Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now... [Zwangscut]

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Quentin
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Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now... [Zwangscut]

von Quentin am 15.04.2021 22:57

Ich starrte auf meine zitternden Hände in meinem Schoß, während ich vollkommen eingefroren auf der Couch saß. Atmete ich...ich konnte es nicht sagen, wollte mich aber auch nicht damit beschäftigen, konnte es gerade nicht in meinen Kopf bekommen – mir war nicht schwarz vor Augen, also musste ja zumindest das richtig laufen.
Auf dem Fernseher tanzten Bilder – hatte ich vor wenigen Augenblicken noch gehofft, sie hätten mich ablenken können, waren sie nun nur Schall und Rauch in der Ferne; hohl, leer, bedeutungslos. Bunte Farben, die sich bewegten und irgendwelche Konstrukte und Strukturen bildeten, deren Bedeutung sich mir nicht im Geringsten erschließen wollte.
Alles wirkte seltsam dumpf und weit entfernt, einmal davon abgesehen, wie durch Watte drang es zu mir und es dauerte unglaublich lang, bis etwas zu meinem Bewusstsein durchdringen konnte – ob draußen oder drinnen.
Ich runzelte die Stirn.
Der kleine Finger meiner rechten Hand zuckte leicht, es kribbelte, meine Augen waren trocken. Ich blinzelte. Wie lange hatte ich das nun schon nicht mehr getan? Doch woran ich auch zu denken versuchte, womit ich mich auch beschäftigen wollte, es war alles leer, alles weg, in die Ferne gerückt. Ich konnte keinen Gedanken fassen, meine Gefühle nicht begreifen, nicht umklammern, sie bei mir halten, um eine Ahnung davon zu bekommen, was in mir vorgehen mochte. Alles wirkte wie gestohlen, weggenommen, als wäre es woanders geblieben, wohin ich nicht mehr zurückkonnte. Ein Ort, der mich ängstigte und von dem ich genau wusste, dass er mir nur Unheil bringen würde, wenn ich auch nur in Gedanken wieder zu ihm gehen würde. Und doch war er im Moment das einzige, das –logisch erschien, klare Umrisse hatte, das einzige, das etwas darzustellen schien, das Sinn ergab und in mir existieren konnte...
Blut tropfte auf meine Handfläche und bildete eine kleine Pfütze; ich konnte beobachten, wie sie langsam eintrocknete, dunkler wurde. Etwas hatte mich an der Schläfe verletzt und auch meine Lippe war aufgeplatzt. Was war es nur gewesen...? Ich verzog das Gesicht. Ich hatte Schmerzen hinter der Stirn und mein ganzer Körper spannte sich an; die Kopfschmerzen, mein ständiger Begleiter. Doch nun waren sie keinesfalls ein Symptom – sie waren Gefühle oder mehr...Ausdruck davon.
Ich drehte den Kopf und mein Nacken schmerzte und gab schließlich mit einem leisen Knacken nach. Ich hatte überall Schmerzen...solche Schmerzen. Aber sie waren jetzt besser, angenehmer, einfach zu ertragen, als zuvor noch. Kein Schmerzmittel der Welt hatte mir dabei bisher helfen können, nur diese eine Sache, die...
Argh...
Ich biss die Zähne aufeinander und riss den Kopf in die andere Richtung. Alles schmerzte und mein Magen war verkrampft. Es zog sich durch mein ganzes Gesicht, meinen Nacken entlang bis weit ins Oberhaupt. Ich zischte auf. Blut drang in meinen Mund, rann mir von den aufgesprungenen Lippen an die Zähne und verteilte sich mit dem Speicher; Und ich schmeckte Metall – bitter und stumpf auf Zunge....so ein lähmender und gleichzeitig alarmierender Geschmack...
Ich hatte die Wärme ihrer Körpers unter meinen Fingern gespürt, hatte die Hitze fühlen können, die sie im Club getankt hatte und dann der Alkohol; sie hatte lange nicht mehr gewusst was Kälte war und wie man sich ihr stellte...
Ich drehte meinen Kopf in die andere Richtung. Nein, dieser Schmerz, dieses Ziehen, dieses Reißen.
Sie hatte gelacht und es hatte glockenklar geklungen, auch wenn sie sich schon einen Moment lang nicht mehr grazil wie ein Rehkitz bewegt hatte. „Wie heißt du?" – „Clara-Maria." – „Schöner Name..." Und sie war näher gekommen, hatte anmutig dagesessen und ihr Lächeln war ansteckend gewesen. Dabei hatte mein Kopf so geschmerzt.
Shhhh. Ein weiteres Zischen und eine Hand zuckte hoch, doch der Impuls war zu kurz, um sie ganz an meinen Kopf zu führen.
„Magst du nach draußen?" Ich hatte genickt und sie hatte mich an die Hand genommen. Ich mochte doch keine Frauen, aber sie war so niedlich und sie hatte eine Grazie. Wie ein junges Reh bewegte sie sich durch die Menschenmenge wie durch einen Wald. Und sie strahlte dabei wie ein Engel...ein betrunkener Engel, dessen Ärmel auf der linken Seite etwas herunterhing. Sie hatte die rostige Tür aufgestoßen und war auf den Hinterhof getreten – hatte mich einfach und leicht mit sich gezogen. Ich war selbst schon nicht mehr ganz Herr meiner Sinne gewesen und sie hatte das schamlos ausgenutzt. Wie konnte sie nur? Nein, ich hatte sie ja dazu angestiftet; hatte ihr die ganze Zeit schon schöne Augen gemacht – genauso wie sie mir auch.
Mein ganzer Körper spannte sich an. Wehrte er sich gegen die Erinnerungen? Wollte er sich gegen die Schmerzen stemmen und ihnen Einhalt gebieten?
Sie hatte mich auf eine Bank gesetzt und hatte etwas getanzt, zu der restlichen Musik, die man hier draußen noch hatte hören können, bevor sie sich dann selbst auf die Holzbalken hatte fallen lassen – ganz dicht. Die Hitze, die sie ausgestrahlt hatte, hatte mich getroffen und es hatte sich angefühlt, als hätte ich einen Blick in einen Ofen erhascht. Glühend und mit einem Lodern in den Augen hatte sie sich vorgebeugt. Oh, dieser...
...Schmerz.
Es war eine besonders schwere Attacke gewesen und ich war auf der Bank zusammengesunken – sie hatte sich etwas weggelehnt. Was war los, hatte sie wissen wollen. „Kann ich dir helfen...?" Sie hatte auf aufgelöst und verängstigt gewirkt. „Nein, alles gut..." Und die Attacke war schnell vergangen, ich hatte mich etwas entspannen können – und auch sie hatte die Chance wieder für sich erkannt. Und sie hatte sich wieder ins Zeug gelegt. Ich hatte noch ihre Lippen auf meinen gespürt – weich und zart, heiß glühend. Die Berührung hatte auch das Pochen hinter meiner Stirn beruhigt und das Prickeln der Wärme auf meiner Haut...es hatte so gut getan...hatte meine Nerven beruhigt – wie eine Welle der Entspannung. Doch ich hatte mich bereits angespannt. Ich hatte sie würgen hören, sie hatte gehustet und gezappelt und sich gewehrt. Und ich hatte Tränen in den Augen. Sie waren nass und heiß über meine erhitzten Wangen gerannt. Und sie hatte mich im Gesicht erwischt, mit ihren blau gepinselten Nägeln, während ich den Griff meines Armes um ihren Hals nicht gelockert hatte. Und sie hatte sich selbst verletzt – Blut aus dem Schnitt und Blut vom abgerissenen Nagel waren auf meine Haut gespritzt, wo es einfach versickert war, als wäre es nie dagewesen, ohne Spuren hatte mein Körper es aufgesogen und geschluckt – wie ein Elixier des Lebens...
Und irgendwann hatte sie ihren Widerstand aufgegeben; die Kraft hatte sie verlassen – ebenso die Energie und der Wille. Sie war dahin gesunken und ich hatte meinen Griff langsam gelöst. Mein eigenes Blut hatte sich mit meinen Tränen gemischt, während das Ziehen und der Schmerz nachgelassen hatten...endlich...und ich nicht mehr gezittert hatte, mir nicht mehr kalt gewesen war, ich mich endlich wieder wohl in meiner Haut gefühlt hatte – jedenfalls auf diese Weise...
Auf jede andere Weise wollte ich diese Haut nicht, diesen Körper, diese Gestalt, die doch ein Monster war. Die das Mädchen dort zurückgelassen hatte, nachdem es das junge Leben aus ihr herausgesaugt hatte...
Heiße Tränen trafen meine Hände und ich zitterte wieder am ganzen Körper – doch nicht aus Schwäche oder Kälte.
Was hatte ich nur...
Ein schriller Ton riss mich aus meinen Gedanken. Die Türklingel!
Auf einmal saß ich kerzengerade da. Doch ich rührte mich keinen Zentimeter von der Stelle. Spürte nur die brennenden Tränen und die kribbelnden Stellen in meinem Gesicht, die sich schlossen, ihre Blutung stillten, während die Tropfe auf meinem Körper trockneten...

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 18.04.2021 10:59

Sylvia ging selten feiern. Im Großen und Ganzen war sie einfach nicht der Typ dafür - sie wusste selbst gar nicht genau, woran es lag. Womöglich einfach, weil sie in iherer Jugend nicht in diese Welt der Partys und clubs hineingezogen wurde, weil sie in dieser Zeit einfach - wortwörtlich - mit anderen Dingen zu kämpfen gehabt hatte. In erster Linie mit sich selbst. Es waren keine schönen Erinnerungen, aber es waren geheilte Erinnerungen, wie die feinen aber zahlreichen Narben auf ihren Unterarmen bewiesen. Erinnerungen, die ein Teil von ihr waren unda uch immer bleiben würden.
Mit einem Lächeln auf ihren Lippen, die vom aufgetragenen Lipgloss glänzten, bestellte sie sich noch einen Martini. Sie war angetrunken, locker und ... einfach gut drauf. Nur weil sie in ihrer Jugend nie auf Partys gegangen war, hieß das nicht, dass sie so etwas überhaupt nicht mochte. Im Gegenteil. Nachdem sie ihre Ausbildung als Krankenschwester in ROm abgeschlossen und erste Freunde gefunden hatte, hatte sie entdeckt, dass Partys durchaus schön sein konnten. Nur... eben nicht so oft. Sie hielt es lieber selten, aber dann war es auch immer etwas besonderes.
Und so ein Tag war heute. Eine Kollegin von ihr - Paola - hatte feiern ehen wollen und in ihre gemeinsame WhatsApp-Gruppe überwchänglich gefragt, ob man sich ihr nicht anschließen wolle. Und das hatten ein paar von ihnen getan. Neben Paola und ihr selbst flogen hier irgendwo noch Marietta und Giovanni herum. Vermutlich auf der Tanzfläche. Paola konnte sie an der einen Wand gerade auffällig mit einem Typen flirten sehen.
Mit einem Kopfschütteln griff Sylvia nach dem Martini-Glas, bedankte sich bei dem Barkeeper und bezahlte, ehe sie danne inen Schluck des kalten Alkohols nahm, der ihr durch die Kehle floss. Sie spürte das bisher Getrunkene bereits in ihrem Kopf, war ein wenig angetrunken und wirklich gut gelaunt - auch wenn die Bässe der Musik (die sie gerne als Bumm-Bumm-Musik bezeichnete) - ihr allmählich wirklich Kopfschmerzen bereitete.
Nach einem weiteren kleinen Schluck schien ihr nicht mehr nur das Bumm-Bumm tierisch auf die Ohren zu drücken, sondern mit einem Mal wurde sie sich auch der schrecklichs tickigen Luft um sich her bewusst. Die Enge, die sich ihr wie Finger um die Kehle legten und zudrückten. Rasch suchten iher Augen nach ihren Kollegen, konnte sie jedoch nicht ausfindig machen. Eigentlich hatte sie ihnen Bescheid geben wollen, dass sie mal kurz frische Luft schnappen war, aber... dann eben nicht.
Ihr erster Versuch war es durch die Masse der tanzenden Menschen zu kommen - was allerdings ein Akt der Unmöglichkeit war. Erst recht wenn man dabei versuchte ein noch gut gefülltes Martini-Glas irgendwie sicher mitzuführen, ohne das dessen Inhalt auf dem Boden verteilt wurde. Also ging Sylvia schließlich am Rand entlang und schlüpfte durch eine Tür, die in den hinterhof führte. Zwar jetzt nicht der wirklich öffentliche Ausgangsbereich - aber besser als nichts.
Sylvia schloss die Augen und atmete tief die Nachtluft Roms ein - sie roch keineswegs gut. Es roch eher etwas nach Abgasen und Müll, mit einer leciht süßilchen Note, von der sie gar nicht wissen wollte, woher genau sie kam. Doch im Vergleich zu dem Inneren des Clubs war es gerade wirklich einfach nur eine Wohltat.
Nachdem sie fast eine habe Minute einfach nur dagestanden hatte und die kühle Luft, die unter ihre schwarze, kurze und offene Lederjacke kroch, ihr weißes weites T-Shirt darunter leicht zum flattern brachte, genoss, öffnete sie die Augen, trat einen Schritt vor und wollte gerade noch einen Schluck ihres Martinis nehmen, als sie es sah.
Klirren in ihren Ohren, als Glas zerbrach.
Ein leeres taubes Gefühl in ihrer Hand.
Knirschen unter ihren Füßen, als sie ihr Gewicht leicht verlagerte.
Die Zeit stand still.
Da auf der Bank... lag eine Frau. Ihre aschblonden Haare hingen fast bis zu Boden, ihre Schultern lagen schräg auf der metallenen Seitenlehne der Bank, ließen ihren Kopf sich nach hinten überdehnen, ihren Nacken sich überstrecken, dass man die Wirbel erkennen konnte - ihre halb geöffneten, blaugauen Augen. Verwischter roter Lippenstift. Blasse Haut und Fingernägel, die blau lackiert waren, der eine zur Seite hinunterhängend, der Mittelfinger gerade so den Boden berührend. An ihrem Hals - und Sylvia konnte es sehen, sie konnte alles genau sehen, denn sie war da, sie stand genau davor (warum stand sie hier??) konnte sie die dunkel violette Verfärbung an ihrem Hals erkennen. Dort wo etwas - oder jemand - Hand angelegt hatte. Ein Seil, Hände, vielleicht auch etwas anderes. Doch es war genau dort gewesen. Genau dort, wo jemand beschlossen hatte, dieser jungen Frau ihr Leben auszurauben, es ihr zu rauben, sie....
Plötzlich atmete Sylvia ein, nachdem ihr Körper diese Funktion unbewusst für so lange Zeit unterdrückt hatte. Ihr Einatmen kam heftig, überraschend, ein Gieren nach luft, nach Leben, Licht, irgendetwas, die Suche nach Hilfe. Es war ein schmerzahftes Einatmen, welches ein unbeschreiblich heißes Stechen wie einen Blitz durch ihren Brustkorb zucken ließ, ein lautes Einatmen, das fast schon als Schluchzen durchgehen mochte, auch wenn die Tränen noch nicht da waren.
Nur die Panik. Endlose Panik. "NEIN!!!", schrie Sylvia und das Gefühl kehrte in ihren Körper, in ihre Beine zurück. Sie stolperte zurück, Scherben knirschten unter ihren Schuhen, ihr Herz raste, jetzt brannten die Tränen in ihren Ohren, während die panik sie wortwörtlich zu ersticken drohte. Sie schüttelte den Kopf, erst langsam, dann immer heftiger. "Nein! NeinneinneinneinneinneinneinNEINNEIN!!!"
Sie zitterte am ganzen Leib, während die Tränen sich nun lösten. Nicht schon wieder, bittebittebitte, warum nur, BITTE, WARUM??! Alles in ihr war am Schreien, sich am Krümmen vor Schmerzen, während das Bild ihrer älteren Schwester Julia wieder vor ihren Augen schwebte. Wie sie dort in die Tiefkühltruhe gepresst war, lieblos hineingestopft, sämtliche Knochen im Körper gebrochen, das hineingeritzte rote 'A' auf ihrer Brust, ihre Augen so starr und weit und kalt aufgerissen und....
"Bittebittebittebittebittebittebitte", flüsterte Sylvia,s chnell, panisch. Ihre Hände zitterten so sehr, dass ihr ihr Handy fast aus den Händen fiel, als sie es aus ihrer kleinen Tasche herauszerrte und sie es nur gerade noch so auffangen konnte.Wieder glitten ihre Augen zu der Leiche. Sie schluchzte. ihr eigenes Schluchzen drang in ihren Ohren und sie zitterte und ihr war kalt und sie hatte ANGST.
"Komm schon! KOMMT SCHON GEEEEEH ANN!!", brüllte sie ihr Handy an, doch egal welche Tasten sie drückte, egal wie sehr sie darauf hämmerte - der Bildschirm blieb schwarz. Der Akku war mal wieder leer. Der Akku, der verdammte Scheiß-Akku, den sie eigentlich schons eit wochen hatte auswechseln lassen wollen!!!
"Neinneinneinneinnein!", flüterte Sylvia erneut, schluchzend, ihre klammen Finger tasteten sich an der Backsteinmauer hinter sich entlang, den rauen körnigen Steinen. Wo ihr Handy war, wusste sie nicht. In ihrer Tasche, vielleicht fallengelassen zwischen den Scherben - es war egal. Ihre Augen nur auf der Leiche ruhend, auf der Leiche dieser fremden, armen Frau, die ihres Lebens beraubtw orden war, genauso wie Julia ihres Lebens beraubt worden war, genauso wie Nici ihres Lebens beraubt worden war, wie.... wie...
Ihre Beine schienen nicht mehr als Wackelpudding zu sein - es war ein schieres Wunder, dass sie sich überhaupt noch irgendwie auf ihren Füßen halten konnte. Schritt für Schritt, Mauerstein für Mauerstein, tasttete sie sich seitlich die Gasse entlang in Richtung der Straße. Ohne ihren Blick abwenden zu können. Abwenden zu können von der Gestalt, von den Malen an ihrem Hals, ihren Augen, den Haaren,....
Sie musste zur Polizei. Sie... sie musste zur Polizei!!
Was, wenn es wieder ein Serienkiller war? Was, wenn er wieder zuschlagen würde? Was, wenn es wie damals war, wie bei Julia??
Sylvia hatte - irgendwie - das Ende der Gasse erreicht. Ihre Finger klammerten sich blind an der Ecke. Und dann, den Blick noch immer auf der Frau dorthinten auf der Bank hängend, wie sie so leblos über der Lehne hing, drehte Sylvia sich um und rannte. Sie rannte blindlings, rannte so schnell sie konnte, sprintete, während die Tränenspuren auf ihrem Gesicht kalt brannten, während die Panik in ihr sie verrückt werden ließ - sie hörte nahezu wie ihr jemand folgte, Schritte, die ihr nachliefen - der Mörder, sicher der Mörder, der sie nun holen wollte, weil sie die Leiche gefudnen hatte, weil sie zur Polizei gehen wollte, weil sie seinen Plan gestört hatte, weil sie...
Sie stolperte über ihre eigenen Füße und schrie, als sie stürzte. Panisch, mit unfassbar rasendem Herzen, sich sciher, jetzt dem Tod ins Augen zu blicken drehte sich Sylvia auf den Rücken -
- und starrte eine verlassene Straße entlang. Straßenlaternen hüllen sie in orangenes Licht. In der Ferne überquerte gerade ein Spaziergänger mit Hund eine Straße, sonst war alles still.
Sylvia wimmerte. Ihre Hände waren leicht blutig, aufgeschrappt vom Sturz, kleine Steinchen hatten sich darin verfangen - ihre Jeans war an ihrem einen Knie aufgerissen, auch dort blutete sie. Aber sie merkte es nocht, noch nichtmal im geringsten. Langsam rappelte sie sich auf. Wandte sich um, ihren Kopf panisch um. Wo war sie?? War nicht doch jemand da? Irgendjemand?
Sie musste zur Polizei!
Und dann sah sie das Schild. Dann sah sie das Haus. Ja!! Ja!!!
Ohne sich umzusehen rannte Sylvia über die Straße und presste ihren Finger gegen das Klingelschild. Quentin. Hier wohnte Quentin, da stand es 'FORBES', es stand auf dem klingelschild und sie war hier und sie kannte Quentin. Er war teil ihrer Band, er war ihr Drummer, sie kannte ihn,e r war ein Freund von ihr und er würde ihr helfen können, ja, er würde ihr helfen können. Er würde ihr helfen können nicht durchzudrehen, nicht durchzudrehen, während...
Ihr eigener Atem war so unglaublich laut in ihren Ohren, dass er Wirbelstürmen gleichkam. Immer wieder wirbelte ihr Kopf herum, blickte die Straße entlang. War dort ein Schatten gewesen? Beobachtete sie jamdn, dort, außerhalbd es Scheins der Straßenlaterne?? War??
Und dann gab die Tür unter ihren pansichen Händen, die so feste dagegendrückten, plötzlich nach und sie stürzte nahezu ins Treppenhaus. In großen Dreierschritten sprang sie die Treppenstufen nahezu hoch, hinauf zu Quentins Wohnung, wo er in der Tür stand. Sie bemerkte gar nicht, wie fertig er war, zu sehr war bei ihr selbst gerade alles auf Ausnahmezustand.
"Quentin!!!", stieß sie aus, schluchzend und hatte ihn einen Moment später schon in die Arme geschlossen, nein, sie umarmte ihn nicht, sie klammerte sich an ihm fest, als würde ihr Leben davon abhängen. Sie wollte es ihm erklären, wollte ihm etwas sagen - doch alles was sie konnte, war, sich schluchzend an seinen Hals zu klammern, während ihre Beine, ihre Knie ihr nun endgültig den Halt versagen wollten, sie einknicken lassen wollten,... "Q...q...", stotterte sie und schluchzte. Schluchzte und hoffte, dass er sie trotzdem irgendwie verstehen würde, er da sein würde, ihr helfen würde..

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Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 25.04.2021 22:30

Wer konnte das um die Uhrzeit nur sein?
Noch immer halb erschrocken, halb gelähmt starrte ich zu meiner Wohnungstür. Um diese Zeit wäre es ebenso möglich, dass ein Betrunkener sich einen Scherz erlaubt hatte – oder er einfach dagegen gekommen war. Aber dieser Gedanke fühlte sich in diesem Moment nicht richtig an. Auch wenn sich gerade nichts richtig oder falsch anfühlte, sondern alles irgendwie dumpf und leer war, vollkommen sinnentleert und nichtssagend.
Ich wollte dir Tür nicht öffnen. Mein Magen verkrampfte sich allein bei dem Gedanken daran.
Und dann...dann kam alles auf einmal. War das die Polizei? Hatte ich mich so sehr verraten, dass man mich gleich hatte finden können? Für den Bruchteil einer Sekunde überkam mich der Gedanke...was war, wenn es ihr Geist war? Wenn er mich verfolgte, um mich heimzusuchen?! So albern es war, so etwas anzunehmen, doch ich hatte Angst, dass es jeden Moment soweit sein könnte...dass sie zuschlug.
Ich zitterte am ganzen Körper, als ich mich schließlich langsam in Bewegung setzte. Mein Körper wollte mir nicht recht gehorchen – er war steif und starr und ich konnte weder meine Beine noch meine Arme spüren. Und doch taten sie immer halbwegs, was ich von ihnen wollte...Meine Beine trugen mich, hielten sogar relativ standhaft, und meine Arme und Hände, die fassten an die Möbel, an das Bett, an den Schrank, um mich zusätzlich zu halten. Doch was ich darunter ertastete war seltsam fern, fühlte sich teigig und uneben an, der Boden kam mir vor wie Gummi, als würde ich versuchen, in einer Hüpfburg zu gehen, während alle anderen um mich herum unablässig weiter sprangen und hüpften.
Das Blut rauschte mir in den Ohren und ich spürte, wie mein Herz mir in der Brust hämmerte – es drohte herauszuspringen, wenn ich mich nicht nach vorn beugen würde, um es festzuhalten.
Ein pfeifender Ton war in meinen Ohren. Mir war schwindelig. Der Weg fühlte sich endlos an – und der Flur wurde immer länger und länger, je weiter ich vorankam, mit jedem Schritt kamen sechs Meter dazu. Dabei war meine Wohnung doch nur ein kleines Loch.
Und dann, als wäre ich aus einem langen Schlaf erwacht, war ich auf einmal an der Tür. Hölzern und schwer lag sie vor mir. War da jemand im Treppenhaus. War es die heulende Stimme der Fremden aus dem Club. Oder...So würde ich es nicht herausfinden, wem das Jammern gehörte, das durch das Treppenhaus schallte und die Dunkelheit durchdrang.
Am ganzen Leib zitternden, mich beinahe schüttelnd, hatte ich eine Hand auf der Klinke und drückte sie herunter.
Ich hielt die Luft an.
„Quentin!" Mein Name hallte durch das Gebäude und ehe ich es ganz verdaut hatte, hatte mich eine Person mit den Armen umschlungen. Ich war wie erstarrt und wusste nicht, wie mir geschah – es dauerte, bis es mir ins Bewusstsein drang, wen ich vor mir hatte, wer mich vollkommen ausgelöst in den Arm genommen hatte. Aber dann... „Sylvia...?", fragte ich ungläubig. Meine Stimme war überraschend fest und klar. Ich hatte erwartet, dass sie gebrochener wäre...
Es verging noch ein Moment, ehe ich dann auch meine eigenen Arme hob und sie in den Arm schloss. In einer anderen Situation, an einem anderen Tag, hätte dieser Moment etwas sehr Beruhigendes, etwas sehr Schönes, Warmes, Angenehmes. Doch nicht jetzt. Nicht in diesem Augenblick. Ich wusste es von mir und ich konnte spüren, hatte es im Gefühl, dass es ihr ähnlich ging. Sie war ganz und gar nicht sie selbst – sie war vollkommen außer sich. Doch die Frage danach wollte mir nicht sofort über die Lippen kommen. Stattdessen stand mir der Mund halb offen – vor Überraschung und weiterhin im Versuch, Worte zu fassen und etwas Sinnvolles über meine Lippen dringen zu lassen. Doch stattdessen bewegten sie sich nur tonlos und die Luft wollte mir nicht an die Stimmbänder dringen – sie reichte mir gerade so zum Atmen.
Und so spürte ich für eine ganze Weile nichts weiter als ihren eisernen Griff um meinen Hals und die Nässe ihrer Tränen auf meinem Shirt. Ich schluckte. Was war nur geschehen? Aber schon allein bei dieser Frage stieß es mir übel auf. Unschuldig zu tun, als wäre nichts schlimmes geschehen, sorgte für einen heftigen Klos in meiner Kehle und mein Magen verkrampfte sich schmerzhaft.
Ich biss mir auf die Unterlippe, ehe ich tief Luft holte.
„Was...ist passiert?", fragte ich sie schließlich atemlos, leise. Doch meine eigene Stimme klang bei dieser Frage furchtbar laut in meinen eigenen Ohren, hallte in meinem eigenen Kopf tausendmal wider, während wir noch immer um dunklen Flur des Hauses standen. Nur ein spärliches, flackerndes Leuchten drang vom Fernseher aus meiner Wohnung her. Noch immer hatten wir uns nicht losgelassen und noch immer schien es so, als würden wir beide in uns zusammenbrechen, wenn wir uns trennen sollten.

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 01.05.2021 23:47

Ihr war kalt. Eiskalt. Eiskalt und höllisch heiß zugleich. Sie zitterte. Sie weinte. Sie schwitzte. Sie klammerte sich an dem Etwas, den Jemand fest, der da bei ihr war. Ihre Finger klamerten sich in Stoff, klammerten sich in Haut, in Fleisch, sie hing ihm förmlich an den Schultern, weil ihre Füße den Bodenkontakt nicht mehr fanden, weil ihr Körper verlernt hatte, was er tun sollte. Was er zut un hatte. Es ging gar nichts mehr, es war alles zu Ende.
Gedankenfetzten, undzusammenhängend, versmischten sich mit Erinnerungsfetzen,s etzten sich zusammen zu einem makabren Puzzle, das keinen Sinn ergab, welches vollkommen randomisiert war.
Damals hatten ihre Füße den Stand behalten. Damals. Julia. Sie wusste es noch. Ihre Füße erinnerten sich noch. Halbwegs. Sie hatte dagestanden und die lecihe angestarrt. Sie hatte noch nicht einmal geschrieen. Nicht so wie da. Sie war später zusammen gebrochen. Draußen. Straße. Dreck. Hatte auf Knien gelegen. Die Zeit dazwischen? Weg. Der Dreck. Die Straße. Da war Rickys Kopf auf ihren Scheiß. Sie hatte geweint. Da hatte sie geschrieen. Ihre Tränen waren auf Nicis Gesicht getropft. Der letzte röchelnde Atem noch in ihrem Ohr. Wie alles so schlaff geworden war. Und Gott, sie hatte geweint...
... geweint wie jetzt. Doch dieses Mal tropften die Tränen nicht auf das tota Gesicht ihrer Schwester, dem Blut seitlich aus den Lippen geronnen war, das Kinn hinunter, am Kieferbogen tropfend auf den Boden, nicht das Gesicht mit diesen totan starren glasigen leeren Augen, welche sie so an die unbekannte Frau, die Leiche in der Gasse erinnerten. Nein, diesmal wurden ihre Tränen von dem Oberteil ihres Freundes aufgesaugt. Ihres Freundes und Bandkolleges, des Drummeres in ihrer Band, der Schlagzeuger, ihr Freund. Ihr Freund, der hier war, ihr Freund, der sie hielt, ihr Freund, der ihr helfen würde.
Sie war nicht allein. Sie musste nicht allein dadurch. Sie wusste es. Fuck, sie wusste es. Sie hatte es doch gelernt. Damals. Damals in der Therapie. Ja. Ja. Daran musste sie deken. Nur daran.
Sie war nicht allein. Musste nicht allein damit sein.
Sie hatte Hilfe.
Ihn.
Was ist passiert?
Da war sie. Die alles entscheidende Frage. Verdammt! Sie musste sich endlich mal am Riemen reißen!!
Und endlich erhörte ihr Körper sie. Ihre Knie fühlten sich wie Wackelpudding an, ihre ganzen Beine zitterten, waren nicht mehr als Zahnstocher, welche jeden Augenblick einknicken könnten - aber ihre Füße hatten den Bodenkontakt wieder gefunden. Sie stand aus eigener Kraft, auf eigenen Beinen und langsam ließ sie Quentin los. Sie zitterte noch immer, dagegen konnte sie nicht das Geringste tun, und mit bebenden Händen wischte sie sich die Tränenspuren aus dem Gesicht. Sie schluckte schwer, ihr Herz noch immer schnell in ihrer Brust schlagend, blickte sie ihrem Freund in die Augen.
Wie sollte sie es ihm sagen?
Und noch ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, hatten die Worte ihren Mund schon verlassen. Auf italienisch, selbstverständlich.
"Ich habe eine Leiche gefunden." Sie hatte sie klar und deutlich ausgesprochen, vielleicht etwas schneller als normal, doch gut verständlich. Ihre Stimme klang sogar fest. Viel, viel fester als sie sich fühlte. Hatte sie sich etwa schond aran gewöhnt über Leichen zu sprechen? Vielleicht sollte sie dankbar dafür sein, sich noch nicht daran gewöhnt zu haben, welche zu finden...
Sie wandte den Blick ab, während ihre Mundwinkel sich schmerzhaft nach oben zogen, sich jeder Muskel in ihrem Körper anspannte und es sie sämtliche Willenskraft kostete, das Schluchzen zu unterdrücken, einen weiteren Zusammenbruch nicht zuzulassen. Dazu hatte sie jetzt keine Zeit!! Nachdem sie aus dem dunklen Fenster in der Ferne geblickt hatte, ohne auch nur das Geringste zu erkennen, krampfthaft einige Male so ruhig wie möglich ein und ausgeatmet hatte, wandte sie sich ihm wieder zu.
"Der Handy meines Akkus ist schon wieder leer. Ich muss zur Polizei. Ich muss... ich muss ihnen erzählen, was ich gesehen habe. Was los war. Ich... ich brauche wen dabei, Quentin. Ich... kommst du mit?" Sie sah ihn an. Hoffte. Betete. Sie wusste nicht, ob sie es allein schaffen würde. Nochmal.
Sie wusste es nicht.
Sie dachte an ihre Arme. Die Narben.
Sie wusste es nicht...

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Quentin
Gelöschter Benutzer

Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 06.05.2021 22:26

Sie zitterte in meinen Armen und ich spürte, wie mein Hals und mein Oberteil langsam durchnässt waren.
Ich brachte mich zu einem ruhigen Atmen. Ich wollte gern so viel Ruhe wie möglich ausstrahlen, um ihr Kraft zu schenken, doch innerlich wusste ich, dass es wohl vergebliche Liebesmüh war. Denn in meinem Inneren sah es nicht unbedingt anders aus als bei ihr, auch wenn sich der sonderbar gleiche Grund dafür erst noch zeigen musste.
Alles brauchte so schrecklich lang, ehe es ganz zu mir durchgedrungen war. Ich hatte mich selbst meine Frage kaum stellen hören können – als hätte ein fremde gesprochen in einem vollkommen überfüllten Raum voller Menschen und ich versuchte zwar, mich auf seine Stimme zu konzentrieren, doch die Unruhe war einfach zu groß.
Und so irritierte es mich im ersten Moment sogar ein wenig, als sie sich von mir löste und sich auf die eigenen Beine kämpfte. Als hätte ich tief geschlafen, betrachtete ich sie etwas verwirrt – als wäre ich gerade aufgeschreckt und wäre sehr vertieft gewesen. Und ehrlich, das ich auch gewesen; in diese Umarmung, die Nähe, die Wärme ihres Körpers und ihren – wenn auch sehr schnellen – Herzschlag in ihrer Brust an meinem Bauch. Ich hatte es genossen und hatte mich darin verloren. Das aufgewühlte Meer in meinem Kopf war für einen Moment ruhig geworden, doch nun musste ich feststellen, dass ich nur in das Auge des Sturms geraten war – als sie sich von mir löste, begann es wieder zu tosen, die ersten Wellen schlugen heftig gegen das Ufer und es traf mich wie ein heftiger Schlag – die Gedanken, die Erinnerungen, diese Kopfschmerzen...Ich sackte wenige Zentimeter nach vorn. Als hätte man mir den Gehstock genommen, auf den ich angewiesen war, und ich konnte noch nicht allein stehen.
Der Moment zog sich für eine gefühlte Ewigkeit bis sie endlich aufrecht stand, den Halt gefunden hatte, und mich ansehen konnte.
Und dann...die Worte schlugen mir wie Schläge um die Ohren, wie Kometen schlugen sie in meiner Gedankenwelt ein, und wie tausende Messer rammten sie in mein Herz. Auf einmal stand die Zeit still. Der Puls rauschte mir in den Ohren und mein Herz schlug schmerzhaft in meiner Brust. Ich sah sie vor mir, die Leiche auf der Bank, als ich mich noch einmal zu ihr umwandte, ihr einen letzten Augenblick schenkte, denn so etwas würde es niemals wieder geben – sie war verloren und die Verantwortung lag bei mir. Die Welt strahlte wieder für mich und mein Körper hatte an Kraft gewonnen, doch zu welchem Preis; ihre Welt und die aller Menschen, die sie je kennengelernt hatte, war auf einmal grau und leer, ausgehöhlt und wertlos. Zu still, zu einsam. Ich tauschte mehr als nur Energie aus, ich tauschte mehr als nur Kraft aus – ich tauschte ein ganzes Leben aus....Und ich sah Sylvia, wie ich sie in den Händen hielt, hier vor meiner Tür, nachdem sie auf den Körper geschaut hatte, auf den ich vor einiger Zeit selbst noch geschaut hatte – als er noch warm gewesen war, das Herz aufgeregt in ihrer Brust geschlagen hatte, als sie von einem hübschen Mann nach draußen begleitet wurde, und wie ihre Augen leidenschaftlich gefunkelt hatten. Sie hatte ihn nur noch als graues Abbild gesehen, nicht zu vergleichen mit dem, was einst war...
Ich räusperte mich. „Was?", fragte ich mich leiser Stimme und vermied direkten Augenkontakt, starrte durch sie hindurch. Verdammt. Ich konnte doch nicht zulassen, dass ich es so nach außen trug. Innerlich scheuerte ich mir eine, und noch eine, bis ich das Gefühl hatte, es würde auf meiner echten Wange etwas zwiebeln, bis sich die Welt um mich herum wieder in Bewegung gesetzt hatte, bis meine Augen trocken waren und mein Hals nicht mehr zugeschnürt war. „Wo?", hakte ich schnell nach, richtete mich etwas auf und legte ihr meine Hände an die Schultern, sah ihr in die Augen, auch wenn es mir tief in meinem Herzen einen heftigen Stich versetzte. Sie sprach nicht viel über ihre Vergangenheit, doch ich wusste, dass auch sie es im Leben nicht leicht gehabt hatte – ganz und gar nicht. Dinge wie eine Leiche zu finden, sollten ihr erspart bleiben...besonders, wenn es sich dabei um die Leichen handelte, die ich zurückgelassen hatte.
„Ich...", setzte ich schließlich an, als sie ausgesprochen hatte. Mein Blick huschte über meine Schulter in meine Wohnung, zu meinem Telefon. Könnten wir nicht die Polizei von hier aus anrufen...? Ich wollte mich nicht zu einer Dienststelle auf machen. Dazu war ich momentan nicht in der Lage. Doch ihr Blick sprach Bände...sie wollte es und sie wollte, dass ich sie begleitete, denn allein würde sie es nicht durchstehen. Das verstand sogar ich, der sonst so schlecht aus anderen Menschen lesen konnte.
Ich rang mit mir. Meine Beine würden mich nicht zu einer Wache tragen – erst recht würden sie keinem Gespräch mit einem Beamten standhalten. Ich könnte es auf die Grausigkeit der Situation schieben, doch ich wollte lieber so wenig dazu sagen wie nur möglich. Je mehr Worte man verlor, umso größer war die Chance, etwas auszuplaudern, sich selbst zu verraten – durch einen Blick, einem Bewegung der Lippen, wie man ein Wort aussprach, wie lange man mit der Antwort wartete. Und ein guter Polizist könnte so etwas lesen.
„Ich..." Ich schluckte und biss mir auf die Zunge. „Ich...muss vorher aber noch einmal duschen gehen und mich umziehen", lenkte ich dann ein. Ich würde mit ihr gehen, doch ich könnte für nichts garantieren. Mein Magen verkrampfte sich, als ich mich zur Seite drehte. „Komm rein", bot ich an und bedeutete ihr, an mir vorbei in mein kleines, sehr bescheidenes Heim zu treten. Sie musste nicht auf dem Flur warten, auch wenn es einem Teil von mir lieber gewesen wäre.
Normalerweise empfing ich keinen Besuch und auch sie war noch nie hier gewesen. Keiner der Menschen, die ich im Entferntesten als Freunde bezeichnen würde, war jemals hier – und das hatte sehr entscheidende Gründe, die durch meine Krankheit nur noch verfestigt wurden...
Es roch nach ungewaschener Wäsche, zusammen mit einem muffigen Geruch nach Schimmel aus einer Ecke im Bad. Der Vermieter hatte sich schon vor Ewigkeiten darum kümmern wollen. Es war düster aufgrund der mittlerweile dauerhaft heruntergelassenen Rollläden und mein Bett war unordentlich, Geschirr stapelte sich in der Spüle, weil ich nicht die Kraft hatte, mich darum zu kümmern, und eine Schranktür hing aus den Angeln. In einem Wutanfall hatte ich sie so heftig zugeschlagen, dass sie halb herausgebrochen war. Ich hatte sie noch nicht repariert...als ob ich überhaupt wüsste, wie ich das anstellen sollte...
„Bleib...bleib einfach hier", bat ich und sah sie dabei halb flehend an. Sie sollte einfach in dem kleinen Flur warten, am Kleiderhaken, und sich nicht weiter umsehen. Das könnte ich nicht ertragen.
Ich kramte nur schnell ein Handtuch aus dem Schrank und ein paar bessere Sachen – eine weite Jeans und ein knallbuntes Oberteil – und eilte dann in das winzige Badezimmer, stellte die Dusche an, zog mich aus. Eine Wohltat auf der Haut, das warme Wasser. Ich seufzte und lehnte mit gesenktem Kopf an der Wand, ließ es einfach an mir herunter rinnen und mich abspülen...als ob es etwas ändern würde. Meine Augen brannten. Ob ich Tränen liefen, wusste ich nicht, das Wasser nahm einfach alles mit.
Beinahe zehn Minuten vergingen, ehe ich mich wieder auf Sylvia besann und aus der Dusche stolperte. Ein kurzer Blick in den Spiegel – ich sah furchtbar aus, wildes, blaues Haar, geschwollene Tränensäcke und dicke fette Augenringe. Als hätte ich tagelang nicht geschlafen...und so abwegig war das auch nicht. Das Mädchen hatte mir einen Energieschub vermacht, doch er war nur von kurzer Dauer gewesen und mit wenigen Folgen für mein äußeres – ich sah noch immer aus wie ausgekotzt, auch wenn ich mich für den Moment innerlich wie aufgeladen gefühlt hatte, stark und kräftig, in der Lage, endlich wieder ein Leben zu führen. Doch es war schnell verflogen...
Ich warf mir die Kleidung über, kämmte mir die Haare und trat dann aus dem Bad, schlüpfte in meine Chucks. „Es kann losgehen", sagte ich und wusste, dass ich atemlos klang. Die Dusche hatte entspannt, doch sie war auch anstrengend gewesen – so schwer man sich das auch vorstellen konnte.
Ich gebot ihr, vor mir aus der Wohnung zu gehen, damit ich sie hinter mir abschließen konnte. Ich legte ihr noch einmal eine Hand an die Schulter. „Geht's?" Am besten würde ich fahren, wenn ich meine Kraft auf sie verwendete. Dass es ihr gut ging. Ich hatte heute schon genug seitens meiner angestellt...

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 08.05.2021 20:22

Was?
Die Nachfrage hallte in ihrem Kopf nach. Wie ein grausames Echo in den Windungen ihres Gehirns, dass bei jeder Kurve abprallte, sich wiederholte, bis in die Unendlichkeit verlor. Was? Was? was? was? was...? was...? was.... Sie konnte es ja selbst kaum begreifen, konnte es selbst kaum realisieren. Wie viel Pech brauchte ein Mensch im Leben, damit ihmd ies widerfuhr, was ihr widerfahren war. Wie sehr musste Gott oder der Teufel oder wer auch immer einen hassen, dass man nicht nur seine beiden Schwestern verlor, sondern auch noch diejenige war, die die Leichenf and oder sie in Armen hielt. Die nun schon wieder, ganz zufällig als Erste an einem Tatort war. Ihre Lippen öffneten sich langsam, klebten hier und da in kleinsten Fetzen noch ein wenig zusammen. Doch dieses Mal kamen die Worte ruhiger raus. Augenscheinlich gefasster, auchw enns ie das absolut nicht war. So überhaupt nicht. "Ich habe eine Leiche gefunden." Sie sah zu ihm auf. Es fühlte sich so unwirklich an. Es hörte sich sogar unwirklich an. Jeden einzelnen Herzschlag in ihrem Brustkasten nahm sie überdeutlich war, viel zu stark, viel zu intensiv. Pulsierte das Blut durch ihren gesamten Körper, obgleich sie sich doch selbst fast wie tot fühlte. Tot und überaufgedreht zugleich. Warum war im Leben eigentlich alles so sehr mit Gegensätzen behaftet?
Warum?
Die nächste Frage kam. Und nun flatterte ihr Herz ihr irgendwo in ihrer Kehle. Sie leckte sich über ihre leicht rissigen Lippen, fokussierte sich ganz und gar auf Quentin, versuchte krampfhaft nicht an die Frau zu ednken, wie sie da gelegen hatte, an ihre Haltung, an ihre Augen... "Vor dem Club hier, dem... scheiße. Scheiße ich hab seinen Namen grad vergessen!! Dem... dem..." Fieberhaft dachte sie nach. Fuck!! Das durfte doch jetzt verdammt nochmal nicht wahr sein!! "Hier... dem... Piper-Club!!" Da fiel es ihr ein. Gott sei Dank. Gott sei dank!! Was hätte sie denn snost bei der Polizei sagen sollen?? Oh Gott, fuck! Sie musste jetzt echt langsam am Riemen reißen verdammt! Aber wenigstens hatte sie aufgehört zu heulen, auch wenn ihr Körper nach wie vor zitterte wie Espenlaub.
Es dauerte gefühle Ewigkeiten, bis Quentin antwortete. Auf ihre Frage. Ihre Bitte. Ihr Flehen. Aber sie konnte es ihm nicht verdenken. Sie hatte ihn hier überfallen, mitten in der Nacht. UNd wenn sie ihn jetzt so ansah, sah er selbst völlig fertig mit dem Leben aus. Also - mehr als sonst, meinte sie. Sie sah ihn ja immer bei den Bandproben mind. einmal die Woche und wirklich gesund sah er da nie aus. Aber heute sah er besonders fertig aus. Fast bekam sie ein schlechtes Gewissen, doch entschlossen schob sie es beiseite, bis... er schließlich einwililgte.
Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Wenigstens einer. Von diesem ganzen Geröllhaufen, der sich innerhalb von Sekundenbruchteilen eben dort in der Gasse, in diesem Hinterhof mit einem Mal wieder aufgestapelt hatte. Scheiße ey. Scheiße ey!!!!
Erneut umarmte sie Quentin. Diesmal jedoch auf ihren eigenen Füßen stehen bleibend. Und sie umklammerte ihn nicht, sondern umarmte ihn sanft, kurz. Ehrlich und innig. "Danke", flüsterte sie, ehe sie dann auf seine Einladung hin ebenfalls hineintrat in den Flur. Ein muffiger, abgestandener Geruch schlug ihr entgegen. Eine Mischung aus Schweiß, sehr alten Essensresten und ziemlich ungesund - Schimmelähnlich oder etwas in der Richtung, wenn sie sich nicht sehr täuschte. Es roch, als wäre das Fenster mehrere Monate nicht geöffnet worden und wollte einem im ersten Moment den Atem nehmen.
Die Erkenntnis, wie Quentin hier wohl leben musste und wie mies es ihm wirklich gehen musste, fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Dennoch versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen, als sie in den dunklen Flur trat, bei dessen Helligkeit sie kaum mehr als schemenhaft die kreuz und quer stehenden Schuhe, die zum Teil von den Haken heruntergefallenen Jacken und den Schemen des Schrankes erkennen konnte.
"Okay", nickte sie nur leicht, während Quentin tiefer in seiner Wohnung verschwand. Dennoch blickte Sylvia sich um. Ihr Herz noch immer schnell, ihre Hände, ihr Körper noch immer zitternd bei allem was geschehen war - und nun packte sie die nächste erschreckende Erkenntnis. Vorsichtig - mit unendlich zitternden Knien - trat sie doch zwei Schritte weiter den Flur hinein. Konnte einen Blick in das unaufgeräumte, voller Gerümpel vollgestelte Wohnzimmer und die Küche werfen. Alles unabgewaschen, dreckig, verschimmelt. Die Tische überladen Sachen, von denen sie zum Teil gar nicht so genau wissen wollte, worum es sich handelte.
Das schlechte Gewissen zerfetzte ihr mit kalten harten eisigen Klauen ihr Herz. Wie hatte sie das nie bemerken können?? All die Zeit, welche sie sich nun schon kannten, jede Woche miteinander probten? Texte zusammen schrieben, Auftritte zusammen hatten und gemeinsam in Kneipen und Clubs mal was zusammen tranken? Wie war es möglich, dass sie nie realisiert hatte, wie schlecht es ihm tatsächlich ging? Natürlich redeten sie nicht viel über Privates während den Proben - also, schon. Vor allem die anderen beiden, aber eben nur Oberflächlich, was gerade jetzt auf Arbeit oder sonst so los ist. Ihre ganze Band wusste von ihr eigentlich nur, dass sie zwei Schwester hatte, die gestorben waren und sie damit Probleme hatte in ihrer Jugend- daher die Selbstverletzung. Und sie deswegen nach Rom ist, um Krankenschwester zu werden. Wohl die kürzeste Kurzfassung aller Zeiten. Quentin hatte natürlich immer ein wenig fertig ausgesehen, aber so...??
Sie hätte etwas bemerken müssen... ihm... ihm helfen müssen...
Und stattdessen kam sie jetzt mit sowas zu ihm.
"Oh scheiße", flüsterte sie, wandte sich von der Wohnung, als sie erneute Tränen in ihren Augen brennen spürte und biss sich selbst auf die Fingerknöchel ihrer Faust, um das Schluchzen zurückzuhalten. Mühsam zwang sie sich ein und auszuatmen. Und zum ersten Mal seit langer, langer, langer Zeit...
...hatte sie das Bedürfnis zur Klinge zu greifen.
"Oh scheiße...", flüsterte sie erneut, zwang sich zu atmen, ein und auszuatmen, blinzelte dabei an die Decke. Scheiße scheiße scheiße. Oh fuck. Nein. Nein, das durfte... das durfte echt nicht sein. FUCK.
Und doch, obwohl ihr Kopf, ihr Körper, alles in ihr wusste, dass sie das nicht tun sollte - dass sie doch Therapie gehabt hatte, dass sie die ganzen Methoden gelernt hatte, dass sie genau wusste, was für Übungen sie hatte, um sich von dem Impuls abzuhalten... es letztendlich nichts bringen wurde. Es war.. wie eine unterbewusste Vorahnung. Sie wusste es besser, fuck ja. Sie wusste was sie tun sollte. Doch bereits jetzt wusste ihr Unterbewusstsein, dass sie es nicht tun würde. Sie würde das nicht packen.
Sie würde sich wieder selbstverletzen.
In diesem Augenblick hörte sie hinter sich Geräusche und schreckhaft, fast schon mit einem leisen Aufschrei wirbelte Sylvia herum, ihr Herz erneut im Marathon rasend. Doch es war nur Quentin, der mit noch nassen Haaren wiede rauf sie zutrat. Er sah ein wenig besser aus als zuvor, was aber sicher nur der Dusche zu verdanken war, deren Temperatur ihm so etwas wie Gesichtsfarbe verliehen hatte. Ein wenig zumindest.
Sie nickte nur, traute sich nicht auch nur ein Wort zu sagen - nicht bei den Gedanken, die sie gerade gehabt hatte - und öffnete die Tür. Schweigend gingen sie gemeinsam durchs Treppenhaus hinunter und durch die Eingangstür nach draußen. Die kalte Luft strich seltsam irreal über ihre erhitzte Haut. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie heiß ihr tatsächlich gewesen war. Jetzt war ihr kalt. Seltsam, dass vorhin im Club soe noch so angetrunken gewesen war. Jetzt spürte sie nicht das Geringste mehr davon. Noch nichtmal im Ansatz...
Bei der Berührung Quentins schreckte sie auf und blickte ihn an. Nein. schoss es ihr durch den Kopf, dicht gefolgt von den Gedanken an die Klinge. Der Rasierer.. nein, viel zu aufwendig. Das brauchte sie doch nicht mehr. Sie konnte genauso das Küchenmesser.... Der schwere Felsen in ihrem Magen verstärkte sich. "Ja", brachte se dann heraus. Ein Ja, was komplett abkackte, mit brechender Stimme, irgendwo in den Keller rutschte und die Lüge nahezu in diesen zwei Buchstaben herausschrie. Sie räusperte sich und setzte noch einmal an. "Ja, es... es geht schon." Diesmal hielt ihre Stimme besser durch - doch dieses Mal wollten sie ihre Augen verraten. Weitere Tränen drückten sich nach oben, ließen ihre Sicht verschwimmen, sämtliche Konturen in ihrem Umkreis unklar werden, verschwinden lassen. Sie schluckte schwer, wischte sich über die Augen. Sie zitterte. Jedes Herzschlag war dumpf und schwer. "Lass... lass uns gehen", brachte sie dann raus und zwang sich, einen Schritt vor den Anderen zu setzen. Einen. Und noch einen. Und wieder einen. Sie wusste nicht wohin sie gingen. Achtete nicht auf den Weg, konnte sich nur allein auf das Gehen fokussieren, dochs ie wusste, dass Quentin sie leiten würde. Er würde sie schon sicher zu ihrem Ziel anbringen und dann...
Oh Gott, fuck.
...und dann würde alles wieder von vorne beginnen...

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Who is this angel, sent here to change me, sent here to take me where I've never been?

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Long I have wandered, weary and waiting, for something to shake me and laugh to begin.
~aus Sylvias Song "This Angel"

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Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 31.05.2021 22:46

Meine Fragen erschienen mir selbst unzusammenhängend. Warum sollte sie mich anlügen? Warum sollte sich jemand so etwas ausdenken?! Doch ich hatte so eine Ahnung, woran es lag: Ein Teil tief in mir drinnen wehrte sich heftig gegen diesen Gedanken, dagegen, ihre Worte als wahr zu erkennen – denn es würde bedeuten, sich eingestehen zu müssen, dass ich etwas damit zu tun hatte...und...das konnte ich nicht. Erst recht nicht, weil es sich um sie handelte – diejenige, die einer Freundin in meinem Leben am nächsten kam und sie die Leiche gefunden hatten...der ich das irgendwie angetan, so mit einer solchen Sache konfrontiert zu sein...Ein Toter im Krankenhaus war etwas anderes als eine Leiche auf der Straße, schoss es mir durch den Kopf, als mich eine andere Stimme beruhigen wollte, mir weismachen wollte, dass sie eine Krankenschwester war und deshalb immerzu mit dem Tod konfrontiert war. Nein, das war doch überhaupt nicht dasselbe!
Ich schüttelte leicht den Kopf, nur für mich selbst, um die Gedanken etwas abzuschütteln; Abstand zu gewinnen.
Sylvia hatte eine Leiche gefunden und ich sollte sie zur Polizei begleiten, um das Ganze zu melden. Wieder dachte ich an das Telefon, das ich ihr einfach zustecken könnte und die Sache wäre gegessen. Doch ich konnte ihr stärker denn je ansehen, dass es so absolut nicht ausreichend für sie wäre – sie wollte persönlich mit jemandem sprechen, ihre Eindrücke schildern und nicht nur stupide Fragen bei einer Zentrale beantworten...Und ich musste gestehen, so würde es mir auch gehen. Mit einem echten Menschen Auge in Auge zu sprechen, war noch immer etwas anderes.
Und dennoch kam ich mir so vollkommen scheinheilig vor. War ich nicht der Grund, aus dem diese Sache überhaupt erst so vonstattengehen musste? Hatte ich nicht zu verantworten, was sie nun der Polizei schildern wollte?! Eine Kehle schnürte sich mir zu. Ich wollte sie trotzdem nicht allein gehen lassen. Ich erbat mir nur noch etwas Zeit.
Es dauerte nicht lang bis ich wieder aus der Dusche zurückkehrte – allerdings hatte es länger gedauert, als ich es erwartet hatte. Das frische Wasser auf der Haut, die angenehme Wärme...es hatte jeden schlechten Gedanken von mir abgespült...für den Augenblick jedenfalls – es war ein Gefühl, das süchtig machen konnte; ich hatte die Zeit einfach vergessen, so sehr war ich in der Schwebe gewesen, in einer Leere zwischen Sein und Nichtsein. Welch ein unglaubliches Gefühl – so fern von allem. Aber es war Zeit, wieder in die Realität zurückzukehren. Und schweren Herzens hatte ich mich trennen müssen, aus der Kabine treten und mich zurechtmachen müssen.
Meine Schultern waren schon wenige Augenblicke später wieder schwer und hingen herunter, meine Wangen eingefallen und die Augenringe tief. Jede Frische war vergangen. Und das Gefühl ließ ebenso mit jedem Moment mehr nach.
Es dauerte nur noch ein bisschen länger bis ich endlich fertig war. Wir könnten los. So schwer mir jeder Schritt auch fiel. Und je weiter ich mich von meiner Haustür entfernte, umso mehr mischte sich Panik zu dem Chaos in meinem Bauch und ich hatte ein unglaubliches Gewicht auf der Brust. Und doch schleppte ich mich weiter.
Ich erkundigte mich stattdessen danach, wie es ihr ging, um mich abzulenken – meine Aufmerksamkeit anderen Dingen zu schenken, vor allem ihr zu vermachen, wäre momentan die beste Bewältigungsstrategie, die mir einfallen wollte.
Nachdenklich musterte ich sie von der Seite, während die frische Nachtluft mir kühl um die feuchten Haare zog. Ich hatte die Hände in den Taschen meiner leichten Jacke und spielte mit der einen Hand an meinem Haustürschlüssel herum, mit der anderen zwirbelte ich an meinem Daumennagel. Ich kaute auf meiner Unterlippe. Ich glaubte ihr nicht. Auf der anderen Seite war meine Frage auch recht dumm gewesen – wie würde es ihr wohl gehen?! Und auch wenn ich nicht das ganze Ausmaß ihrer Gefühle kennen konnte – ich erkannte schon meistens das Grundspektrum menschlicher Gefühle bei anderen nicht –, so sagte doch sogar mir etwas, dass sie mich belog und gleichzeitig noch so viel mehr dahintersteckte. Und dennoch ließ ich es darauf beruhen. Mir fiel nichts ein, wie ich eine ehrliche Antwort aus ihr herauskitzeln könnte und wollte auch nicht diskutieren, denn ich war mir ziemlich sicher, dass sie mir ohnehin nicht antworten wollte. Stattdessen hielt ich mich ans Beobachten, um zur Not eingreifen zu können.
So gingen wir dahin, zur nächsten Metrohaltestelle, um in eine Bahn zu steigen, die uns drei Haltestellen fahren würde – dort hätten wir unser Ziel schon fast erreicht.
Meine Beine schmerzten heftig, als wir die Treppen nach oben stiegen. Sie wollten mir kaum gehorchen und auch der Knoten, der meine Brust fest im Griff hatte, zog sich immer weiter zu. Ich war mir nicht sicher, ob ich ein Wort herausbringen würde, wenn man mich nun ansprechen würde – umso erleichterter war ich deshalb, dass Sylvia nicht mit mir sprechen wollte, sondern stattdessen verbissen nachzudenken zu schien, als müsste sie heftig etwas unterdrücken, Gedanken zurückhalten. Mit gerunzelter Stirn hatte ich sie die ganze Zeit beobachtet, in der U-Bahn meinen Arm auf ihre Schulter gelegt, um ihr zu zeigen, dass ich da war. Ständig darauf bedacht, jeden Gedanken an den Grund für unseren Ausflug beiseitezuschieben. Und wenn mir doch einmal einer kam, dann so versetzte es mir einen heftigen Stich in der Brust. Wieso hatte ich es also getan, drängte sich mir jedes Mal wieder die gleiche Frage auf. Ich konnte sie nicht beantworten. In dem Augenblick, im entscheidenden Moment, war es etwas ganz anderes gewesen – ich hatte nicht rational und neutral darüber nachdenken. Als hätte etwas Besitz von mir ergriffen und würde mich zu etwas drängen, zu dem ich nie eine Einwilligung eingereicht hatte, dem ich niemals zugestimmt hatte und das dennoch eine gewisse Übereinkunft in mir darstellte...ein Leben für ein Leben...
Der Gedanke hallte in meinem Kopf wieder. Und jedes Mal schmerzte er heftiger. Ich hatte das Gefühl zu ersticken, meine Kehle war dicht und mein Herz verkrampfte sich.
Ich hielt kurz inne, musste mich an einer Straßenlaterne abstützen. „Ich...muss nur kurz einmal Luft holen", erklärte ich. Es war gar nicht so weit weg. Ich hatte keine Kondition mehr.
Es kostete mich noch einen Moment, dann konnten wir schließlich weitergehen. Mein Körper war seltsam steif dabei – er zog alle Register, um mich zu beschützen und von dem abzuhalten, was mir nicht fernerliegen könnte. Dennoch gingen wir weiter bis wir die Polizeistation erreicht hatten.
Von hier an ließ ich ihr den Vortritt und hielt mich im Hintergrund. Immer so, dass sie wusste und sich darauf verlassen konnte, dass ich da war, ich aber gleichzeitig nichts mit dem Gespräch zu tun hatte. Einfach nur eine unterstützende Begleitung.
Ich versuchte dabei, ihre Worte zu ignorieren, doch sie schafften es dennoch, sich tief in meinen Geist einzubrennen und dort tiefe Verletzungen zu hinterlassen. Bilder...aus ihrer Perspektive, Beschreibungen, Metaphern.
Immer wieder musste ich gegen meine verstopfte Kehle anschlucken.
Und als sie immer darum gebeten war, gewisse genauere Angaben zu machen, erbat ich mir eine Auszeit von ihr und diesem Ort.
Ich ging den Gang hinunter; ich wollte etwas frische Luft schnappen. Doch er wurde immer länger und länger. Je schneller ich ging, umso länger streckte er sich, die Tür rückte aus greifbarer Nähe in eine schier unerreichbare Ferne. Immer schneller und schneller ging ich, rannte fast. Mein Herz hämmerte mir wie wild in der Brust, schmerzte, drohte durch den Brustkorb nach draußen zu spreche – ich spürte sein Klopfen schmerzhaft an meinem Hals und der Puls rauschte mir in den Ohren. Schweiß trat mir auf die Stirn. „Nein...nein...nein", murmelte ich immer wieder vor mich hin, während ich versuchte, irgendwie doch den Ausgang zu erreichen.
Keuchend und mit Tränen in den Augen kniff ich diese bald zusammen und geriet bald darauf ins Straucheln und mit einem scharfen Schmerz in Knien und Armen ging ich heftig zu Boden. Ich riss die Augen auf und bemerkte, dass ich auf dem Gehweg zusammengebrochen war. Ein Polizist wenige Schritte entfernt hatte sich erschrocken umgewandt und musterte mich. Ich winkte ab und kämpfte mich allein wieder auf die Beine. Ich hatte mir die Knie aufgeschlagen, die Hose zerrissen und auch meine Handflächen waren aufgeschürft. „Scheiße", murmelte ich, während ich mir mit den Ärmeln die Tränen aus dem Gesicht wischte.
Immer noch heftig atmend blieb ich erst einmal, wo ich war, kletterte nur auf eine Bank in der Nähe direkt vor dem Gebäude. Ich kramte in meiner Jackentasche. Irgendwo musste ich doch noch...Ja! Ich zog eine Zigarette und ein Feuerzeug hervor. Mit zittrigen und leicht tauben Händen steckte ich sie mir in den Mund entzündete die Spitze.
Ich seufzte. Was für ein Gefühl. Es entspannte mich etwas und ich konnte ein wenig herunterfahren nach meinem Alptraum. Sylvia war immer noch drinnen und ich rauchte kurz darauf auch gleich noch eine zweite und eine dritte Zigarette. Ich brauchte das jetzt!
So rauchte ich vor mich hin. An die kühlte Hauswand gelehnt und um eine ausgeglichene und entspannte Atmung bemüht. Der Puls schmerzte immer noch an meinem Hals, mein Herz klopfte noch wild, doch es beruhigte sich langsam. Ich war auf der Straße. Hier fühlte ich mich nicht mehr so gefangen wie noch im Gebäude – nicht so, als hätte ich mir mit meinem Besuch hier mein eigenes Grab geschaufelt.
Ich seufzte wieder. Ich fühlte mich wie gerädert und zitterte noch immer am ganzen Körper.

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 03.06.2021 00:04

Komplett schweigend gingen sie durch die kalte Nachtluft. Kühl strich sie üebr ihr Haut, doch verursachte sie keinerlei Gänsehaut - im Gegenteil, ihr war warm, nein, nahezu heiß. Fiebrig, als würde sie krank werden. Obgleich sie das nicht wurde - zumindest nicht wörtlichen Sinne. Doch auf gewisse Art und Weise... wurde sie krank. Nicht physischer, aber psychischer Natur. Die Gedanken an die Klinge zu unterdrücken waren ein schlichtes Ding der Unmöglichkeit und bereits jetzt brannten die schuldgefühle in ihr, dass sie auch nur daran dachte, das wieder zu tun. Verdammt, sie hatte diese Hölle doch bereits einmal durchschritten. Wollte sie das wirklich aufs Spiel setzen? Wollte sie diesen Zyklus, diesen langen aufwendigen, notwendigen Zyklus wirklich wieder von neuem beginnen wollte sie wirklich wieder hinein in diesen strudel, diesen Sog der Dunkelheit, bei dem es alle Kraft der Welt brauchte, sich daraus zu befreien, so man es denn überhaupt schaffte? Und selbst das nur mit fremder Hilfe?
Andererseits war Sylvia mehr als nur bewusst... das es bereits zu spät war. Sie spürte, dass dieser dunkle Sog wie mit seinen äußerten Rändern ebreits wieder erfasst hatte. Noch nicht gänzlich, sie war noch gänzlich schutzlos, wurde noch nicht von ihm von einer zur anderen Seite gewirbelt, immer tiefer und tiefer hinein, doch die schwarzen Schlieren spielten bereits mit ihrer Kleidung, strichen wie dieser kühle Wind über ihre Haut, mit ihren blonden Haaren und drangen in sie hinein.
Es war eine teufliche Versuchung. Und eine Veruschung... fuck, der sie nicht würde widerstehen können... Sie wusste es..
Ein lautes, ohrenbetäubendes Dröhnen erfüllte ihre Ohren und blinzelnd sah Sylvia auf, tauchte aus tiefsten Untiefen ihrer eigenen Psyche wieder auf und erblickte eine U-Bahn, welche rasant an ihr vorbeifuhr, mit einem lauten, trommelfellzerreißendem Quietschen verlangsamte und schließlich zum Stillstand kam, die Tür zwei Meter von ihnen entfernt. Wie surreal festzustellen, dass er hier draußen tatsächlich auch noch eine Welt gab. Wie surreal festzustellen, dass sie nichts von dem Weg hierher wahrgenommen hatte, einfach vollkommen blindlings Quentin gefolgt war, wohin auch immer er sie führen mochte. Doch nun verstand sie seinen Plan. Wo sie lang mussten.
Es brauche einen Augenblick, bis ihr einfiel, dass sie einsteigen musste, dass sie ihren Beinen den Befehl geben musste, sich in Bewegung zu setzen. Und so startete sie erst etwas verzögert und betrat nach Quentin das innere der U-Bahn, wo sie sich auf einem kalten harten Sitz niederließ, welcher sich ebenso surreal anfühlte wie alles andere hier. Solch eine Erfahrung hatte sie bisher nur selten gemacht. Sehr selten. Dieses Entkörperungsgefühl. Doch grade war es allumfassend. Sylvia blinzelte, atmete. Sie musste einfach hier bleiben. Sich darauf fokussieren, was sie zu tun hatte. Sie senkte den Kopf, presste ihre schweißnassen Hände aneinander, presste die Lippen leicht zusammen. Sie würde zur Polizei gehen und ihnen alles beschreiben. So wie damals. Alles kein Problem. Damals waren es ihre Schwestern gewesen, dieses Mal würde es einfacher werden. Es war nur eine Fremde, eine Frau die sie nicht kannte.
Nur eine Fremde. Allein der Gedanke ließ ein Stechen durch ihr Herz fahren. Ein Stechen, welches ihre Gedanken sofort wieder auf die Rasierklinge lenkte - nein. Nicht Rasierklinge. Messer. Küchenmesser. Sie wusste genau wo es lag in ihrer Küche. Sie würde es aus dem Block ziehen und sich in der Küche niederlassen, oder auf ihrem Bett. Nein, wahrscheinlich machte sie es gleich. Am Waschbecken. Über dem Waschbecken, damit das Blut...
Ihr wurde schlecht, sie presste ihre Finger gegen ihre Schläfen. Polizei. Sie sollte daran denken. An ihre Aussage. Das war doch das Wichtige. Das war doch das Wichtige!! An das andere sollte sie noch nicht einmal denken!!
Quentins Hand auf ihrer Schulter nahm sie kaum wahr. Zu durch den Wind war sie, zu sehr damit beschäftigt mit ihrer Psyche zwischen ihrem Innenleben und der Außenwelt hin und her zu pendeln. Doch als die Hand verschwand und er aufstand bemerkte sie es, erhob sich ebenfalls und folgte ihm schweigend wieder nach draußen. Es tat gut, sich zu bewegen. Treppenstufen zu gehen. Und schließlich die Nachtluft wieder auf ihrer Haut zus püren. Unbeschreiblich gut. Riss sie ein wenig aus ihrem endlosen paradoxen Gedankenstrudel heraus. Erinnerte sie daran, wo sie war, was sie zu tun hatte. Bald wäre sie auch auf der Polizeistation und dann würde sie endlich ihre Aussage machen können. Und dann...
In diesem Augenblick bemerkte sie, dass Quentin nicht mehr neben ihr ging. Sie wandte sich um, konnte sehen, wie er vollkommen erschöpft an einer Straßenlaterne lehnte. Er sah wirklich nicht gut aus. Überhaupt nicht gut. Entschieden drückte sie ihre eigenen Sorgen beiseite, obgleich sich ein festsitzender Stein in ihren Magen legte und sämtliche ihrer Organe zerdrücken zu wollen schien. Die Bilder seiner Wohnung kamen ihr wieder in den Kopf.
Warum hatte sie nie etwas bemerkt??!
Ihre Schuldgefühle verstärkten sich, doch auch die packte sie jetzt weit, weit weg. Er - und niemand anderes - sollte davon erfahren. Das war ihr eigener Kampf. "Klar, kein Problem", sagte sie also sogleich auf seine Worte, stellte sich neben ihn, die Hände in ihren Hosentaschen vergraben. Weißlicher Nebel bildete sich vor ihrem Mund, wann immer sie ausatmete. Sie versuchte einen neuen Trick: nämlich einfach an nichts zu denken. Fokussierte sich rein auf das Hier und Jetzt. Die Häuser, die Straße, das organe Licht der Straßenlaternen - die fernen Motorengeräsuche eines Autos... das funktionierte ganz gut. "Alles okay?", fragte Sylvia nochmal besorgt nach, als Quentin sich aufgerichtet hatte.
Dann gingen sie weiter. Nach zwei weiteren unglaublich kurzen und gleichzeitig endlos langen Minuten hatten sie dann endlich das Polizeipräsidium erreicht. Unter dem Blick der Wache hinter der Glasscheibe bei der Tür traten sie in den schmalen Gang ein und schließlich in den Empfang, wo ein Polizist am Schreibtisch saß und irgendetwas auf seinem Computer eintippte. Erst nach einer kleinen Weile blickte er dann auf, um Sylvia direkt anzusehen.
"So, bitte. Was kann ich für Sie tun?", fragte er freundlich und sah sie aus blaugrauen Augen an.
Sylvias ganzer Körper fühlte sich vollkommen taub an, als sie die Lippen öffnete. Auf den Weg hierher hatte sie über so viele Worte nachgedacht, sich so viele Sätze zurecht gelegt, wie sie beschreiben könnte, was geschehen war, ihren Weg auf der Party nach draußen, ihre Beobachtungen - und alles was jetzt herauskam war: "Ich hab eine Leiche gefunden."
Der Polizist blinzelte sie eine gefühlte Ewigkeit nur an - in Wahrheit schaltete er nahezu direkt um. Er öffnete ein neues Aktenfile auf seinem Computer, sein Blick und ganzer Gesichtsausdruck nun viel ernster. Ein Diktiergerät wurde angeschaltet. "Erzählen Sie mir genau, was passiert ist."
Und Sylvia erzählte. Die Worte überkamen sie einfach. Tonlos erzählte sie, schildete eine Begebenheit nach der anderen. Den genauen Ort. Das Aussehen der Frau. Was sie getan hatte und wohin sie gegangen war. Alles. Detailgetreu erzählte sie es so, wie sie sich erinnerte - und sie war froh, dass Quentin da war. Ihr wurde eine Flasche Wasser gebracht, zur Beruhigung. Eine andere Polizistin kümmerte sich um sie, doch später würde sich Sylvia an das alles nur wie in einem Rausch erinnern. Nebengeräusche, die nichts mit der eigentlichen Melodie zu tun hatten. Und die eigentliche Melodie war das, was in ihr schlummerte, war das, was im Augenblick noch piano spielte, doch bald zu einem Forte anschwellen würde, aus ihr herausbrechen würde und dann wäre schlussendlich alles vorbei.
Immer wieder beschrieb sie die Sachverhalte. Quentin entschuldigte sich und Sylvia schenkte ihm ein kleines dankbares Lächeln, als er hinausging. Er sah fürchterlich aus. Es tat ihr wirklich leid, ihn in das alles mithineingezogen zu haben. Erst recht, da er wirklich ohnehin schon genügend eigentliche Probleme zu haben schien. Etwas, wofür sie sich würde bestrafen müssen...
Oh fuck. Sie tat es schon wieder...
Doch die Polizei schien endlich alles zu haben. Schon während des Gespräches war eine Mordkommision vor Ort und hatte den Tatort abgesperrt. Ihre Zeugenaussage und Kontaktdaten waren aufgenommen worden, ihr wurde versichert, dass alles getan würde, um den Mörder zu finden und gleichzeitig wurde sie gebeten sich unverzüglich zu meldne, sollte ihr etwas weiteres einfallen. Sylvia nahm die Karte des ermittelnden Kommisars entgegen, die ihr gereicht wurde und die sich viel zu rau zwischen ihren Fingern anfühlte und steckte sie ein. Sie bedankte sich, wünschte allen eine gute Nacht (falls eine solche Nacht auch nur ansatzweise gut sein konnte) und lehnte das freundliche Angebot ab, ob sie nach Hause gefahren werden sollte.
Nein. Das würde ihr Schuldgefühl nur noch vergrößern. Denn nun ging der Weg nach Hause. Etwas, was sich den Knoten in ihrem Magen nur noch fester zusammenzurren ließ, etwas, was diese fürchterliche andersartige und so unendlich vertraute Melodie in ihr allmählich lauter werden ließ....
Draußen traf sie auf Quentin, der eine Zigarette zwischen den Fingern hielt. Es kribbelte in ihren Fingern. Und zwar fürchterlich. Sie wollte sich ablenken. Sie wollte nicht an das tun, was geschehen würde, wenn sie in ihren eigenen vier Wänden war, wenn sie die Tür hinter sich geschlossen hätte. Sie musste sich ablenken, irgendwie...
"Alles in Ordnung?", fragte sie und trat zu Quentin. Ihre Stimme hatte sich gefangen. Sie wirkte wieder ruhiger. Stabiler. Ihre Emotionen waren wieder in ihr verschlossen, während ihrer Aussage im Präsidium hatte sie Zeit gehabt, sich wieder zu berappeln. Außerlich zumindest. Innerlich herrschte merh Chaos denn je. Sie nickte zu seiner Zigarette. "Darf ich auch eine?" Sie war Nichtraucherin. Aber gerade war es ihr egal. Sie brauchte etwas. Irgendetwas. Auch wenn sie es wahrscheinlich bereuen würde...

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Who is this angel, sent here to change me, sent here to take me where I've never been?

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Long I have wandered, weary and waiting, for something to shake me and laugh to begin.
~aus Sylvias Song "This Angel"

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Quentin
Gelöschter Benutzer

Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 29.06.2021 21:28

Nach einem Anflug von vollkommener Erschöpfung auf dem Weg zum Präsidium konnte ich mich schließlich doch wieder fangen. Es war nicht unbedingt mein Kopf, der mich aufhielt und ausbremste, mir schmerzlich aufdringlich den Boden unter den Füßen nahm und die Luft zum Atmen, sondern es war alles andere. Der Kopf...das war ein dauerhaftes Problem; dieses Dröhnen, das Drücken, der heftige zuckende Schmerz hinter meiner Stirn, das Fiepen in den Ohren und der Druck hinter den Trommelfellen...das war ein ständiger Umstand, mit dem ich Tag für Tag zu leben hatte; nur dann und wann gemindert durch einen neuen, nun ja, man wusste, wo der Gedanken hinführen würde, nicht?
Ich schluckte. Aber das hier war mal wieder etwas vollkommen anderes. Je geringer das Leben wurde, das ich noch in mir steckte, je länger es her war, dass ich mir etwas davon einverleibt hatte, so hatte ich es bereits festgestellt, umso schneller holte mich meine Gebrechlichkeit wieder ein...Und sie zeigte sich in deutlich in der Tatsache, dass ich im Grunde auch nur ein Krebspatient war – mein Körper baute ab, egal, was ich tat und wie sehr ich mich dagegen wehrte. Meine Knochen wurden morsch, meine Haut dünn, meine Muskeln träge, schwach, zittrig. Und je länger es dauerte bis ich das wieder anfüllen konnte, umso weiter schritt der Abbau voran – und ich konnte ihn nur gering anfüllen, nur für einen Moment aufhalten wo er geblieben war, ehe es wieder einsetzte...
Verdammt! Ich hatte schon ein Leben genommen...wieso hatte das nicht gereicht? Was war an dem Mädchen nicht ausreichen gewesen, um mich lange stabil zu halten...Ich konnte es nicht sagen...Und ich wollte in diesem Moment auch nicht darüber nachdenken – denn ich blickte vorsichtig zu Sylvia auf, die wieder zu mir getreten war, nachdem sie festgestellt hatte, dass ich schon einen Moment lang nicht mehr an ihrer Seite gewesen war...Dieser Schmerz in ihren Augen...wie aufgewühlt sie aussah, zerstört, kaputt – am Boden zerstört. Nein, wenn ich so in ihr Gesicht sah, wollte ich dem Geschwür in meinem Kopf beinahe das Versprechen abringen, mich nie wieder zu einer solchen Tat zu bringen...Doch ich war wie ein Abhängiger...in diesem Augenblick konnte ich noch jemandem versprechen, es niemals wieder zu tun, damit nichts mehr zu tun haben zu wollen, und in einigen Stunden könnte ich schon wieder über einem regungslosen Körper stehen, während ich das intensive Kribbeln in meinen Armen spüren, mein Herz wie wild in meiner Brust pochte, mir der Puls vor Ekstase in den Ohren rauschte – dieses Hochgefühl, sich wie neugeboren zu fühlen...so kurz es auch nur anhielt...
„Es geht schon", brachte ich krächzend heraus und richtete mich langsam und mit knacksenden Knochen wieder auf. Es war nicht mehr weit und wenn wir drinnen waren, würde ich mir einfach eine Bank suchen und etwas ausruhen.
So gingen wir weiter und standen bald vor der Tür. Allein der Anblick sorgte dafür, dass sich meine Kehle zuschnürte. Meine Hände schwitzten, als ich Sylvia die Tür auf hielt, damit sie vor mir eintreten konnte – immerhin ging es hier speziell um sie. Ich überließ ihr auch das Gespräch mit den Beamten, hielt mich im Hintergrund. Doch auf das Gespräch der beiden – des Polizisten und Sylvias – konnte ich mich nur wenig konzentrieren, so sehr ich es auch versuchte. Das Ticken der Uhr an der Wand hier, das Klickern von Fingern auf Computertastaturen...Ich konnte die Lampe über mir surren hören und wollte mir am liebsten die Ohren zuhalten...Das alles war so laut...Und das Licht...das Licht...es brannte mir in den Augen, dass ich sie zukneifen wollte, sie tränten schon fast. Und war es heiß hier drinnen? Es mochte an der Tageshitze Roms liegen, doch hier drinnen gab es keine Luft zum atmen – Ventilatoren hin oder her...Ihr feines Summen und das Rauschen der Luft, die sie umschlugen...es ging mir durch Mark und Bein. Nicht ein einziger kühler Hauch von ihnen vermochte meine aufgeheizte Haut zu kühlen, die beinahe brennend auf meinem Fleisch lag.
Ich musste hier raus!
Um Ruhe bemüht war ich bald darauf näher zu Sylvia getreten und hatte mich entschuldigt.
Doch nach einigen ruhigen Schritten durch den Gang setzte der Marathon ein...als ich endlich durch das große Eingangsprotal brechen konnte, war ich schweißgebadet und meine Haare klebten mir wild im Gesicht. Ich atmete schwer...noch immer ohne jede Möglichkeit, Luft zu bekommen. Nur langsam konnte ich mich auf dem Boden drehen, um mich hinzusetzen. Eigentlich wollte ich hier so schnell wie möglich verschwinden – wollte dieses Gebäude nicht mehr sehen, nicht mehr daran denken, was hinter diesen Türen vor sich ging...und was sie ausheckten, jetzt da sie einen Hinweis bekommen hatten, dem sie nachgehen mussten, von einer aufmerksamen Bürgerin...
Mühsam quälte ich mich dennoch auf eine Bank, nachdem ich all meinem Mut zusammengenommen hatte und doch geblieben war – für Sylvia, die einzige Freundin, die ich hatte! Mit einem Schniefen und einem Verschwimmen meines Blickes bemerkte ich erst spät, dass ich geweint hatte – mit dem Handrücken wischte ich mir grob die Augen aus. Nasse Flecken blieben auf meinen Ärmeln zurück. ich begann fieberhaft in meiner Tasche zu kramen – nun konnte nur noch eins helfen. Und Gott sei Dank hatte ich sie dabei, konnte mir eine anstecken...Eine Wohltat für meine empfindlichen und gereizten Nerven.
Und so rauchte ich erst einmal vor mich...konzentrierte mich nur auf den Geschmack in meinem Mund, den Rauch, der sanft vor meinem Gesicht aufstieg und sich mit der frischen Nachtluft vermischte – nur noch ein ferner, bitter-brenniger Geruch, aber sonst keine Spur mehr zu sehen.
Nur langsam sah ich auf, als Sylvia einige Zeit später wieder zu mir stieß. Sie wirkte etwas gefasster als zuvor, etwas sicherer – sie hatte das richtige getan, sicher...doch welchen Preis hatte das für mich...?
„Es geht schon", winkte ich nur ab und schüttelte die Hand mit der Zigarette ablehnend zwischen uns in der Luft. Ich nahm gleich wieder einen Zug, als sie sich neben mich setzte. Nachdenklich musterte ich sie... „Du rauchst gar nicht", warf ich die Feststellung in den Raum und runzelte leicht die Stirn. Entsprechend widerstrebte es mir eigentlich, ihr ihren Wunsch zu erfüllen, doch wenn man bedachte, was sie hier heute durchmachen musste...Ich hielt ihr die Schachtel hin, damit sie sich eine herausziehen konnte. Ich zündete sie ihr gleich an, als sie sie zwischen die Lippen geklemmt hatte. So sehr am Ende hatte ich Sylvia noch nie gesehen...allerdings hatte ich sie außerhalb der Bandproben nur selten gesehen – und diese machten, wenn es hochkam, vielleicht gut ein Fünftel unserer individuellen Alltage aus. Da gab es viel, was man nicht voneinander wusste, viele Momente, in denen man etwas verborgen hielt – wenn auch nur für diese zwei bis drei Stunden am Tag, damit es nicht gleich alle um einen herum wussten...nicht jeder mitbekam, dass etwas im eigenen Leben absolut nicht in Ordnung war...Ich musste es ja wissen, denn ich war der ungeschlagene Meister darin – fast niemand wusste, wie es bei mir zu Hause aussah, dass ich vollkommen die Kontrolle verloren hatte...und das auch in meinem Kopf und nicht nur in meinem Heim. Dass ich schon lange nur noch eine Rolle spielte, damit ich für alle anderen so erschien, als hätte sich niemals etwas geändert, als wäre ich immer noch derselbe und niemand, der eigentlich im Sterben lag und sich von einer verzweifelten Tat zur nächsten hangelte, um zumindest noch einige Wochen, Tage, vielleicht auch nur Stunden auf dieser verdammten Welt zu haben...von einem Leben noch einige Fetzen mitschneiden zu können, das im Grunde doch sowieso schon ewig und für immer in Schutt und Asche lag – nur ein Schlachtfeld war, ein Trümmerhaufen, nur noch heimgesucht von den ruhelosen Geistern von Dingen, die hätten sein können, aber niemals mehr sein würden, von abgeschnittenen, abgestumpften und längst verloren geglaubten Träumen, Wünschen, Hoffnungen...
Doch so wie alle anderen mein wahres Gesicht niemals sahen...so wenig konnte ich auch wissen, wie wenig ich von allen anderen wussten. Sylvia war das beste Beispiel – heute hier neben mir zeigte sie eine Seite, sie zeigte sie schon die ganze Zeit, schon seit sie bei meiner Wohnung aufgeschlagen war, die ich niemals für möglich gehalten hatte...Eine Seite von sich, die mir zeigte, wie gebrochen und kaputt diese Frau eigentlich war...
Ich schluckte und wandte mich ab. Ich konnte sie nicht mehr ansehen. Immer dachte ich, es ginge nur um mich und dass mein Leben am beschissensten war...Aber nun...
Die Wahrheit tat weh – an der Aussage war doch immer wieder etwas dran.
„Hast du...hast du ihnen schon alles erzählt?", hakte ich nach, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte, doch diese Stille zwischen uns, die nur dann und wann von einem Auto oder dem Rattern einer Bahn in weiter Ferne oder unter unseren Füßen im Erdreich unterbrochen wurde, war unerträglich und ich wollte etwas sagen...einfach um des Sprechens willen. So rau und grob meine Stimme auch mittlerweile klang und allein die Anstrengung, die Worte zu formen und herauszupressen, mir bereits wieder die Atemlosigkeit und in mir aufsteigende Erschöpfung auf den Hals hetzte...

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 02.07.2021 18:04

Die ganze Situation war einfach nur aufwühlend. Anstrengend. Die Fragen der Polizei waren nötig, dass wusste Sylvia - vermutlich besser als jeder andere und sie antwortete auf alle wahrheitsgemäßig, sogar ruhig. In gewisser Weise half ihr sogar dieses ganze Verfahren irgendwie ihre äußerliche Fassung und Ruhe wieder zu erlangen. Sie kannte dieses ganze beschissene Prozeredere doch. Wo genau, was genau,wer genau. Und was man selbst getan hatte natürlich. Sylvia ließ nicht das geringste aus, erzählte alles, woran sie sich erinnern konnte im Detail. Was nicht alles war, und doch das meiste. Ihr wurde etwas zu trinken gebracht, was sie praktisch nicht anrührte.
Sie war dankbar dafür, dass Quentin mit ihr hierhergekommen war, obwohl... obwohl es ihm so schlecht ging. Bei dem ganzen Hin und Her, der Befragung, dem Mitschreiben, der Polizisten, der Blicke und Überachungsgeräte und Tonaufnahmen war es Sylvia im Augenblick nicht möglich, darüber intensiv nachzudenken, doch unablässig spuckte das Gesehene in ihrem Hinterkopf herum,  belastete und ließ ihre Schuldgefühle zusätzlich wachsen. Und nicht nur die Schuldgefühle bezüglich Quentin, dass sie nie etwas bemerkt hatte, wie schelcht es ihm ging und wie dringend er offenbar Hilfe und einen Freund brauchte und überhaupt, die Schuld wie ignorant und Augen verschließend sie gewesen war - diese Schuld Quentin betreffend weitete sich still und heimlich wie schwarze Ranken die ihre Fangarme ausstreckten um alles helle zu versuchen auch nach dem Leichenfund auf. Wenn sie nur ein wenig früher Luft schnappen gegangen war... vielleicht irgendetwas gesehen hätte, wie zwei verdächtige Gestalten hinausgegangen wären... oder ... einfach nur etwas früher dagewesen wär!! Hätte sie es dann nicht vielleicht verhindern können? Oder wenigstens sich um die Verletzte kümmern können? Verdammt, sie war Krankenschwester und sie war es geworden, um Menschen zu retten, zu helfen. Nicht damit sie weiter einfach so starben!!
Sie war froh, als die Befragung endlich vorbei war und sie hinaus an die kühle Luft treten durfte. Tief atmete sie durch. Es kribbelte in ihren Fingern und kaum sah sie Quentin an, sah sie wieder sein dunkles Zimmer vor sich. Der Geruch. Sein gebrochenes Gesicht, der Blick seiner Augen die völlig fertig ausgesehen hatten und sie hatte ihn so überfallen und sie hatte nie etwas bemerkt und...
Ihre Finger kribbelten. Sie kribbelten in dem Wunsch ES zu tun. Nach hause zu fahren und ES zu tun. Sie musste sich ablenken. Irgendwie. Langsam ging sie zu ihrem Freund (war sie das überhaupt? Eine Freundin von ihm, wenn sie noch nichtmal merkte, wie schlecht es ihm ging? Ihm nicht half? Ja, ihn stattdessen sogar zusätzlich belastete?) und Bandkollegen und ließ sich langsam neben ihm auf die Bank nieder. Bat ihm um eine Zigarette. Sie musste sich ablenken. Wollte nicht an ES denken. Ansonsten kribbelte die Scuhld und das schlechte Gewissen nur noch stärker in ihr und... fuck. Sie wollte nicht dran denken, wollte es sich nicht vorstellen. Und so griff sie nach der einzigen Ablenkung, die ihr grade in den Sinn kam.
Sie fragte Quentin nach einer Zigarette.
Bei seiner Aussage zuckte sie nur mit den Schultern. Es war ihr egal. Es war ihr in diesem Augenblick so egal. Sie brauchte einfach... einfach IRGENDWAS um sich abzulenken, irgendwas...
"Danke", sagte sie, als er ihr dann schließlich doch die Schachtel hinhielt und sich eine Kippe herauszog. Es war seltsam sie zwischen den Fingern zu halten. Unwirklich. Aber fuck, alles in dieser Nacht wirkte unwirklich, wie in einem nichte nden wollenden Alptraum. Sie kannte das Gefühl. Diese Surrealität. Sie hatte gehofft es nie wieder erleben zu müssen, das hatte sie wirklich gehofft...
Quentin hatte ihre Zigarette angezündet, ohne dass sie es wirklich gemerkt hatte. Sie sog daran, spürte wie der Rauch unnatürlich in ihre Kehle drang und den Hustenreiz erweckte. Sie hustete ein, zweimal trocken, was stoßweite den Rauch aus ihren Lippen entließ, doch sie nahm sogleich noch einen Zug, mit geschlossenen Augen. Diesmal hustete sie nicht, atmete einfach nur durch den Mund aus und versuchte das seichte Zittern ihrer Hände zu beruhigen. NIcht an Daheim zu denken. Es herrschte Stille. Das mochte Sylvia nicht, aber sie wusste auch nichts zu sagen. Bis Quentin sie dankenswerterweise unterbrach.
"Ja. Ich hab ihnen alles erzählt", antwortete Sylvia zugleich und nahm noch einen Zug. Sie war bereits halb aufgeraucht. Wann war das passiert? Leicht verzog sie das Gesicht als sie daran dachte, wie sehr ihre Klamotten jetzt danach stinken würden. Gleich noch was, für das sie sich würde bestrafen können... was sie mit dem Schmerz würde verarbeiten können...
Sie seufzte. Sie konnte es nicht länger Aufschieben. Eigentlich hatte sie sich auf der Polizeistation ein Taxi rufen wollen, aber dann dachte sie an Quentin. Vorhin sein kurzes Atemholen. Seine Wohnung. Den Ausdruck in seinem Blick...
Sie konnte ihn doch nicht nachts allein nach Hause lassen, erst recht nicht, wenn ein Mörder herumlief.
"Wollen wir los?", fragte sie ihn, ihn von der Seite her ansehend und erneut an der Zigarette ziehend. Sie würde ihn zu sich bringen und dann so schnell wie möglich zu sich selbst nach Hause eilen und dann...
Und dann...

...die Erlösung suchen.

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