Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child [ZWANGSCUT]
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Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child [ZWANGSCUT]
von Tessa am 21.12.2020 14:19Tessa Leia besucht wieder einmal den Grabstein ihrer Tochter auf dem Friedhof. Fast zur selben Zeit wird auf ebenjenem Friedhof das ungeborene verstorbene Kind von Jessamine Cooper begraben. So treffen diese beiden Frauen durch Zufall aufeinander und teilen miteinander ein Leid, welches einen so leicht in einen Abgrund reißen kann...
Jessamine.
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Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Jessamine. am 21.12.2020 15:04Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Tessa am 22.12.2020 17:11Langsam ging Tessa den Bürgersteig entlang in Richtung Friedhof. In der einen Hand die halbleere Vodka-Flasche, in der anderen einen Strauß von Rickys Lieblingsblumen. Es waren die ausgefallenen und gewöhnlichen. Wildblumen, die man irgendwo auf der wilen Wiese fand. Mohn, Lavendel, all sowas. Es war wirr, es war bunt, es entsprach perfekt Ricky...
...und es zerriss Tessa das Herz.
Es war nun schon fast sieben Monate her. Der Unfall. Fast sieben Monate war Ricky tot.
Fast sieben Monate erlebte Tessa die Hölle auf Erden.
Sie konnte einfach nicht mehr, fuck, sie konnte nicht mehr. Sie war betrunken. Wie immer mittlerweile. Allmählich blieben sogar die Leute aus ihrer Bar weg. Es eskalierte. Nur ihre Stammkunden kamen noch und selbst die nur um die Mittagszeit, weil dann Tessa noch am nüchternsten war und zumindest irgendetwas gebacken bekam. Es war einfach alles aus dem Ruder gelaufen, alles aus dem Lot gekommen. Tessa hatte schon lange den Halt an der Klippe verloren...
...und war gestürzt. Endlos tief. Hinein in die Schwärze.
Tessa hob die Flasche, nahm zwei weitere große Schlucke und betrat den Friedhof. Sie kannte den Weg im Schlaf. Anfangs war sie selten zu Rickys Grabstein gekommen. Hatte es einfach nicht verkraftet. War nur jeden Montag, jeden 22. zu dem Grab gegangen, absolut betrunken, hatte dort stundenlang gesessen und geweint. Doch mittlerweile - seit in ihrer Bar immer weniger los war, sie es einfach nicht mehr geschissen bekam - kam sie fast täglich hierher. Es gab ihr das Gefühl, als wäre sie fast bei ihr. Beinahe.
Sie müsste sich nur zu ihr legen. Und sie wären wieder vereint.
Vielleicht waren es düstere Gedanken. Doch es waren Gedanken, die ihr helfen. So sehr.
Sie fand den Grabstein und lächelte denn hellen Stein an. "Hey, Süße." Ihre Nase war verstopft, ihre Stimme erstickt. Sie weinte. Sie hatte es gar nicht gemerkt. "Schau mal, ich hab dir deine Lieblingsblumen mitgebracht." Sie beugte sich vor, stellte sie an die linke Ecke und ließ sich dann ungalant vor dem Stien nieder.
Das Beet war hübsch und gepflegt. Auf dem hellen Stein stand in dunklen ordentlichen Buchstaben:
RICKY LILIAN LEIA
*6.1.2007 † 22.5.2020
Es weht der Wind ein Blatt vom Baum, von vielen Blättern eines.
Das eine Blatt, man merkt es kaum, denn eines ist ja keines.
Doch dieses eine Blatt allein war Teil von unserem Leben.
Drum wird dies eine Blatt allein uns immer wieder fehlen.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort saß. Mal weine sie, fast schon hemmungslos, dann saß sie wieder lethargisch da, dann begann sie wieder zu weinen. Beständig trank sie an ihrem Vodka, wollte diese einnebelnde Wolke in ihrem Kopf unbedingt verdichten. So unbedingt. Wollte diesen Schmerz, diesen endlosen, niemals aufhörenden Schmerz in sich betäuben.
Es wurde dunkel - im Dezember wurde es immer so früh dunkel - und es wurde frisch, doch Tessa war nicht kalt. Obwohl sie nur ein dünnes flauschies graues Oberteil trug.
Der Alkohol wärmte sie. Zuverlässig wie eh und je. Ricky hatte die Kälte geliebt. Sicher würde sie ihr schon in den Ohren liegen, dass es doch endlisch schneien sollte, weil sie ein Iglu und einen Schneemann bauen, eine Schneballschlacht schlagen und natürlich Schlittschuhlaufen wollte.
Wieder überkam es sie. Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten, Speichelfäden hingen zwischen den Lippen, zum hundertsten Mal drückten sich die Tränen aus ihren Augen - ob die Tränenflüssigkeit sich nicht mal irgendwann verbrauchen konnte. "Ich vermiss dich so ... scheiße, ich vermiss dich so, meine Süße..." Sie atmete zittrig ein, starrte auf das kleine Foto von Ricky, das unten rechts gegen den Grabstein lehnte. Sie strahlte in die Kamera, im Hintergrund der Park, ihre blonden Locken flogen im Wind. Sie war immer so begeisterungsfähig gewesen... "Ich wünschte, ich könnte mit dir einen Schneemann bauen... uns gemeinsam mit Schneebällen bewerfen... ich..." Ihre Hand zitterte. Sie atmete mühsam. Stechend. Ihre linke Hand umklammerte die fast leere Flasche wie einen Rettungsring.
Gerade, als sie sie wieder ansetzen wollte, hörte sie plötzlich Schritte. Und als sie sich umwandte, sah sie eine ihr fremde Person. Junge Frau. Tränenspuren auf den Wangen, rot umrandete Augen. Auch sie hatte geweint.
"Danke", sagte Tessa erstickt, lächelte schwach und wischte sich damit über die Augen, ehe sie sich die Nase schnäubte. Sie stopfte das benutzte Taschentusch in die Tasche, widerstand mühsam den Drang, vor dem Blick der Frau einen weiteren Schluck aus der Flasche zu nehmen und starrte auf die Todeszahlen von Ricky.
Sie wünschte, sie wäre bei ihr.
Ich wünschte, ich wäre bei dir...
Jessamine.
Gelöschter Benutzer
Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Jessamine. am 22.12.2020 19:37Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Tessa am 23.12.2020 15:31//ist doch alles gut! Hab dir ja auch nicht viel zum reagieren gegeben. Außerdem kommts ja auch nicht auf die Länge an
Die Stimme der fremden Frau war heiser. Sie hatte viel geweint. Offensichtlich. Die Worte passierten Tessas Gehirnwindungen, ohne wirklich verarbeitet zu werden. Erst völlig verspätet kam das Es tut mir leid wirklich bei ihr an, doch als Tessa aufblickte, um irgendetwas darauf zu erwidern, war die Frau bereits weg. Shit ey. Ich geh echt vor die Hunde. Sie fühlte es.
Sie fragte sich, wie lange sie noch durchhalten würde.
Wie lange sie ihre Bar überhaupt noch besitzen würde. Sie war ihr so egal geworden, irgendwo...
Mit einem tiefen Seufzer trank Tessa den Vodka aus und erhob sich. Mit... einigen Schwierigkeiten dabei. Leicht auf der Stelle schwankend betrachtete sie das Bild von Ricky noch ein letztes Mal. "Ich komm morgen wieder, meine Süße", flüsterte sie, beuge sich hinunter, um dem Grabstein einen Kuss zu geben (der Schwindel riss sie dabei fast um), richtete sich auf und machte sich auf den Weg in Richtung des Ausgangs des Friedhofs. Ihre Schritte waren zwar unsicher, aber es war alles noch im grünen Bereich. Für ihre Verhältnisse war Tessa im Augenblick gut angetrunken. Richtig ins Off würde sie sich in ihren vier Wänden katapultieren. Um diesen Schmerz in sich, diesen Verlust, dieses endlose schwarze Loch einfach nur zu beräuben, all die Erinnerungen an Ricky verschwimmen und verschwinden zu lassen.
Eine blonde Person blieb auf dem einen Weg stehen, sah sich um und ging in die andere Richtung. Kurz darauf wiederholte sich das. Als Tessa näher erkam erkannte sie in der Fremden die verweinte Frau, welche ihr so hilfsbereit ein Taschentuch gereicht hatte.
Tessas Tränen waren wieder getrocknet. Was das anging hatte sie sich wieder im Griff. "Suchen Sie etwas bestimmtes?", fragte sie die Frau, als sie in Hörweite war, mit ihrer tieferen etwas rauchigen Stimme. Der Friedhof war mittlerweile fast so etwas wie ihr zweites Zuhause. Womöglich könnte sie ihr helfen.
Jessamine.
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Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Jessamine. am 23.12.2020 21:20Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Tessa am 24.12.2020 10:21Die Frau sah wirklich fertig aus. Tiefe Schatten unter den Augen, verweinte dicke, glasige Augen, zittrige Lippen, ein rotfleckiges Gesicht mit Tänenspuren auf den Wangen. Und Schmerz. Alles an ihr schrie den selischen Schmerz heraus. Eine Befürchtung kribbelte in Tessa. Die Befürchtung, dass diese Frau den gleichen Schmerz erlitten hatte wie sie selbst.
Sie schluckte. Hielt ihre gerade widergewonnene Fassade aufrecht. Das fiel ihr mittlerweile zwar immer schwerer, doch in diesem Moment gings.
Ein schwaches Lächeln zuckte über Tessas Gesicht. "Eine Bar?", wiederholte sie und warf einen kurzen Blick auf die leere Vodka-Flasche in ihrer Hand. Nicht allein zu sein beim besaufen klang nach einem guten Plan. Auf die Frage nickte sie. "Ja, ich kenne mich hier aus. Ich besitze eine Bar. Nicht allzu weit entfernt. Wenn Sie wollen, können wir zusammen gehen. Ich möchte ohnehin dorthin." Immerhin lebte sie dort. Auch, wenn jede einzelne Ecke, jeder Tisch, jedes unsichtbare Luftmolekül sie an Ricky erinnerte. Immerzu. Sie sah sie durch die Räume toben, sah sie beim Zapfen des Bieres, beim Mischen der Cocktails und beim Ausschenken. Sie sah wie sie lachend mit ihren Freunden hereinkam, sah sie draußen Winken, wenn sie sich auf den Weg zur Schule machte. Sie sah ihre blonden lockigen Haare im Wind wehen, wie sie in der Küche stand und Pfannkuchen rührte, wie sie zu ihr ins Schlafzimmer kam und sie gemeinsam kuschelten und schließlich einschliefen.
So viele Erinnerungen. Ständig. Immer. Nie aufhörend. Und es schmerzte. Es schmerze in jeder einzelnen Sekunde des Tages, bei jedem einzelnen Atemzug.
Anfangs, kurz nachdem es passiert war, hatte sie es noch ganz gut verdrängen können. Hatte sich eine Mauer gebaut, niemanden hinter diese schauen lassen. Sie hatte ihren Gästen mitgeteilt, was mitgeteilt werden musste und das wars. Sie hatte zu trinken begonnen, um den Schmerz zu verstecken. Anfangs heimlich. Später offener. Immer um 18 Uhr hatte sie dann nach den Absinth gegriffen. Doch das hatte ihr nicht mehr gereicht...
...Mittlerweile trank sie ständig. Den ganzen Tag über, während der Arbeit. Manchmal begann sie den Tag sogar schon betrunken. Alle ihre Gäste, die sie noch hatte, wussten Bescheid. Die ehemals voll besuchte und beliebte Bar war trostlos geworden, nur wenige Stammkunden hielten ihr noch die Treue. Tessa tat ihr bestes, zumindest sie noch zufrieden zu stellen, doch sie bekam kaum noch Geld rein. Konnte sich schon die Lieferungen nicht mehr leisten... es würde nicht mehr lange so weitergehen können... ihre Fassade war zerbröckelt und verfallen, nur Ruine noch übrig.
Alles würde zu Ende gehen. Sie hatte es im Gefühl.
"Kommen Sie", sagte sie zu der Frau, mit ihrer tieferen Stimme und begann in Richtung des Ausgangs des Friedhofes zu gehen. "Ich heiße Tessa", stellte sie sich selbst der blonden Frau vor.
Jessamine.
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Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Jessamine. am 24.12.2020 12:06Re: Jessamine. & Tessa ~ Biggest Pain Is The Lost Of The Child
von Tessa am 26.12.2020 14:48"Keine Sorge. Wir werden den Tag schon gemeinsam ausklingen lassen. Zur Not hab ich auch noch 'n Sofa frei." Auf dem vermutlich sie selbst pennen würde, also eigentlich hatte sie noch ein Bett frei. Sie schlief meistens auf dem Sofa. Nicht, weil sie ihr Bett nicht mochte... aber das Sofa war einfach näher zu ihrer Bar als das Bett. Für gewöhnlich erinnerte sie sich nicht daran wo sie warum einschlief. Aber meist wachte sie auf dem Sofa auf, gerne auch noch mit einer halbleere Flasche zu Füßen, deren Inhalt sich auf dem Fußboden verteilt hatte. Sie konnte nur vermuten, dass der Weg in ihr Schlafzimmer im sturzbetrunkenen Zustand einfach nur zu weit war.
Gemeinsam machten sie sich also auf den Weg zu ihrer Bar. Shit. Mal sehen, wie lange es noch ihre Bar wäre...
Tessa nickte leicht, als die blonde Frau sich nun ebenfalls vorstellte. "Freut mich, Jess." Auch wenn ihr klar war, dass die Art und Weise ihrer Begegnung nicht weniger Freude hätte ausstrahlen können. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, wäre es sicher was anderes gewesen, aber jetzt...
Ein schwaches, trauriges Lächeln zuckte über Tessas Gesicht. "Nein, keine Sorge. Bin zu Fuß." Einen Moment shwieg sie, doch der Alkohol pulsierte bereits fröhlich in ihren Blutgefäßen herum und lockerte ihre Zunge ein wenig. "Hab ich einmal gemacht. Besoffen Auto zu fahren. Nochmal mach ich es nicht."
Es war ein Wunder gewesen, dass sie niemanden verletzt hatte.
Eine kleine Weile gingen sie schweigend dahin. Tessa ihre Hände in den Taschen ihrer Jacke vergraben, hin und wieder ein wenig schlingernd, aber im Großen und Ganzen stabil gehend.
Jess' Stimme kam wie aus dem Nichts.
"Ja", bestätigte Tessa tonlos. Sie hatte es schon so oft erzählt. "Sie hieß Ricky. Sie war 13. Sie war auf Klassenfahrt in salem. Auf dem Rückweg ist ihr Zug entgleist wegen ein paar verfickter Jugendlicher, die meinten, Äste auf die Schienen legen zu müssen." Ein Kloß wollte sich in ihrem Hals aufbauen. Noch immer. Nach all diesen Monaten. Es tat so weh. Es schmerzte so sehr. Sie fehlte so sehr...
Zittrig atmete Tessa ein, bezwang die Tränen auf ein neues und blickte zur Seite um Jess anzusehen (was einen kurzen Ausfallschritt zur Folge hatte, um nicht ganz den Halt zu verlieren. Ihr war schon recht schwindelig). "Und bei dir?"
Jessamine.
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