Ricky auf. Sie zog einen gepackten Koffer hinter sich her, strahlte ihre Mutter an und fiel ihr auch schon um den Hals. Der blumige Duft stieg Tessa in die Nase und lächelnd erwiderte sie die Umarmung ihrer Tochter. "Ich werde dich vermissen, Große.", sagte sie mit ihrer tiefen rauen Stimme und strich dem Teenager-Mädchen eine blonde gelockte Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich dich nicht. Ich werde die Freiheit genießen!", zog diese ihre Mutter auf, sprang schon wieder zurück und hatte ihren Koffer bereits in der Hand, um nun entlang der Bar auf die Eingangstür zuzugehen, wobeis ie nochmal innehielt um zu ihrer Mutter zu sehen.
"Pass auf dich auf. Und hab Spaß!", meinte Tessa, den Blick noch immer auf ihre wundervollste Tochter gerichtet.
"Es ist nur eine Klassenfahrt Mom! Was soll schon passieren?", grinste Ricky und griff nach der Türklinke. Und für einen Augenblick durchzuckte Tessa das Wissen. Sie wusste was passieren wurde, sie wusste es. "NEIIIN!", brüllte sie, stürzte mit einem ausgestreckten Arm nach vorne, nach vorne um ihre Tochter aufzuhalten, um Ricky davon abzuhalten diese Tür zu öffnen. Doch dann hröte sie schon das laute Klingerln des Zuges, die quietschenden Reifen die noch verzweifelt versuchten auf den Schienen zu bremsen um nicht in die Bar, nicht in ihre Tochter reinzurasen und...

Tessa hustete. Es war ein rauer, schwerer Husten, tief aus der Lunge kommend. Sie drehte sich auf den Boden den sie nicht sehen konnte und hustete. Hustete erneut. Schnappte nach Luft, nach Sauerstoff, einfach nach irgendetwas. Doch alles war schwer, es roch fürchterlich stechend, ein Geruch den sie kannte es roch nach... nach...
Feuer.
Tessa öffnete die Augen, hustete erneut. Ihr war schwindelig, so verflucht schwindelig. Aber dennoch sah sie aus schreckgeweiteten Augen was da vor ihr war. Das Dunkel des Abends wurde erhellt von hellroten und orangen, zum Teil sogar blauen Flammen. Sie leckten aus den Fenstern, die unter ohrenbetäubenden Splittern zerbarsten. Tessa nahm die Frau neben sich, deren schmale Hand mitfühlend und besorgt auf ihrer Schulter lag gar nicht war. "Nein...", flüsterte sie. Angst durchflutete sie nun in Wellen. Panik. "Ricky... RICKY!!!" Sie versuchte sich aufzurichten, doch die Beine gaben unter ihr nach. Wieder hustete sie. Versuchte aufzustehen, auf die Lammen zu, doch einige Alkoholflaschen explodierten, eine Stichflamme schoss aus der Tür raus und erneut ging Tessa zu Boden. Mit schreckgeweiteten Augen, derweil die Hitze über ihr Gesicht leckte, starrte sie den Rest ihres Lebens an, der gerade einfach nur in Flammen aufging. Ihre Hände begannen zu zittern während sich allmächlich eine absolute und vollkommene Lähmung in ihr ausbreitete. Sie konnte nur noch an Rickys Zimmer denken. An ihr Bett, ihre Zeichnungen an den Wänden, ihr Regal, all ihre sachen die ale noch unverändert in dem Zimmer gestanden hatten seit sie weg war. Und das Buch welches sie geschenkt bekommen hatte. die ganzen Bilder von Ricky. Ihr Herz versetzte ihr einen Stich. Es war alles weg. Alles.
Sie hatte nichts mehr von ihrer Tochter.
Dumpf frage sie sich, was geschehen war. Aus der Ferne konnte sie Sirenen hören die sich näherte. Hatte sie Gäste gehabt? Waren sie alle noch da drinnen? Verbrannt? Tot? Hatte das Feuer mehra ls nur ihre Erinnerungen und ihr Zuhause verzehrt. Tessas Hände zitterten. Ihr war schwindlig. Leicht kippte sie gegen die Person neben ihr, die sie noch immer kaum beachtet hatte. Gar nicht realisierte, dass sie da war. Denn es spielte keine Rolle mehr. Es war alles egal. Es war alles...
...vorbei.

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Tessa

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 02.02.2022 11:24

Noch immer betrachtete Tessa das andere Mädchen mit Sorge. Was mochte mit ihr passiert sein, was sie so dermaßen aus der Bahn geworfen hatte, was sie so starr daistzen ließ. Hatte es etwas mit Ricky zu tun, dass sie hier war? Ging es ihr nicht gut? Oder hatte sie irgendeinen Anfall? Gerade als Tessa das Mädchen loslassen wollte, um ihr rasch ein Glas Wasser zu füllen für den Fall, dass sie etwas würde trinken wollen, sprach sie erneut. Es hatte nichts mit der Stimme des Mädchens von vorher gemein. Sie klang anders. Rauer. Kratziger. Tessa. "Ja, ich bin es.", bestätigte Tessa und nahm rasch die Hand wieder vom Arm des Mädchens. Offenbar konnte sie sie wieder wahrnehmen. Das war schonmal ein Fortschritt. "Ist alles in Ordnung?", fragte sie erneut. "Möchtest du etwas trinken?" Sorge erfüllte sie, denn das gerade - das war definitiv kein gutes Zeichen gewesen. Gerne wollte sie ihr irgendwie helfen wenn sie konnte - und genauso recht war es ihr, wenn sie das Thema nur irgendwie weglenken konnte von ihrem eigenen Schmerz. Egal wie. Sich dabei um andere zu kümmern war immer eine gute Methode - und einer der Gründe, weswegen Tessa trotz all des Aufwands und der Überlastung nach wie vor diese Bar ganz alleine führte.
Dann jedoch, als das Mädchen - nein die Frau - sich aufrichtete, war wieder etwas anders.  Tessa ließ den Arm endgültig sinken. Sie saß da, wie die Königin des Landes. Nein der Welt. Mit einer Präsenz, welche einfach alles auszufüllen schien, bis in den letzten Winkel. Und sie war nicht die einzige, der es auffiel. Sie hörte nahezu, wie nach und nach die morgendlichen Gespräche in der Bar verstummten.
mein Kind? ... dich mal persönlich zu sehen...? Tessa runzelte die Stirn, öffnete leicht die Lippen und wusste nciht das geringste zu erwidern. Es war zwar wahr, dass Tessa ihre leibliche Mutter niemals herausgefunden oder kennengelernt hatte, doch das Mädchen vor ihr würde es ganz gewiss nicht sein - immerhin war sie ja jünger als Tessa! Hinzu kam dieser seltsame Ausdruck... woher sollten sie isch kennen, wenn nicht persönlich? Obwohl... hatte sie vielleicht mal mit einer Klassenkameradin von Ricky telefoniert, alas diese nicht daheim war? Mochte es dieses Mädchen gewesen sein? Tessa erinnerte sich nicht.
"Ich weiß nicht wovon sie sprechen.", begann Tessa, doch die Autorität und Bestimmtheit, welche Tessa normalerweise an den Tag legte, mit welcher normalerweise sie diejenige war, welche den Raum mit vollkommener Natürlichkeit ausfüllte, fiel neben dieser allumfassenden Präsenz in sich zusammen. Tessa wollte ihr sagen, dass sie nichte infach die Bar zumachen konnte, dass sie sich verdammt nochmal einen anderen Tag aussuchen oder früher, morgens kommen sollte, wenn sie in Ruhe mit ihr sprechen sollte. Doch die Worte 'Ich habe hier eine Bar zu führen!' fielen auf halbem Weg zu ihrem Mund in sich zusammen, ausgelöscht durch den alleinigen Blick dieses Mädchens. Er schien sie auf ganz unangenehme Weise zu röntgen. Und wenn Tessa schloss, könnte sie auch schon trinken, nicht wahr?
Sie spürte, wie sie ohne es sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen nickte. Ihr Kopf ruckte in Richtung der Tür hinter dem Thresen - der Tür in ihr eigenes Reich, ihre Wohnung. Die dunkel, zugemüllt und voller leerer Flaschen an allen Ecken und Enden war. Aber Tessa hatte das eigentümliche Gefühl, dass es dieses Mädchen nicht stören würde und dass sie sogar schon wusste, was sie erwartete. Sie führte das Mädchen - dessen Name ihr schon wieder entfallen war (hatte sie ihn überhaupt gesagt), ins Wohnzimmer. Eine Flasche gegen die sie aus Versehen stieß rollte leise klirrend davon. Die Luft war abgestanden, verbraucht und roch nach Alkohol. "Setz dich und warte. Ich komme, wenn ich bereit bin.", sagte Tessa mit ihrer dunklen, wie imme rleicht verruchten Stimme und war froh, das zumindest ein Teil ihres Selbst und ihrer selbstverständlichen Präsenz zurückgekehrt zu sein schien.
Sie verließ das Mädchen und kehrte in die Bar zurück, wo ihre ersten Schritte zur Tür führen und das 'Geschlossen'-Schild nach außen hängte. Dann wandte sie sich ihren Gästen zu. Aller Augen waren auf sie gerichtet. "Sie können alle in Ruhe ihr Frühstück beenden und austrinken.", rief Tessa. "Allerdings muss ich Sie dann leider bitten zu gehen, da mir ein wichtiger Zwischenfall entgegengekommen ist." Wobei sie noch nicht einmal wusste, um was für einen Zwischenfall es sich handeln musste - zudem hatte sie noch nie die Bar geschlossen, nur weil irgendjemand mit ihr reden wollte. Noch dazu jemanden, an den sie sich nichte rinnern konnte sie zu kennen? Aber jetzt war es zu spät. Jetzt zog sie es durch. Und immerhin würde gleich der Absinth auf sie warten...
"Spätestens morgen haben wir dann wieder ganz regulär geöffnet. Ich danke für Ihr Verständnis." Und damit ging sie herum, nahm die allerletzten Bestellungen auf, räumte leere Gläser ab und kassierte die Kunden, ehe sie sie hinaus begleitete. einen nach dem andern. Als das nach einer halben Stunde schließlich keiner mehr da war - und sie potentiellen neuen Kunden bedauerlich wieder hinaus gewiesen ahtte, schloss sie ab, spülte rasch noch das letzte und holte sich ihren Absinth unten aus dem Schrank. Noralerweise trank sie den nur abends in der Bar - und nicht in ihrer Wohnung. Allerdings hauptsächlich, weil sie, wenn sie in ihre Wohnung gelangte - schon weit zu betrunken war, als um sich noch einen Absinth mischen zu können. Sie füllte sich ein Glas mit ein paar Finger breit voll Wasser, schnappte sich die Dose mit den Zuckerwürfeln und betrat ihre Wohnung, wo immer noch das Mädchen saß. Ohne ein Wort setzte sich Tessa, stellte die Sachen ab und füllte das Wasserglas mit bedeutend mehr Absinth auf. "Also... was kann ich für dich tun?", fragte Tessa, ihre normale Fassung wiedergewonnen, warf dem Mädchen einen Blick zu und legte derweil einen Zuckerwürfel auf den Löffel. Dann ließ sie ihr Feuerzeug knipsen und hielt die Flamme direkt unter die Seite des Löffels, um so den Zucker leicht karamellisieren zu lassen. Ihr Blick richtete sich von der Flamme erneut auf das Mädchen. Wartete darauf, was jetzt wohl kommen möge...

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Tessa

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 15.12.2021 16:57

Gespannt wartete Tessa, den Blick noch immer in die Augen der Fremden gerichtet, die langsam anfangen wollte zu sprechen. In Tessas Gedanken ratterte es derweil immer noch. War es wirklich aus Rickys Schule? Einer ihrer Freunde? Oder irgendwo anders her? Einer AG oder irgendeiner Veranstaltung? Aus dem Waisenhaus früher? Nein, in welche Richtung dachte sie denn jetzt, das machte ja gar keinen Sinn. Dafür war das Mädchen altersmäßig viel zu weit entfernt von Tessas Alter. Aber woher dann?? Woher könnten sie sich kennen, was Tessa vergessen hatte...?
Und dann kam ein Wort nur. Ein einziges Wort nur was nahezu einen Pfeil geradewegs durch ihren Brustkorb in ihr Herz sirren ließ. Ricky. Ihr flacher Atem wurde schneller, ihre Hände klammerten sich einerseits an die Theke, andererseits an die Orangensaft-Flasche, aus der sie eben noch einem Kunden etwas eingeschenkt hatte. Sie hatte Ricky gesagt. Tessa hatte sich nicht verhört. Das wusste Tessa. Niemals würde sie sich bei dem Namen von ihrem kleinen Mädchen verhören. Also kannten sie sich doch über Ricky. Tessa schluckte, ihr Herz stach bei jedem einzelnen Schlag. Als würde jemand Nägel überall verteilt immer und immer wieder reinhämmern. Schlag, Schlag, Schlag. Atmen fiel so schwer, so.. unendlich schwer...
Dennoch bemühte die Barbesitzerin nach Kräften, sich nichts anmerken zu lassen. So zu tun als wäre alles wie immer, alles normal. "Du... du kanntest also Ricky?", fragte Tessa schließlich mit rauer Stimme und hoffte, dass sie nicht so belegt klang, wie sie sich anfühlte. Doch das Mädchen schien sie ohnehin gar nicht wahrzunehemn. Ihr Blick war ganz glasig, irgendwo ins Nirgendwo gerichtet. Jetzt überkam Sorge Tessa. Entschlossen schob sie ihren eigenen inneren Schmerz wie so oft gekonnt beiseite und beugte sich zu dem Mädchen, musterte sie aus ehrlich besorgten Augen. "Hallo? Kannst du mich hören? Hey, ist alles in Ordnung?" Sanft und fragend berührte sie das Mädchen am Oberarm, in der Hoffnung, sie wieder ins Hier und Jetzt zu holen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.02.2022 10:55.

Tessa

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Re: Tessa &' Tod: Ein einziger Tag...

von Tessa am 27.11.2021 14:06

Tessa wachte auf mit einem dumpfen hämmernden Schmerz in den Tiefen ihres Schädels und einem roten Flimmern hinter ihren geschlossenen Augenlidern. Sie schluckte und spürte dabei, wie rau ihre Kehle war. Ein leises Stöhnen entkam ihrem Mund. Erst zuckte ihre Hand nur, dann spürte sie wie ihre Finger den Boden streiften. Vorsichtig öffnete sie ein Auge und der dumpfe Schmerz in ihrem Schädel explodierte in jenem Moment, da das Licht in ihre Pupillen eindrang.
"Shit...", murmelte sie und richtete sich langsam auf dem Sofa auf, was das kleine Feuerwerk in ihren Hirnwindungen nicht gerade besser werden ließ. Im Gegenteil. Ihr war sogar ein wenig schwindlig. Ein einziger Blick zeigte ihr, dass sie wieder einmal mit einer Flasche in der Hand auf der Couch eingepennt war. Ein Teil des undefinierbaren Korns war über die Nacht in die Dielen gesickert und würde dort auch nie mehr so einfach rauskommn. Eine Pfütze war noch drin. Ohne wirklich intensiv über die Handlung nachzudenken beugte sich Tessa nach unten, nahm die Flasche und trank die letzten zwei drei Schlucke einfach aus. Brennend rann die Flüssigkeit ihre trockene Kehle hinunter und schien zugleich ihre Muskulatur ein wenig daran zu erinnern, dass sie etwas zu tun hatte. Langsam stand sie auf, die leere Flasche zunächst noch in der Hand, dann einfach achtlos fallen lassend, fand sie den Weg in die Küche. Schublade. Tablette. Wasser. Und dann Kaffeemaschine anschalten.
Jeden Morgen dasselbe. Während die Kaffeemaschine begann zu laufen, warf Tessa einen Blick auf die Uhr. Sie hatte etwas zu lang geschlafen. Mal wieder. Sie trat aus der Küche raus und als sie auf dem Weg in Schlafzimmer an Rickys geschlossener Zimmertür vorbeikam, war es, als würde ein unsichtbares Messer wieder und wieder in ihr Herz gerammt werden. Ihre Mundwinkel zuckten. Seit der Nachricht von Rickys Tod war sie dort nicht mehr drin gewesen. Sie... konnte einfach nicht.
Sie betrat das Schlafzimmer. Der einzige Raum in dieser verwahrlosten, zugemüllten Wohnung, der nahezu unbenutzt aussah. Das Bett war frisch und gemacht, seit kleinen Ewigkeiten hatte niemand dort drin geschlafen. Nirgendwo standen oder lagen Flaschen - egal ob leer oder voll. Es war ein normales Schlafzimmer.
Tessa ignorierte das Bett, tauschte stattdessen einfach nur ihre alte, nach Rauch und Alkohol stinkende Kleidung gegen ein dunkelgrünes ärmelloses Oberteil, und eine blaue zerrissene Jeans. Gürtel, noch etwas enger schnallen, dreckige Kleidung in den hoffnungslos überfüllten Wäschekorb (der eher einem Wäscheberg gleich) werfen und dann zurück in die Küche, wo der Kaffee inzwischen durch war. Whiskey in die Tasse, Kaffee drauf und trinken. Im Kühlschrank fand sie noch etwas Brot und eine Scheibe nicht verschimmelten Käses, was sie provisorisch aß und schnell verdrückt hatte. Sie band sich ihre Haare hoch, legte noch ein Tuch drum und Parfüm. Mhm. So würde sie arbeiten können. Wie jeden verdammten einzelnen beschissenen Tag.
Wieder ein Blick auf die Uhr. 8:02. Ein Kloß erschien in Tessas Hals als sie daran dachte, dass Ricky um diese Zeit bereits in der Schule angekommen wäre. Eine halbe Stunde zuvor wäre sie hier losgegangen. Mit dem Rucksack auf dem Rücken, diesem strahlenden breiten Lächeln im Gesicht und winkend, während der Wind von draußen sich in ihren blonden Locken verfing und...
Es klopfte an der Bartür. Tessa atmete tief durch, versteckte den Schmerz zurück irgendwo in sich und ging mit der Kaffeetasse in der Hand ihrem allmorgendlichen Besuch vom Bäcker aufmachen, der die übliche Fuhre an Brötchen für das Buffet brachte, welches um 10 Uhr hier beginnen würde. Es würden noch allerlei andere Sachen gebracht werden. Und sie musste die Bar noch vom vergangenen Abend säubern, alle Tische abwischen, und das Buffet selbstverständlich aufbauen. Ganz zu schweigen davon die Lieferungen anzunehmen, ggf. warm zu halten und einfach alles fertig zu machen.
Kaum einer konnte verstehen warum oder wie Tessa diese Bar ganz alleine und auf eigene Faust führen konnte. Doch zum einen war es einfach etwas, was sie gut konnte und zum anderen war der Gedanke, sich Hilfe zu holen... zu schmerzhaft. So oft hatte Ricky nach der Schule noch hier ausgeholfen. Den Leuten ihre Getränke gebracht oder unter den Augen von ihrer Mutter Cocktails gemacht... Ricky hatte jeden Raum erhellt, sie... sie...
Tessa konnte ihren Platz einfach an niemanden anderen übergeben.
Sie konnte einfach nicht.
Also kümmerte sie sich um alles, fegte und wischte durch, befreite die Tische mit dem Lappen von möglicherweise klebrigen alkoholisierten Stellen, ging nochmal ihren Getränkebestand durch, schob Tische zusammen, deckte, stellte Teller und Besteck raus und nahm die gelieferten Waren entgegen und packte diese aus, sodass sie um Punkt 10 Uhr die Tür öffnete. Schon kamen die üblichen Verdächtigen - die Stammkunden - zum allmorgendlich späten Frühstück herein. Tessa begrüßte sie mit einem Lächeln. Ihr Blick flog zur Uhr, während sie den Kaffee machte (sich selbst auch noch einen). 10:02. Noch sieben Stunden und 58 Minuten. Dann könnte sie ihren ersten Absinth trinken. Vorher erlaubte sie sich solch starken Sachen nicht. Sie durfte nicht zu früh am Tag schon betrunken sein. Dann würde sie nichts mehr auf die Reihe bekommen...
Während sie ihre frühen Gäste bediente, diese aßen und sich unterhielten, betrat eine neue Gestalt den Laden. Tessa bemerkte sie sofort. Sie mochte ein furchtbares Namensgedächtnis haben, aber Gesichter (und Cocktails dazu) konnte sie sich dafür umso besser merken. Sie glaubte nicht, die junge Frau hier schonmal gesehen zu haben. Sie nahm die beiden leeren Tassen des älteren Pärchens vor ihr, kehrte zur Bar zurück, wo sie diese sogleich in die Spüle legte und wandte sich mit ihrem üblichen aufgesetztem distanziert freundlichen Arbeitslächeln der neuen Kundschaft zu, als diese bereits ihren Namen sagte.
Tessa hielt inne. Sie trug hier kein Namensschild. Woher... wie... Ricky? Aber nein, dafür war die andere zu alt... sie konnte nicht in Rickys Klasse gewesen sein. Vielleicht in ihrer Schule. "Entschuldigung", sagte Tessa freundlich, nach einer Pause der Verwirrung. "Kennen wir uns?" Fragend sah sie die junge Frau an, während ihr Kopf noch immer versuchte Möglichkeiten zu finden, woher sie sich kennen könnten. Shit, ein Absinth nur und sie würde sicher besser denken können. Ein schneller Blick zur Uhr. Immer noch sieben Sunden und 36 Minuten. Verdammt.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 28.11.2021 15:46.

Tessa

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Re: Rachels Wohnung

von Tessa am 21.11.2021 15:22

Tessa hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie lange sie eigentlich aus gewesen war. Das Einkaufen selbst hatte nicht allzu lage gedauert, aber ihre Tour durch verschiedene Bars um womöglich einen Job zu finden, da hatte schon etwas mehr Zeit in Anspruch genommen. Vermutete sie. Sie war sich nicht sicher. Es hatte mal eine Zeit gegeben, da war ihre innere Uhr nahezu unschlagbar gewesen. Doch das war nicht mehr der Fall. Nciht seit.... sie wusste es gar nicht genau. Aber oft verging die Zeit, ohne dass sie es merkte, weil sie einfach nur in ihrer dunklen einsamen Ricky-vermissenden Blase gefangen war. Ricky fehlte einfach. In jeder einzelnen Situation ihres LEbens. Immer. Und überall.
Aber hier - Zuhause, wie sich Tessa selbst in Erinnerung rief - erwartete sie zumindest Rachel. Rachel, die wegen ihr nun auch so furchtbar viel durchgemacht hatte. Diese Fast-Vergewaltigung von diesem Scheiß-Idioten. Harry. Der Sex in aller Öffentlichkeit, der auch noch aufgenommen und ins Internet gestellt worden war. Das Feuer. Sie konnte nicht sagen wie leid es ihr tat und gleichzeitig konnte sie Rachela uch nicht allein lassen. Sie liebte Rachel zu sehr dafür. Und sie wollte, dass sie es irgendwie schatten würden. Zusammen. Irgendwie.
Und der erste Schritt war getan, oder nicht? Es fehlten die ganzen Ummeldungen noch, aber es gab zumindest einen Ort, wo sie einen Probetermin zum Arbeiten bekommen hatte und das sogar in Kürze. Das war doch etwas!
Sie half Rachel dabei die gekaufen Sachen einzuräumen - wobei ihr einfiel, wie Rachel sich eher Zombiegleich bewegte und agierte. Sie verstand sie. Sie verstand sie so gut. Aber sie konnten es schaffen, oder nicht? Gemeinsam. Sie waren doch beide irgendwo Kämpferinnen.
"Ja. Es ist alles okay", lächelte Tessa Rachel leicht an, als diese sie ansprach. Wobei die ehemalige Barbesitzerin nicht anders konnte, als eine Hand zu heben und sie sich kurz auf die heiße Wange zu legen. War sie wirklich so rot? Nach den paar Drinks (die sie zugegeben doch recht deutlich spürte)? Mein Gott, früher hatte sie doch viel mehr getrunken!
Und auch Rachel schien es aufzufallen. Rachels Blick sah dermaßen ängstlich aus, dass Tessas schlechtes Gewissen - verdrängt durch das gute Gefühl, Alkohol zu drenken - sich zurückmeldete. Ihre etwas selbstbewusstere Haltung nach dem Ausflug fiel wieder in sich zusammen. Die gute Nachricht wegen des möglichen Jobs, auf den Rachel gar nicht reagiert hatte, das alles schien plötzlich keine Rolle mehr zu spielen. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, Rachel anzulügen. Aber wem wollte sie denn was vormachen? Außerdem... war Rachel ihre Freundin. Sie war das einzig wichtige in ihrem Leben, was noch gab. Sie wollte es nicht riskieren, sie wegen einer Lüge zu verlieren. "Ja, hab ich.", bestätigte sie leise, mit ihrer tiefen Stimme. "Aber nicht viel, das verspreche ich dir. Ich war in verschiedenen Bars um mich nach einer möglichen Stelle zu erkundigen und da... da hat es sich einfach angeboten." Dass sie bereits mit dem Vorhaben aus dem Haus gegangen war, etwas zu trinken, das verschwieg Tessa allerdings. Sie wollte die Reaktion darauf einfach nicht sehen..


~ Thread frei

Antworten Zuletzt bearbeitet am 20.03.2022 13:19.
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