Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now... [Zwangscut]

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Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 28.07.2021 01:31

Ich hatte nur kurz eine Augenbraue gehoben, doch mich nicht weiter damit beschäftigt. Wenn sie in dieser Nacht eine rauchen wollte, ob Raucherin oder nicht, konnte man ihr das wirklich nicht verdenken. Ich tat das jedenfalls nicht. Allerdings war ich niemand, der sich überhaupt gern in solche Angelegenheiten einmischte – denn was brachte es mir denn? Meist nur Streit und Zank, böse Blicke und ungemütliche Situationen.
Und so nickte ich nur auf ihr Danke hin, steckte ihr die Zigarette an.
Dann...wurde es still zwischen uns. Und mir fiel auf, dass wir außerhalb der Zeiten, in denen wir als Band probten, bei unseren Vorstellungen und etwas davor und danach...noch nie wirklich Kontakt miteinander hatten. Sicher, man bezeichnete sich schon irgendwie als Freunde...aber ich wusste im Grunde genommen eigentlich nichts von ihr. Ich wusste, wo sie wohnte und als was sie arbeitete, was sie gern aß, aber...ich wusste eigentlich nichts aus ihrer Vergangenheit, außer dass sie eine Waise war, weil ihre Familie nicht mehr lebte.
Ich biss mir auf die Innenseite meiner Unterlippe.
Lag das daran, dass ich unaufmerksam war oder hatten wir uns wirklich niemals viel erzählt – also alle in der Gruppe, nicht speziell Sylvia und ich. Ich wusste, dass ich in dieser Nacht sehr viel schlimmere Probleme hatte – das Ziehen hinter meiner Stirn erinnerte mich just in diesem Moment wieder daran –, doch meine Gedanken konnten sich von diesem Thema kaum lösen. Mein Magen krampfte sich zusammen und ich schluckte leicht, ehe ich mich von der Bank hochstemmte und mir die Hände in die Hüften stemmte, die Zigarette dabei vorsichtig zwischen zwei Fingern von meiner Kleidung weg haltend.
Ich konnte nicht mehr still sitzen – ich musste etwas tun, etwas sagen. Und so...fragte ich sie nach ihrem Gespräch, das sie drinnen geführt hatte. Sofort schnürte sich mir die Kehle zu – denn jeder Hinweis, jedes Wort, das sie sinnvoll würden verwenden können, war ein Schritt in...in meine Richtung.
Ich räusperte mich. „Du hast das richtige getan", sagte ich. Meine Stimme klang kehlig und trocken. Aber ich wusste, dass ich ihr das nicht mitteilen musste – das wusste sie genauso wie ich. Denn wenn ich immerhin eins über sie wusste, dann das: Wenn einer das richtige tat, dann war es wohl Sylvia. Ich kannte kaum jemanden, der da idealistischer wäre. Auf der anderen Seite kannte ich...sowieso kaum jemanden – ich machte aber auch niemanden dafür verantwortlich. Ich hatte nur schon immer sehr ungern mit anderen Menschen zu tun gehabt. Doch es reichte mir nicht, mittlerweile ging ich ein wenig auf und ab. Das tat gut bei diesem Wetter – es war frisch geworden nach den heißen Nächten in Rom. Die Kälte fuhr mir nicht ganz so unangenehm in die Glieder, wenn ich mich bewegen konnte – da wurde mir etwas wohliger zumute. Doch es konnte nicht mein eigentliches Problem lösen – denn die Lösung dafür war logisch nicht möglich. Ich konnte nicht aus meiner Haut, ich konnte nicht einfach jemand anderes sein, aber... Ich hob meine Hände und musterte sie. An ihnen klebte schon lang kein Blut mehr, aber...es fühlte sich noch immer so an. Ich runzelte die Stirn, schluckte wieder, musste dann die Augen schließen, schüttelte leicht den Kopf. Meine Augenlider drückten, meine Hände brannten und klebten...als wären sie noch immer rot eingefärbt und eingetrocknet.
Ich atmete tief durch. Die Kühle vermischte sich mit dem kratzigen Rauch von den Kippen, die wir beide in den Händen hielten – sie zog schnell bis in mein Gehirn...eine Wohltat...Und doch...blieb es noch immer still. Mein Kopf konnte etwas befreit werden, doch auf meinen Ohren lastete noch immer ein Druck, der einfach nicht weichen wollte – die Stille zwischen uns war drückend. Doch meine Worte hatten sie nur für einen Augenblick durchbrechen können. Sie hatte sich schon bald wieder über uns gelegt wie ein Seidentuch, das man in die Luft gehoben hatte – für einen Augenblick wurde es vom feinen Zug getragen, dann sank es allerdings bald wieder herab und bedeckte wieder alles, was sich darunter versteckt hatte...
Entsprechend dankbar war ich ihr, als sie schließlich selbst das Wort ergriff – und anbot, zu gehen. Ein Segen, würde ich meinen. Natürlich hing dabei doch immer noch der Gedanke nach, weshalb wir überhaupt unterwegs gewesen waren.
„Ja", sagte ich schließlich. Meine Stimme kratziger und schiefer als zuvor. „Gern." Hier ging es immerhin nicht um mich, sie war schlimmer dran. Wenn sie gehen wollte, war ich nur froh für sie. Und für mich selbstverständlich auch – ich wollte keinen Moment länger hier verbringen...

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 28.07.2021 12:49

"Ich weiß", antwortete Sylvia ruhig, wie aus weiter Ferne, und gemeinsam mit den Worten entkam der Rauch erneut ihren Lippen. Es war ungewohnt, es direkt vor ihren Augen aufsteigen zu sehen. Sie kannte es sonst nur vom Winter, in England, wenn es richtig arschkalt früh morgens war und der Atem zu einem weißen Dunst wurde bei jedem Mal, wenn man ausatmete. Das war hier nicht der Fall und sie hatte es auch wirklich lange nicht mehr gehabt. Der Dunst roch auch nicht, die Zigarette schon. Obwohl sie es grade inhalierte, als wäre sie süchtig, sie den ungewohnten Rauch auf der Zunge schmeckte und in der Kehle noch immer leicht kratzen spürte (auch wenns mit jedem Zug etwas weniger wurde), so konnte ihre Nase doch noch den Rauchgeruch als etwas Fremdes identifizieren. Das würde definitiv ihre einzige bleiben, musste. Sie würde hierdurch jetzt nicht zur Raucherin abrutschen, nein. Nein.
Dagegensprach, wie schnell die Zigarette zwischen ihren Fingern plötzlich aufgeraucht war. Sie starrte den kleinen verbliebenden Glimmstängel an, ohne ihn richtig zu sehen. Jäh überkamen sie wietere Schuldgefühle, ihre Finger begannen zu zittern. Jetzt hatte sie eine Grenze überschritten, welche sie nicht mehr zurückgehen konnte. Das wusste sie. Selbst wenn das hier jetzt nur einmal gewesen war... der Gedanke daran würde wiederkommen. Wenn sie feiern war. Wenn sie gestresst war oder sonst irgendwas. Die Gedanken würden da sein. Sie hatte es einmal getan. Was schadete es ein zweites Mal? Gelegentlich. War doch nicht viel.
"Scheiße", murmelte Sylvia, ganz leise, nur für sich, stand auf und ging wenige Schritte bis zu einem metallenen Mülleimer, wo sie das Ding ausmachte und dann reinschmiss. Das Schuldgefühl und die Angst, was sie mit der idiotischen Aktion jetzt vielleicht losgetreten haben könnte, sickerten in ihr Herz, setzten sich dort als schwarze Nebelschlieren fest und begannen sich von dort aus durch ihre Arterien und Venen im gesamten Körper zu verteilen. Das Verlangen, sich zu bestrafen dafür, das Verlangen, dieses Schwarze aus sich rauszulassen, es irgendwie zu verarbeiten - den Anblick der Leiche, die Realisation von Quentins Zustand, was für eine schlechte Freundin und Bandkollegin sie war und jetzt auch noch das Rauchen. Verdammt, sie konnte das einfach nicht mehr, sie... sie shit. Das Verlangen war übermächtig. Sie wusste, sie sollte es nicht. Theoretisch hatte sie auch all die kleinen Tricks gelernt, dagegen vorzugehen, doch es spielte keine Rolle. Es war vollkommen gleichgültig. Alles was sie jetzt noch wollte, war die Klinge. Denn nichts anderes hatte sie verdient, nichts anderes würde jetzt helfen.
Quentin stimmte sogleich zu, zu gehen. Seine Stimme war rauchiger als zuvor und sie fragte sich, ob ihre eigene das jetzt auch war. Der Gedanke, dass es vermutlich so war verursachte nur, dass ihr Selbsthass sich noch intensivierte. Scheiße verdammt..
Und so machten sie sich auf den Weg zurück zur U-Bahn. Es gab nichts zu reden, nichts zu sagen. Sie fuhren die paar Stationen, gingen die Treppe wieder hoch und wann immer Quentin eine kurze Pause brauchte um Luft zu schnappen, wartete Sylvia ohne Urteil auf ihn. Obgleich sich jedes Mal - jetzt wo sie die Anzeichen las - ihr schlechtes Gewissen nochmal verstärkte, jedes Mal der kurze gefürchtete Gedankenfetzen kam, vielleicht doch noch eine Zigarette zu rauchen (nur eine), der aber dann von der deutlich lauteren Stimme verdrängt wurde. Ihre Finger zitterten. Es kribbelte in ihnen und sie war voller Ungeduld. Fast schon hibbelig. Sie wollte nach Hause, sie musste endlich nach Hause!
Dann waren sie nedlich an Quentins Haustür angekommen. "Danke fürs Begleiten", sagte Sylvia ehrlich und umarmte ihn kurz. "Und tut mir leid, dich damit so überfallen zu haben." Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln (sie hatte keine Ahnung wo sie das herholte, doch es war da), wandte sich dann um und ging im bedeutend schnelleren Schritt los. In ihrem Kopf nur noch ein einziges Thema...

!Triggerwarnung!
Als sie endlich bei sich Zuhause angekommen war, verlor sie keine Zeit. Rasch war sie in ihre Küche getreten und hatte das kleine scharfe Messer aus der Schublade gezogen. Auf dem Weg hierhin war sie es unendlich oft in Gedanken durchgegangen. Wo. Mit was. Wie oft. Früher hatte sie es immer im Badezimmer getan - oder eingeschlossen in ihrem Zimmer. Und immer mit einer Rasierklinge. Das war einfachsten und schärften und unaufälligsten gewesen. Sie war geschickt darin geworden den Rasierer ihres Vaters schnell ab und aufzubauen. Aber das war jetzt nicht mehr nötig. Sie wohnte alleine hier. Niemand würde sie sehen. Es war nur sie vorhanden.
Sie wusste, eigentlich sollte sie das Messer vorher desinfizieren, aber das war ihr grade egal. Sollte es sich doch entzünden, falls es dreckig war. Dann wären die Schmerzen schlimmer. Mehr gerechtfertigt. Sie ging zum Waschbecken, zog ihre schwarze kurze Lederjacke aus und legte sie einfach neben sich auf die Küchentheke. Sie rutschte runter und viel schwer auf dem Boden. Sylvia beachtete sie nicht, sondern legte ihren Arm gebeugt auf der Kante des Waschbeckens ab. Sie betrachtete all die vielen feinen weißen Narben ihrer Vergangenheit. So viele, dass wirklich niemand sie wohl zählen wollte. Sie atmete nochmal tief durch und lege das Messer an ihren Unterarm an. Sie ließ es sich nicht nochmal durch den Kopf gehen. Wozu? Sie wollte, sie brauchte es jetzt.
Und mit leichtem schnellen Druck zog sie die Klinge über ihren Unterarm. Kurz zuckte sie bei dem begleitenden stechenden Schmerz zusammen. Sie hatte den Schmerz, diesen stechenden alten Freund fast vergessen. Nicht vergessen hatte sie das Gefühl,wie es war, zu beobachten, wie das Blut aus dem Schnitt zu Tage trat und begann, sich seinen Weg über die Haut zu suchen. Es war so unendlich beruhigend. Es war richtig. Es war eine Wohltat für ihre Seele. "Für die Fremde", flüsterte sie und legte das Messer etwas weiter darunter nochmal an. Sie war wie im Rausch. Sie nahm absolut nichts mehr von ihrer Umgebung auf, noch nicht einmal wo sie sich grade befand. Es war alles egal. Sie wiederholte die Bewegung. Schnell. Mit Druck. Präzise. "Für Quentin." Ihr Herz stach schmerzhaft, doch zu beobachten, wie sich das Blut aus dem zweiten Schnitt nun auch nach oben drückte, half. Sie würde ihm helfen, schien der Schnitt ihr zu versprechen. Jetzt wusste sie was los war, und sie würde nicht weiter wegschauen. Sie würde ihm helfen. Sie setzte das Messer erneut an. "Für das Rauchen." Der tat am meisten weh, vermutlich tiefer als die anderen, sie wusste es nicht. Einen Moment lang betrachtete sie ihr Werk. Fragte sich, ob sie nicht auch einen Schnitt auf den rechten Arm hätte setzen sollen, aber nein. Es war schon okay so. Das konnten die nächsten...
Leicht schüttelte sie den Kopf über sich selbst. So sollte sie nicht denken. Das wusste sie. In der Theorie.
Vorsichtig legte sie das Messer beiseite, machte das kalte Wasser am Waschbecken an, in welchem sich bereits dicke Bluttropfen gesammelt hatten und hielt ihren Arm nun unter den kalten Strahl. Sie beobachtete wie das Wasser, welche sihren Arm umfließ, orange wurde, ehe es anschließend im Abschluss verschwand und wie es ihren Arm dabei säuberte. Die Schnitte waren etwas breiter als damals. Das musste daran liegen, dass sie jetzt ein Messer verwendet hatte. Sie fragte sich ob sie nicht - vor allem der eine - genäht werden mussten. In der Klinik in der sie damals gewesen war, hatte das öfters gemacht werden müssen. Aber sie enschied sich dagegen. Sie hatte nie gelernt sich selbst zu nähen (auch wenn sie glaubte, es velleicht hinzukriegen), aber sicher war das nicht nötig. Sie holte sich aus ihrem Medikamentenschrank eine Salbe für die Wundheilung und die Entzündungen vorbeugen sollte und verteilte sie großzügig auf den Stellen. Es brannte wie die Hölle. Es folgte ein komplettes großes Pflaster, welches sie sich gar nicht in Form schneiden musste - so wie es war, passte es von der Größe, und begann dann, sich ihren Arm sicher zu verbinden. Sie spürte ihre Schnitte pochen, was sie beruhigte und zum Lächeln brachte. Sie waren tief, es hatte geschmerzt, es hatte geblutet. Sie hatte es nicht verlernt.
Sie wusste, dass das nicht gut war. Aber das spielte grade keine Rolle.
Sie kehrte in die Küche zurück um das Messer zu säubern, hob ihre Jacke vom Boden auf und legte sie stattdessen über die Lehne ihrer Couch. Dann machte sie sich endlich bettfertig, legte sich hin und trotz allem was geschehen war, brauchte es nicht lange, bis sie ruhig eingeschlafen war - begleitet von dem Pochen unter dem Verband, welchen sie mit den Fingern ihrer anderen Hand leicht gestreichelt hatte...

Die nächste Bandprobe hatten sie am Dienstagabend. Anders als andere Bands hatten sie keine festen Proben. Die einzige Bedingung bei ihnen war 'mindestens einmal die Woche', aber meist versuchten sie es öfter hinzukriegen. Und meiset waren sie auch rech spontan in ihrer Gruppe ausgemacht, was daran lag, dass Sylvia als Krankenschwester oft auch mal Nachtschichten oder Spätschichten schob, Dawn als Feuerwehrfrau ebenfalls oft Bereitschaft hatte und es bei Quentin je nachdem wann er kellnern musste ebenfalls flexibel war. Bei ihrem vierten im Bunde - Milo - sah es nicht großartig anders aus, dementsprechend war das immer sehr spontan. So wie eigentlich alles in ihrer Band. Lieder machten sie entweder alle gemeinsam wenn sie sich mal an einem Wochenende trafen, oder einer von ihnen hatte einen mega Einfall gehabt, brachte ihn mit und sie begannen gemeinsam daran rumzubasteln. Mal spielten sie Country und Pop, mal Rock, mal was ganz anderes - je nachdem wer sich heute durchsetzte und worauf sie grade Bock hatten. Sie verstanden sich alle soweit gut, waren was die Musik anging alle auf einer Wellenlänge und konnte was das anging echt gut zusammenarbeiten. Das Private blieb dabei... oft auf der Strecke. Eine Tatsache, die Sylvia bis zu dem Vorfall letzter Woche - es war übrigens ein Freitag bzw. Samstag gewesen - gar nicht realisiert hatte.
Sie hatte sich geschworen, Quentin zu helfen. Doch am Wochenende hatte sie arbeiten müssen, hatte keine Zeit gefunden, und nicht die Muße. Und als sie abends ins Bett gegangen war, hatte sie ihr schlechtes Gewissen mit je einem weiteren Schnitt beruhigt. Fast wie eine Strichliste. Die anderen drei bluteten nicht mehr, waren verkrustet. Und ja, die neuen hatte sie nun tatsächlich auf ihrem rechten Arm platziert, auch wenn es mit links schon immer schwieriger gewesen war. Sie waren etwas krumm geworden, nicht so grade, aber es war okay.
Das Problem war, es zu verstecken. Schon auf der Arbeit war sie damit konfrontiert gewesen - die Krankenschwestern trugen dort kurzärmlige Kleidung. An dem einen Arm hatte sie einfach den Verband gelassen mit der Erklärung, dass sie bei einem kleinen Teekesseldesaster sich dort mit heißem Wasser übel verbrüht hatte und über die anderen am rechten (die sie extra dicht nebeneinander machte, kaufte sie sich extra ein Schweißband, um es darüber zu schieben.
Auch heut Vormittag hatte sie Dienst gehabt. Jetzt war gleich die Bandprobe und Sylvia hatte sich fest vorgenommen, heute endlich einen passenden Augeblick abzuwarten, um Quentin anzusprechen. Ihm Hilfe anzubieten. Den Verband brauchte sie eigentlich nicht mehr, dennoch ließ sie ihn dran. Vorsichtshalber. Falls der Ärmel ihrer schwarzen Lederjacke, die sie trug, verrutschen sollte. Das Schweißband deponierte sie rechts an ihrem Unterarm selbstverständlich auch wieder über den Schnitten. Vielleicht sollte sie sich wirklich andere Körperregionen überlegen... aber an den Armen war sie es einfach gewohnt..
Beunruhigend, wie sehr diese alten, schon lange vergangenen Taten einem doch noch hängenblieben. Als würden sie nur darauf warten, wieder abgerufen, wieder gebraucht zu werden. Mittlerweile glaubte Sylvia, es schon immer tief in sich gewusst zu haben. Dass sie eines Tages wieder damit anfangen würde. Und sie wusste aktuell wirklich nicht, ob sie es gut oder schlecht finden sollte. Aber für den Moment erfreute sie sich einfach daran, ihr Bewältigungsmittel von damals wieder zu haben. Es tat einfach so unendlich gut...
Sie war die erste bei der Probe in dem Musikraum, in dem sie immer probten. Dieser Raum war groß, schallgeschützt und besaß alles, was man für ne Band brauchte. Der Raum gehörte Sylvias Dad, der ein berühmter Dirigent und Orchesterleiter war und mit seinen Orchestern ganze Welttourneen machte. Er kam ursprünglich aus Italien und hatte hier in seiner Kindheit wohl auch oft geprobt mit verschiedensten Leuten an verschiedensten Instrumenten und was nicht alles. Als er von Sylvia erfahren hatte, dass sie hier - gemeinsam mit Dawn, die zu ihrer besten Freundin geworden war - eine Band gründete, hatte er sofort hieran gedacht, es gekauft und ihnen zur Verfügung gestellt. Sylvia war ihm unendlich dankbar dafür, nach wie vor.
Es war perfekt für ihre flexiblen Zeiten.
Heute war es besonders warm in Rom. Sylvia hatte grade mal für ein bisschen Ordnung im Raum gesorgt und die ersten Bestandteile von Quentins Schlagzeug angefangen aufzubauen, da lief ihr schon der Schweiß am Nacken hinunter zwischen den Schulterblättern hindurch auf den Rücken. Beim Musikmachen wurde ihr immer nochmal wärmer. Das hatte keinen Zweck. Mit einem Seufzen zog sie ihre schwarze Lederjacke aus, was ihre Arme offenbarte. Der eine mit dem Verband, der andere mit dem Schweißband, welches sie sonst nie trug. Und welches man sicherlich normalerweise auch nicht so weit oben am Arm trug.
Als sie sich umdrehte, konnte sie Quentin in der Tür stehen sehen. "Hey! Hi!", lächelte sie ihn an und begrüßte ihn mit Umarmung. "Ich bin schon dabei dein Schlagzeug aufzubauen, mach in Ruhe." Sie waren noch ne gute Viertelstunde zu früh zur verabredeten Zeit und Dawn verspätete sich auch gerne manchmal. Das hieß sie hatten Zeit. Obwohl sie sich für das entscheidende Gespräch wohl lieber nach der Probe entscheiden würde. Wenn die anderen beiden dann gegangen waren. Mal sehen...
Auf jeden fall war sie entschlossen, es nicht schon wieder einen Tag zu verzögern! Auf gar keinen Fall. Sie würde für ihn da sein, mit 110 %. Das hatte sie sich und ihm versprochen. Und ihre Verletzungen waren die Zeugen.

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Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 12.09.2021 01:14

Der Heimweg hatte sich am Ende etwas schwieriger gestaltet als erwartet. Das Rauchen setzte mir noch zusätzlich zu und i dieser Situation bekam ich so schon nicht gut Luft und mein Körper wollte nicht so wie ich – meine Muskeln arbeiteten nicht wie früher.
Mein Brust war immer noch verkrampft, mein Magen hatte sich mir umgekehrt und auch meine Kehle war noch verschnürt, doch die Entscheidung, endlich zu gehen, tat mir gut – auch wenn die Gründe dafür für weiteres Bauchweh sorgten – und ich merkte, wie ich mich etwas entspannen konnte. Noch immer waren mir die Nackenhaare aufgestellt, weiterhin fühlte ich mich auf Schritt und Tritt beobachtet und hatte Angst, dass Sylvia sich auf einmal umdrehen und unangenehme Fragen stellen könnte – dass sie etwas ahnte. Doch...das war unmöglich...hoffte ich jedenfalls inständig. Allerdings wirkte sie viel zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, in sich gekehrt und tief in eine andere Welt versunken, die ich mir nicht einmal vorstellen konnte.
Die Rückfahrt war entsprechend unangenehm. Ich war angespannt, auch wenn wir uns von der Polizei entfernten, ich endlich nach Hause kam...Doch...ich kam eben auch wieder nach Hause. Ich würde allein mit mir und meinen Gedanken sein, all die Erinnerungen würden wieder aufkommen und meine Konzentration für meine Umgebung und die anderen Menschen um mich herum würde wieder schwinden – die Kopfschmerzen würden wieder die Kontrolle übernehmen und mich steuern, manipulieren, denn er würde wieder über Hunger klagen, während ich ihn förmlich wachsen spüren konnte.
Wie aufs Stichwort zuckte in diesen Moment ein spitzer Schmerz durch meinen Kopf, direkt hinter der Stirn. Als wüsste er was ich dachte – und reagierte darauf. Als Zeichen...Ja, er war da und er wusste, dass ich an ihn dachte, mich vor ihm fürchtete...
Ich schluckte und zog scharf Luft ein. Ich hatte gar nicht bekommen, dass ich vor Pochen in meinem Kopf gar nicht mehr richtig geatmet hatte. Der Sauerstoff, der auf einmal wieder meine Lungen füllte, tat gut – mein Körper hatte ihn schon schmerzlich vermisst.
Und deshalb kostete der Rückweg mehr Anstrengung als der Hinweg. Ich brauchte immer wieder Pausen und musste kurz stehen bleiben, tief durchatmen und meine Muskeln entspannen, indem ich mich schüttelte; immer wieder verkrampften sie und ich konnte das entsprechende Körperteil nicht mehr richtig bewegen, es wollte mir einfach nicht mehr gehorchen, die Muskeln schmerzten. Sylvia hatte dafür Verständnis – jedenfalls wirkte es so. Vermutlich lag es aber auch zu einem Teil daran, dass sie selbst sehr nachdenklich war und die Pausen ihr Zeit geben konnten, sich nicht auf Umwelt und ihren Kopf gleichzeitig konzentrieren zu müssen. In all dem, was ich innerlich durchmachte, sollte ich nicht vergessen, dass es hier eigentlich um sie ging...wir waren nur aus einem Grund überhaupt zur Polizei gegangen: Sie hatte eine Leiche gefunden und hatte es gemeldet. Sicher...es war die Leiche, die ich...Aber...aber...
Egal...
„Danke", sagte ich schließlich, als wir endlich meine Haustür erreicht hatten. Dass sie noch mit hochgekommen war. Zwischendurch hatte ich Angst, ich hätte die Treppe wieder herunterfallen können. Alles drehte sich ein wenig. „Kein Problem", fügte ich schließlich hinzu. Wirklich nicht. So schmerzlich es auch gewesen war, ich hätte sie ungern allein gehen lassen. Auch ich lächelte sie an, ehe sie sich umwandte. Ich sah ihr noch einen Moment nach bis sie die zweite Treppe abbog und sie außer Sicht war. Dann schloss ich auf und trat ein. Ein muffiger Geruch schlug mir entgegen – er hatte etwas von Schimmel und Verwesung. Vielleicht täuschten mich meine Sinne mittlerweile auch ein wenig, doch ich empfand es als passend, denn in letzter Zeit strahlte ich vermutlich auch kaum etwas anderes aus – ein dahinsiechen, sich langsam aufzulösen, absterben...verwesen.

Ich zuckte leicht zusammen, als die Tür ins Schloss gefallen war, ehe ich den Kopf über meine eigene Sensibilität schüttelte. Und noch immer pochte es hinter meiner Stirn. Ich hatte keine Kraft mehr und wollte nur noch in Bett, doch ich wusste, was mich ereilen würde, sobald ich die Augen schloss – ich würde sie wieder vor mir sehen und ich würde es nicht aufhalten können. In meinen Träumen würde sie sicher noch lange zu mir kommen und ich war ihrem Hass und ihrem Elend ausgeliefert – wieso sollte ich das auch nicht? Ich hatte es ja auch verursacht...Ich schluckte wieder. Mein Hals war trocken, meine Kehle dicht. Ich musste erst einmal etwas trinken, doch der frische Schluck Wasser konnte auch nicht viel ändern. Wie ein Tiger im Käfig kreiste ich schließlich um mein Bett – ich wich ihm aus, wollte mich nicht hineinlegen, auch wenn ich doch so müde war...Aber ich...ich konnte nicht atmen. Immer wieder ging ich auf und ab. Mir war ganz schwindelig und dieser Kopfschmerz. Ich stolperte auf dem Teppich und verlor schließlich das Gleichgewicht. Doch ich bekam schon nichts mehr davon mit – mir war schwarz vor Augen geworden und spürte nichts mehr. Noch bevor der Körper dumpf auf dem Boden aufschlug, war alles verschwunden. Ein leeres, schwarzes Nichts.

In den nächsten Tagen hatte ich noch immer ein wenig mit mir zu kämpfen. Es war mein erster Blackout gewesen, doch ich wusste, dass so etwas bei einem Gehirntumor keine Seltenheit war – das hatte mir der Arzt erklärt und es klang am Ende auch sehr logisch. Wenn dort etwas im Kopf wuchs und das gesunde Gewebe verdrängte und zerstörte, musste es irgendwann unweigerlich zu Ausfällen und Problemen kommen, nicht? Nun lebte ich mit einer gewissen Angst, dass es mir jederzeit wieder passieren konnte – wenn ich im Restaurant war und einfach vor einem Kunden zusammenbrach...was wäre dann? Das ging gar nicht! Am ersten Tag hatte ich deshalb mit dem Gedanken gespielt, einmal nicht zur Arbeit zu gehen, doch schließlich war ich doch dort aufgekreuzt – denn es stellte die beste Ablenkung dar, die ich momentan kriegen konnte. Zerstreuung, das war es, was ich mir in letzter Zeit am meisten wünschte – und ich hatte immer noch die Hoffnung, dass es mir dabei helfen konnte, das Leiden immer etwas weiter beiseite zu schieben. Bisher ohne Erfolg, doch je mehr ich mich zerstreute...Wenn ich mich mit anderen Dingen beschäftigte, konnte ich doch wohl nicht nur vom Schmerz geleitet werden, nicht? Das hoffte ich zumindest.
Und aus demselben Grund ließ ich auch die Bandproben nicht sausen, auch wenn mir die Musik und die Stunden, die wir zusammensaßen, gar nicht so gut taten, wie ich es hoffte – es war sehr anstrengend für meinen Kopf. Und doch war es so gut. Immerhin liebte ich Musik!
So hatte ich mich auch an diesem heißen Tag auf die Straße gewagt. Die Menschen waren in ihre lockerste und kürzeste Kleidung gewandt – und ich fing mir einige seltsame Blicke ein. Das wunderte mich nicht, denn ich trug eine Jeans und einen Pullover mit einer dünnen Jacke – denn ich fror mittlerweile recht schnell.
„Hey", sagte ich mit kratziger Stimme, als ich mich an den Türrahmen unseres Probenraums gelehnt hatte. Scheinbar war ich erst der zweite, der hergekommen war. „Alles gut." Ich baute zwar sehr gern selbst auf, doch Sylvia wirkte seit unserer ereignisreichen Nacht verändert. Schon auf dem Weg war sie seltsam gewesen, an dieser Stelle aber vermutlich sehr viel eher der Umstände geschuldet, wie ich gedacht hatte.
Ich trat zu ihr. „Lass mich da doch...", begann ich und runzelte die Stirn mit einem Blick auf ihre Arme, dann räusperte ich mich, schüttelte ganz leicht den Kopf. Ich wusste, dass ich sie vielleicht darauf ansprechen sollte, doch auf der anderen Seite. „Ich...lass mich doch helfen." Ich hatte meine Probleme, wenn auch keinesfalls behindert oder eingeschränkt. Und erst recht wollte ich es niemanden wissen lassen, dass ich gewisse Schwierigkeiten und Einschränkungen hatte.

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 13.09.2021 18:21

Sylvia gab sich alle Mühe, sich wie immer zu geben - auch wenn natürlich absolut nichts wie immer war. Das wusste sie. Das Schweißband, unter welchem ihre verkrusteten Verletzungen juckten, erinnerten sie daran, ebenso der feste Verband, welchen sie nach wie vor trug. Und - selbstverständlich, das enorme Schuldbewusstsein, welches sie beim Anblick von Quentin sofort wieder einholte. Allein schon die Tatsache seiner warmen Kleidung, trotz des ungewöhnlich heißen Tages, selbst für Rom-Verhältnisse. Wie hatte sie all die eindeutigen Anzeichen dafür nur so lange übersehen können? Wie hatte sie ihm eine solch miserable Freundin sein können? Sie dachte sie kenne ihre Bandkollegen, sie dachte, sie alle seien immer füreinander da, doch jetzt wurde ihr gewahr...
... dass dem ganz und gar nicht so war.
Noch nicht einmal im Ansatz.
Aber trotzdem: sie musste so wie immer sein! Fröhlich, freundlich, unbesorgt, zuvorkommend. Das Gespräch, welches sie mit Quentin führte - das Gespräch, dass sie ihm beistehen und für ihn da sein und ihm so gut sie konnte helfen würde, das würde kommen. Nach der Probe. Niemand sollte etwas mitbekommen.
Als er anbot zu helfen, schüttelte Sylvia rasch den Kopf, winkte ab und lächelte Quentin an. Sie erwartete halb schon die Nachfragen. Nachfragen bezüglich des Verbandes, Nachfragen bezüglich des Schweißbandes. Sie würden kommen, oder? Früher oder später. Und sie hatte ihre Antworten bereit. Allerdings... ob man ihr die auch abkaufen würde... naja, egal. Ihre Kollegen im Krankenhaus hatten Gott sei Dank nicht weiter nachgefragt (wobei Sylvia die ehrliche Angst hatte, dass das nicht mehr lange auf sich warten lassen würde und sie fürchtete auch die Konsequenzen) und sie hoffte einfach, dass sie hier somit auch dadurch kommen würde. Ihr ging es gut! Es war ja nichts großes, nicht wie damals es war nur...
... es tat eben einfach gut... Und außerdem hatte sie es im Augenblick nicht anders verdient.
"Hey, ich bin doch fast fertig, mach dir keine Mühe.", lächelte sie also, während sie an Quentin vorbeiging und die Becken holte, um diese noch zum Schlagzeug aufzustellen. Und sich gleichzeitig bemühte, ihre enorme Müdigkeit beiseite zu schieben. In letzter Zeit schlief sie alles andere als gut. Oder durch. Sie träumte von dem Mädchen. Von dem toten Mädchen. Die Polizei hatte sie nicht nochmal kontaktiert. Ob sie schon irgendwelche Hinweise gefunden hatten? "Ist denn alles okay bei dir?", fragte sie und sah auf, um ihm bei seiner Antwort in die Augen schauen zu können, während sie gleichzeitig die Becken festdrehte. Sie wollte wissen, wie er sich bei der Frage verhielt, obwohl sie praktisch schon vor sich sehen konnte, wie er versuchen würde dieser Frage auszuweichen. Aber nein, das hatte sie lange genug hingenommen. Nach der Probe...
...nach der Probe würde sie ihm endlich eine Freundin sein.. eine richtige Freundin.
Fast spürte sie den Schnitt, der Quentin gegolten hatte unter dem Verband pochen und das verursachte ein kurzes kleines Lächeln, das auf ihren Lippen zuckte. Ja. Sie würden das schon hinbekommen.

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Antworten Zuletzt bearbeitet am 25.10.2021 22:50.

Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 23.10.2021 16:21

Ich musterte sie. Ihre Bewegungen wirkten seltsam steif und ungelenk. Vielleicht lag es nur an mir, doch sie wirkte unglaublich erschöpft – doch nicht in einem Sinne, dass sie müde war, sondern etwas anderes schien sie zu schaffen. Ich hatte keine Idee, was es sein könnte, doch es ging vermutlich noch bis auf unseren gemeinsamen Abend bei der Polizei zurück. Der Gedanke versetzte mir einen Stich und ich schluckte leicht. Zu realisieren, was dieser Abend für unser beider Leben bedeutet hatte, traf mich immer wieder wie ein Schlag – und ich dachte am besten nicht darüber nach. Schon genug waren meine ansonsten schwarzen und traumlosen Nächte von spontan aufflackernden Bildern dieser Nacht erfüllt.
Seitdem war es nicht wieder passiert. Zu sehr ekelte ich mich davor. Und immer wieder dieses Bild in meinem Kopf. So gut ich mich danach auch gefühlt hatte – und so furchtbare Schmerzen ich nun auch litt, dass ich das Gefühl hatte, es würde mir in besonders schlimmen Phasen den Schädel sprengen, ich wollte es nicht...auch wenn das ein Teil von mir anders sehen mochte. Im Moment ging es mir, was die Schmerzen anbelangte, zumindest nicht allzu schlecht – das war auch der Grund, aus dem ich heute hatte herkommen wollen.
„Aber...", protestierte ich schließlich, als sie meine Hilfe ausschlug. Ich konnte ja nicht nur hier stehen und ihr dabei zuschauen, nicht? Im Grunde hatte ich es ohnehin lieber, das Schlagzeug für mich selbst aufzubauen – doch am Ende hatte sie wohl recht, sie war tatsächlich fast fertig damit. „Okay." Unschlüssig stand ich nun bei ihr. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich sonst helfen könnte – immerhin schien alles bereits vorbereitet, wen vielleicht auch nicht alles durch ihre Hand.
Leicht abwesend beobachtend, wie sie die Becken befestigte, hob ich erst bei ihrer Frage wieder den Blick. „Ja, natürlich", erklärte ich und nickte bekräftigend, doch wie das Schicksal herausgefordert, überkam mich in dem Moment ein rauer Hustenanfall. Er war von kurzer Dauer, doch er schüttelte mich ordentlich durch und ich musste tief durchatmen, um wieder zu Kräften zu kommen. Schließlich war mein Hals noch sehr rau. Auch ein Räuspern konnte daran kaum etwas ändern. Mein Hals fühlte sich wund an und ich hatte auch etwas Mageninhalt aufgestoßen...
Noch immer etwas zitternd trat ich deshalb an den Wasserhahn und ließ mir etwas Wasser in ein Glas ein, trank es dann in großen Schlucken. Nachdenklich stand ich schließlich an die schmale Zeile gelehnt und sah noch einmal zu ihr, dann wandte ich mich um und füllte Wasser in die Kaffeemaschine. Vermutlich war es nicht die beste Idee, nun Kaffee zu trinken, doch er sorgte bei mir für ein gutes Gefühl und schmeckte auf seine Weise gut – und natürlich hatte er auch etwas vitalisierendes, ob gesund oder nicht. Doch was war heute schon noch wirklich gesund? Und am Ende waren die Themen Gesundheit und angemessene Lebensweise für mich doch eh mittlerweile lange vom Tisch, nicht? Immerhin hatte man eine Heilung ausgeschlossen – dann wollte ich wenigstens auch noch so leben wie es mir gefiel. Und das Blubbern der Maschine und der Geruch nach Kaffee, der sich nach nicht einmal allzu langer Zeit im Raum verbreitete, trugen ihren Teil zu diesem Wohlempfinden bei. „Ich hoffe, das ist okay?", fragte ich schließlich nach, in diesem Moment vermutlich schon etwas zu spät. Doch ich fand, dass Kaffee nicht schaden konnte. Man musste ihn ja nicht trinken.
Dann wurde es wieder still.
Schließlich räusperte ich mich noch einmal. „Wie...", setzte ich. „Wie geht es dir denn? Hat sich die Polizei noch einmal gemeldet?" Und wenn...was hatten sie gesagt? Doch diesen Teil meiner Frage ließ ich nur in der Luft zwischen uns schweben, ohne ihn auszusprechen. Vermutlich war es ohnehin klar, dass es auf so etwas hinauslaufen würde, oder nicht? ich sah auf das Glas, das ich wieder in die Hand genommen hatte. Die seltsame Mode an ihrem Arm war mir aufgefallen, doch etwas sagte mir, dass es sich nicht lohnen würde, sie darauf anzusprechen – ich würde keine zufriedenstellende Antwort bekommen. Auf der anderen Seite kam es mir auch bekannt vor, auch wenn es ich es früher anders angestellt hatte – ich mochte mich vielleicht täuschen, doch mein Gefühl sagte mir, dass die Themen miteinander verwandt sein könnten.
Doch schließlich beließ es einfach dabei. Meine Blicke waren ihr sicher nicht entgangen und ich wollte sie nicht noch nervöser machen; ich ließ meinen Blick nur selbst kurz über meine Unterarme schweifen. „Wie war dein Wochenende?", wollte ich deshalb bemüht locker wissen und wusste, wie lächerlich diese ganze Situation war. Ich beteuerte, wie gut es mir ging, kreuzte hier allerdings bei spätsommerlicher Wärme bis zum Stehkragen eingepackt auf, hustete mir im nächsten Moment die Seele aus dem Leib, übergab mich dabei fast. Sie hatte sich eindeutig selbst verletzt, denn die seltsame Schüchternheit in ihrem Blick, wann immer ihr Arm auf Aufmerksamkeit traf und die Tatsache, wie sie sich bemühte, ihn zu verstecken und es damit nur noch immer auffälliger machte, kannte ich aus meiner Jugend zur Genüge...ich hatte jemanden auf dem Gewissen, den sie gefunden und der Polizei gemeldet hatte – mit mir an ihrer Seite. Und nun...probten wir für unsere Band und ich wollte mich locker über ihr Wochenende erkundigen.
Auf das Piepen der Kaffeemaschine hin, schaltete ich sie aus, nahm die Kanne und ergoss ihren schwarzen Inhalt sofort in eine Tasse, die ich mir bereits bereitgestellt hatte. Und es lieferte mir einen Grund, nicht mehr ständig auf ihren Arm zu sehen und es gab mir etwas zu tun in der seltsamen Stille, in der ich nichts machen konnte, aber wollte.

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 25.10.2021 23:03

Wie erwartet ließ der Protest nicht lange auf sich warten. Sylvia warf ihm nur einen strengen freundschaftlichen Blick zu und sie konnte sehen, wie seine aktionsbereite Haltung augenblicklich wieder in sich zusammenfiel. Gut so. Sie wusste, selbst kranke Menschen sollte man nicht bevormunden und das was sie konnten durften und sollten sie sogar gerne tun. Aber seinem Körper etwas Ruhe zu gönnen, schadete auch nicht. Ganz und gar nicht. Erst recht in Quentins Fall. Sie sah doch seine blasse Haut, seine zitternden Finger, die Mattigkeit in seinen glasigen Augen, das eingefallene Gesicht. Sie sah es. Nein. Ein Schlagzeug war alles andere als ein leichtes Instrument - vermutlich so mit das schwerste was es gab - und dass sie ihm so zumindest ein wenig seiner Last abnehmen konnte (auch wenn er das ganz offensichtlich nicht wollte, erst recht wo er sich doch so viel Mühe gab, seinen Zustand zu verbergen) - dann war sie froh darüber.
Kurz darauf hatte sie also auch die Becken angebracht, während sie begann sich nebenbei über Quentins Gesundheitsstatus zu informieren. Einfach mal sehen was er sagte. Und was folgte, war eine Lüge. Sylvia hätte sie auch ohne den erschekend heftigen Hustenanfall erkannt, der ihn gleich nach seinen Worten überfiel. Hätte Sylvia gerade nicht noch das schwere Becken in der einen und die Schaube in der anderen Hand, wäre sie sofort zu ihm geeilt. So jedoch drehte sie zunächst einmal die Klemme fest, vergewisserte sich, dass sie auch wirklich fest saß und eilte dann auch schon zu Quentin am Waschbecken hinüber. Sie blickte sich kurz um. Nein, die anderen waren nicht da. Und Sylvia konnte die Sorge, die sie sich machte, weder aus ihrem Blick, noch aus ihrer Stimme verdrängen. Obwohl sie noch alleine waren, sprach sie leide. Sie respektierte seine Privatsphäre und falls die anderen plötzlich reinkommen sollten, wollte sie nicht die Schuldige sein, dass die etwas aufschnappten. "Quentin... ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich weiß, dass es dir alles andere als gut geht."
Besorgt beobachtete sie, wie er zur Kaffeemaschine wanderte. Sie ließ ihn. "Klar", antwortete sie und nickte. Sie fühlte sich dermaßen erschöpft. Dermaßen ausgelaugt. Sie hatte das Gefühl, einfach jetzt die Augen zu schließen würde ausreichen um einfach auf der Stelle einzuschlafen und gleichzeitig wusste sie, dass sie keine Minute wüde schlafen können. Fuck, wie sie das hasste.
Dann kam die Gegenfrage. Fast beschlich sie ein schlechtes Gewissen. Sie sprach jetzt dieselbe Lüge aus, wie Quentin zuvor. Aber nein - es war was anderes. Ihm ging es schlecht als ihr. Viel, viel, viel schlechter. Mit ihr war doch alles in Ordnung! Sie hatte doch keinen Grund sich zu beklagen. Sie war einfach nur beschissen in letzter Zeit, das war alles. "Mir geht es gut. Keine Sorge", sagte sie also und setzte ein leichtes beruhigendes Lächeln auf. Bei seiner Nachfrage machte ihr Herz einen kurzen panischen Satz. Und für einen Moment flackerte das Bild des toten Mädchens ungeheuer real vor ihrem Augen auf. Verdammt. Sie hasste es... "Ähm... nein. Nein, haben sie nicht.", antwortete sie ihm dann und schüttelte leicht den Kopf. Sie zuckte mit den Schultern. "Wird vermutlich noch kommen, denk ich." Spätestens wenn sie ihre Aussage wiederholen musste - entweder für die Ermittlungen oder für eine Aussage vor Gericht. Oder was auch immer. Der Gedanke den Eltern des toten Mädchens zu begegnen... ihr Magen drehte sich um. Ihr Blick flog zur Kaffeemaschine. Verdammt die sollte sich beeilen. Sie brauchte etwas zu tun. Irgendwas.
Wie war dein Wochenende? Fast ein wenig ungläubig wandte sie ihm ihren Blick zu. War die Frage sein ernst? Nach ein, zwei oder drei Sekunden hatte sie sich aber schon wieder gefangen. Sie zuckte mit den Schultern. "Ich habs überlebt. Und war arbeiten, das war eine ganz gute Ablenkung." Und von allem anderen brauchte er nicht zu wissen. Als hätte ihr Körper die Gedanken gehört, begannen ihre Wunden unter dem Verband und dem Schweißband zu jucken und es kostete sie viel Willenskraft, sich nicht zu kratzen. Das Risiko, dass Quentin etwas sehen oder bemerken könnte, war zu hoch.
Im gleichen Moment wo die Kaffeemaschine ansprang, ging die Tür auf und Dawn und Milo kamen herein. "Schenkst du mir bitte auch einen ein?", bat sie Quentin locker und ging dann auf die beiden anderen zu, um sie mit einer Umarmung zu begrüßen und sich ihre schuldbewussten Gedanken wegen der Arme nicht anmerken zu lassen.
Jetzt konnte gleich ihre Probe anfangen.
Und dann würden sie weitersehen...

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Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 24.12.2021 17:15

Eigentlich hatte ich ihr widersprechen wollen. Immerhin wollte ich ja etwas tun. Mochte das hier alles anstrengend und schwierig sein – vor allem in meiner Verfassung –, doch ich hatte das Gefühl, als fiele mir die Decke auf den Kopf, wenn ich mich zu sehr schonte. Ich konnte das nicht...Wie sehr forderte es sich mein Körper ein, zu Hause zu bleiben, auf der Couch; einfach ruhen und fernsehen und nichts tun, dich das konnte ich nicht lange. Ich bekam schnell einen Koller, wenn ich das auch nur versuchte. Und gerade aus dem Grund hatte ich das Gefühl, dass alles noch viel schlimmer wurde, je länger ich mich ausruhte und es langsam angehen wollte. Zum einen wollte und konnte mein Körper viele Dinge nicht, sicher, und n diese Grenzen stieß ich deshalb auch öfter, doch die Dinge, die ich konnte, musste ich einfach tun, damit es nicht noch mehr einschlief. Bei vielen Dingen in meinem Leben fühlte es sich bereits so an, als seien sie mir abhanden gekommen, weil ich sie nicht mehr leisten konnte – und als hätte ich damit einen wichtigen Teil meiner selbst und meiner eigenen Persönlichkeit verloren.
Doch ihr Blick war niederschmetternd und nachdem ich den Mund bereits geöffnet hatte, um etwas zu erwidern und zu protestieren, schloss ich ihn nun wieder, seufzte leicht und wandte den Blick für einen Moment ab. Ich konnte ihr nicht erklären, warum es mir so wichtig war, etwas zu tun und zu leisten von den Dingen, die früher selbstverständlich für mich und alle anderen um mich herum gewesen waren – nicht ohne zu viel von dem zu verraten, was ja gerade niemand wissen sollte. Aber bei ihr schien es ohnehin keinen allzu großen Unterschied mehr zu machen. Zum einen war sie Krankenschwester – ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie viel sie bereits aus mir und meinem Verhalten lesen konnte, wenn sie mich nur ansah, geschweige denn was sie erfuhr, wenn sie mich in meinem Alltag und meinem Leben beobachtete...so wie es in dieser Nacht getan hatte, als wir zur Polizei gegangen waren. Der Weg durch die Stadt war mir so schwer gefallen und die Verhältnisse, in denen ich lebte...
Doch ich ermahnte mich selbst, schüttelte leicht den Kopf. Meine Gedanken drehten sich in letzter Zeit nur noch um diese eine Sache...der Mord, aber auch um mich...weshalb ich es getan hatte und wie gern ich wieder...
Mein Blick fiel auf meine aschfahlen Hände, während sie mit mir sprach, ehe ich sie wieder ins Auge fasste. Natürlich log ich. Wie konnte ich ihr ins Gesicht sagen wie es mir ging. Das schlimmste sah sie doch sowieso – sollte sie sich ihren Teil denken, ich wollte nichts sagen, ich wollte sie nicht bewusst anlügen, nur verschweigen wie die Dinge wirklich standen. Doch das Universum sollte mich der kleinen Sünde sofort bestrafen – denn nichts an diesem Hustenanfall war noch normal und konnte als sehr gesund gelten. Ich hatte nur Glück, dass es schnell vorbei war – das eine oder andere Mal zu Hause hatte es mich auch schon so erwischt, dass ich mich auf dem Boden gekrümmt und nach Luft gerungen hatte, weil ich zwischen dem heftigen Schütteln durch das Husten nicht genug Sauerstoff bekommen hatte. Sternchen hatte ich schon gesehen und die Welt war verschwommen gewesen, ein Wirbel aus Farben vor meinen Augen... Doch ausnahmsweise hatte ich auch mal Glück – nur ein kurzes Anzeichen dafür, dass ich die vermutlich einzige Person belog, die mir etwas bedeutete und die ich als so etwas wie eine Freundin bezeichnen würde. Auch wenn das vermutlich nur von meiner Seite aus kam, da war ich mir ziemlich sicher. Doch auch darüber wollte ich in diesem Moment nicht nachdenken. Schon gar nicht, weil sie bei mir stand. Ich konnte sie nicht ansehen, nicht einmal von der Seite her, stattdessen starrte ich auf das Glas in meiner Hand, die damit noch immer über den Waschbecken schwebte. „Doch", presste ich schließlich hervor. „Ich habe mich nur verschluckt und bin etwas erkältet, muss mir etwas eingefangen haben." Ich wusste, dass das glatt weg gelogen war, sie wusste es auch, doch ich hatte auch nicht unbedingt sehr überzeugend geklungen – ich hatte keine Kraft dazu in diesem Moment. Aber noch weniger hatte ich Energie für die Wahrheit, die ich sonst vermitteln müsste. Nicht hier, nicht jetzt und nicht heute, nicht in nächster Zeit, am besten nie. Ich würde mich auch nach meinem Tod nicht beklagen, dass niemand zur Beerdigung kam, weil sie es nicht wussten.
Doch diese Stille war nicht auszuhalten. So holte ich selbst zum Schlag aus – und stellte ihr die gleiche Frage. Denn immerhin wirkte auch sie in letzter Zeit alles andere als ordentlich auf dem Damm. Gut, für uns beide galt dabei zwar sicherlich, dass dem niemals so war, also nicht so richtig, es uns nie richtig gut ging, doch auf jeden Fall sehr viel besser als jetzt, in diesem Moment. Und natürlich log auch sie. Aber keiner von uns konnte das offen aussprechen, denn dann müsste er zugeben, dass es ihm selbst auch nicht gut ging – also schwiegen wir das Thema wohl eher tot. Gut, schweigen konnte ich – vor allem, wenn es um meinen eigenen Gesundheitszustand ging! Es wurde sogar noch besser, als sie zugab, dass die Polizei sich noch nicht wieder bei ihr gemeldet hatte – ein Stein fiel mir vom Herzen, auch wenn ich wusste, dass genau dieses Denken eigentlich falsch war. Immerhin konnten weder das Mädchen, das ich auf dem Gewissen hatte, noch Sylvia etwas dafür. Beide hatten sie es verdient, dass der Schuldige gefunden wurde...wenn es andersherum nur nicht bedeuten würde, dass ich vor Gericht gestellt wurde, weil sie mich überführt hatten.
Einen Augenblick später schüttelte ich wieder leicht den Kopf. Meine Handflächen schwitzten und mein Herz raste, der Puls rauschte mir in den Ohren. Panik stieg leise und doch schauerlich stark in mir auf. Nein, ich wollte nicht ins Gefängnis. Lieber sollte dieser Mord niemals aufgeklärt werden, als dass ich verhaftet wurde...und so falsch dieser Gedanke war, es drehte mir den Magen um. Ich brauchte Abstand und trat von ihr weg zur Kaffeemaschine – die beste Idee, die ich gerade hatte, um aus diesem Moment herauszukommen. Und auch thematisch griff ich nach dem erstbesten Strohhalm, der mir in den Sinn kam: Wie war ihr Wochenende? Sie war leicht irritiert – und das hatte ich erwartet –, doch wenigstens antwortete sie...ich war erleichtert. Und doch war der Moment noch immer unglaublich unbequem. Ich konnte sie kaum ansehen und ich war froh, als die Kaffeemaschine endlich einen Laut von sich gab und damit mitteilte, dass sie fertig war. Die Spannung in meinem Bauch löste sich ein wenig – auch durch den Gedanken, endlich einen Kaffee zu bekommen. Der würde mich wieder auf andere Gedanken bringen.
Ich nickte und schnappte mir noch eine zweite Tasse aus dem Schrank, als ich die Tür aufgehen hörte. Der Rest der Truppe stieß auch noch zu uns. Und meine Anspannung löste sich beinahe endgültig – nun, so endgültig wie sie es die letzten Tage eben konnte, also nur so halb. Aber das war alles besser als hier mit ihr allein zu sein und all diese Bilder und Gedanken wieder aufkommen zu lassen – und damit meine (rechtmäßigen!) Schuldgefühle wieder neu beleben und wachsen zu lassen.
„Hey", warf ich also in den Raum. Endlich konnten wir loslegen. Ich begab mich schon immer mal langsam Richtung Schlagzeug, die heiße Kaffeetasse dabei mit beiden Händen umklammert, als liefe sie mir davon, wenn ich es nicht tat. In Wahrheit war sie aber nur schön warm und meine Hände eiskalt.

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Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 26.12.2021 15:30

Noch eine Lüge. Sylvia bemühte sich wirklich, es nicht persönlich zu nehmen und dennoch war es nur ein weiterer Schlag in ihren Magen, ein weiterer Stich in ihrem Magen... ein weiteres Brennen über ihrem Arm. Der Anflug von Zorn und vor allem die Verletztheit, die sich ihrer gerade bemächtigten, waren beide falsch, beides hatte Quentin nicht verdient dass sie das fühlte und später am Tag würde sie sich wahrscheinlich auch dafür bestrafen. War ja nicht viel. Nur ein kleiner Schnitt. Später. Jetzt für den Moment jedoch schluckte Sylvia die negativen Gefühle in ihr so gut es ging hinunter - und konnte dennoch nicht verhindern dass sie in sorgenvoller Wut zischte: "Lüg mich nicht an, Quentin!"
Sofort hielt sie sich ab, schloss die Augen und atmete zitternd einmal tief ein und aus. Dann erst öffnete sie ihre Lider wieder und sah ihn direkt an. "Ich weiß dass es nicht so einfach ist, Quentin..." Diesmal fand sich in ihrer leisen Stimme nichts als Traurigkeit wieder. Sie wandte sich von ihm ab, wandte ihm den Rücken zu und entfernte sich einige Schritte. Starrte aus dem Fenster und versuchte - auch wenn man praktisch nichts aus diesen schmalen Dingern erkennen konnte, Milo und Dawn auszumachen, ihre anderen Bandmitglieder. Nur um sich irgendwie abzulenken, nicht zu sehr drüber nachdenken zu müssen. Nach der Probe würde sie mit ihm sprechen. Und sie würde ruhig mit ihm sprechen, nicht zornig. Ruhig und verständnisvoll, so wie sie es doch tagtäglich mit ihren Patienten tat. Nur dass... Quentin eben nicht ihr Patient war. Sondern ihr Freund. Und das machte es so viel persönlicher, so viel... schmerzvoller, dass er sie anlog, nicht mit ihr reden wollte scheinbar...
Unbewusst war sie bis ganz nah die Scheibe getreten, sah fast schon ihr Spiegelbild. Sie schluckte. Drehte sich um, bereit zu verkünden dass sie eben ins Bad musste, als sie nun ausfragte. Und sie antwortete ihm. Ehrlich. So ehrlich wie es nun einmal ging. Obwohl... im Grunde war es keine Lüge. Sie hatte immerhin keine potentiell todbringende Krankheit, oder?
Noch immer spielte sie mit dem Gedanken diesem Raum, Quentin, einfach nur für einen kurzen Moment entfliehen zu wollen, aber fast in diesem Augenblick kamen Milo und Dawn hinein. Sofort machte Sylvia sich daran die beiden Neuankömmlige mit einer Umarmung zu begrüßen, ebenso wie diese nun auch Quentin begrüßten.
Während die beiden ihre Instrumente auspackten hängte Sylvia sich ihre Gitarre um und stellte sich an das Mikro. Sie nahm den Kaffee von Quentin entgegen ohne ihm in die Augen zu sehen, nahm einen Schluck und stellte ihn dann auf die Fensterbank. Sie atmete tief durch, lächelte und lachte und sprach wie immer, innerlich einfach nur hoffend, dass niemand ihre Schweißbänder an den Unterarmen und den Verband erwähnen würden dass ihre Ausreden zur Not auch bei ihren Freunden und Bandkollegen funktionieren würden und begannen miteinander zu proben.
Insgesamt zwei Stunden ging ihre Probe. Jeder warf mal einen Song ein, den sie mehr auseinander nehmen wollten. Dawn hatte auch noch eine Idee für einen neuen Songtext und als sie endlich alle dabei waren, wieder einzupacken, fragte sie, ob sie alle gemeinsam nicht noch sich irgendwo reinsetzen wollten um das zu besprechen. Sylvia zögerte, aber nur einen Moment. "Klingt gut. Ich hab vorher aber noch einen Termin. Wollen wir heut Abend 19 Uhr sagen? In der üblichen Location?"
Dawn willigte ein, Milo konnte ebenfalls. Sylvia trat auf Quentins Schlagzeug zu. Wieder sah sie ihn nicht an. "Ich mach das.", sagte sie, abweisend, fast schon kalt - aber natürlich so, dass nur er es hören konnte - schnappte sich zwei der Trommeln, stapelte sie übereinander und begann sie in die Ecke zu räumen, wo sie immer geschichtet standen. Letztlich mit einem Tuch überdeckt, damit das Instrument nicht als Staubfänger fungierte.
Schließlich verabschiedeten Dawn und Milo sich wieder, Sylvia nickte ihnen zum Abschied zu und wartete bis sie hörte, dass die beiden wirklich gegangen waren. Dann wartete sie nochmal etwas - um ihren Mut zu sammeln und sich die Worte endgültig zurechtzulegen.
Sie sah in seine Richtung, auch wenn sie es nicht schaffte, ihn direkt anzusehen. "Quentin?", begann sie. Nochmal atmete sie tief durch. "Ich... will mal mit dir reden." Jetzt richtete sie ihre Augen endlich auf ihn - und betete dort etwas anderes zu sehen als Hass, Abneigung oder dergleichen..

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Quentin
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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Quentin am 31.01.2022 00:31

Wenn ich ehrlich mit mir sein wollte, dann gefiel es mir natürlich auch nicht, sie anzulügen – irgendjemanden anzulügen, der mir nahestand und sich vielleicht sogar ehrlich um mich sorgte (so ungern ich dieses Gefühl auch zulassen wollte, mich auf den Gedanken einlassen mochte, dass sich jemand ernsthaft und leibhaftig für mich interessierte). Aber ich wusste auch, dass es mir nicht gut ging – auch ohne Mitleid und gut gemeinte, aber nervige Ratschläge. Ich wollte das alles nicht hören, ich wollte gern wie immer behandelt und betrachtet werden – ich war immer noch Quentin Forbes, der schräge, aber weitestgehend liebenswerte Nerd aus der Nachbarschaft. Ich wollte nicht Quentin Forbes, der dahingeraffte und sterbende Depp sein, der andere...
Ich biss mir auf die Zunge, ich wollte jetzt nicht wieder darüber nachdenken – ich spürte jetzt schon wieder, wie meine Handflächen zu schwitzen begannen und mir ganz warm wurde. Doch ich schüttelte Sylvias Worte und Blicke ab, überging sie scherzhaft und locker, bis...
Leicht zuckte ich zusammen, als sie plötzlich wieder etwas sagte – und das ganz und gar nicht mehr so liebenswürdig und herzlich war wie sie es sonst so an sich hatte. Meine Nackenhaare stellten sich mir auf mein Magen zog sich zusammen – immer und immer wieder schossen mir die wenigen Worte durch den Kopf und hallten in meinem Inneren wieder. Lüg mich nicht an, Lüg mich nicht an, Lüg mich nicht an, Lüg mich nicht...
Ich bekam auf einmal heftige Bauchschmerzen und ein Stechen in der Brust. So ein heftiges schlechtes Gewissen hatte ich noch nie...Ich konnte nicht mehr bei ihr sein – und so war ich sehr froh, als sie etwas auf Abstand ging. Ich hatte das Gefühl, meine Kehle war mir zugeschnürt – ich wollte etwas sagen, doch ich konnte es nicht. Ich wusste einfach nicht, was ich tun oder sagen könnte, um die Anspannung zwischen uns aufzulösen, es gab nichts...außer...der Wahrheit. Und dagegen sträubte ich mich. Ich wollte ihr nicht die Wahrheit sagen...noch nicht...ich konnte es jetzt noch nicht...
Nein.
Stattdessen wandte ich mich wieder Küche zu und dem Kaffee, den ich kochen wollte, um uns alle auf andere Gedanken bringen zu können. Etwas, das nun scheinbar sehr viel mehr gefordert wäre, als alles andere. Ich konnte mich nicht daran erinnern, mich jemals so sehr über den Krach einer Kaffeemaschine zu freuen, ohne dass es mir dabei nur um die Vorfreude auf den Kaffee ging. Und ich hatte mich auch noch niemals bisher so sehr auf andere Menschen gefreut und auf ihre Anwesenheit hingefiebert wie auf Milo und Dawn. Ich dankte Gott, als sie endlich zur Tür hereinkamen. Sogar meine Scheu gegenüber Berührungen vergaß ich einen Augenblick lang, um mich in eine fixe, sanfte Umarmung ziehen zu lassen. Ich lächelte sogar ein wenig dabei, ehe ich wieder in die Küchenecke ging, um den Kaffee zu holen. Ich reichte Sylvia eine Tasse und bemerkte, dass sie mich dabei nicht ansah – es versetzte mir einen Stich ins Herz und ich zog mich schnell wieder zurück, verkroch mich hinter mein Schlagzeug, mit dem ich zum Glück eine kleine Barriere zwischen mich und die anderen bringen konnte, etwas auf Abstand sein konnte.
Und immerhin verlief die Probe halbwegs normal. Wir spielten gemeinsam Musik und hatten Spaß miteinander, gingen verschiedene Songs durch – als wäre es das normalste auf der Welt. Einmal wieder fühlte ich mich wie zu Hause, bei meiner Musik. Zum Glück hatte ich die Probe nicht ausfallen lassen, so schlecht es mir auch gegangen war – und so verbrachte ich die meiste Zeit hinter meinem Schlagzeug mit einem Lächeln, zeitweise mit selig geschlossenen Augen.
Über die Verabredung zu späterer Stunde dachte ich allerdings noch etwas nach, ehe ich einwilligte. Ich wusste nicht, ob ich das noch schaffen würde – denn sobald die Probe vorbei war und die freudige Spannung meinen Körper verließ, fühlte ich mich nun auf einmal wieder schlapp und kalt. Meine Augen schmerzten und mir war sehr müde zumute. Vielleicht sollte ich auch einfach früh schlafen gehen...? Mit etwas Anstrengung hatte ich mich erhoben und damit begonnen, das Schlagzeug wieder abzubauen, bis...
Wieder schreckte ich leicht zurück, auch wenn ich dieses Mal nicht vollkommen stumm blieb. „Aber...", setzte ich zu Protest an, doch etwas an ihrer Ausstrahlung und ihren Worten, ließen mich innehalten und doch auf Abstand gehen. Mit ihr wollte ich mich wirklich nicht anlegen...aber das musste doch alles nicht sein, ich konnte das doch auch – ich wollte es doch sogar! Allerdings hatte sie am Ende doch wieder mehr gemacht als ich – und ein schlechtes Gewissen machte sich erneut bei mir breit.
Nachdenklich betrachtete ich noch das abgedeckte Instrument nachdem die anderen gegangen waren und wir sie zuvor verabschiedet hatten. Früher hatte ich solche Dinge mit links erledigt, heute war Sylvia dreimal schneller gewesen, ehe ich überhaupt die Kraft gehabt hatte, etwas anzufangen und schon einmal vorzulegen. Ich spürte, wie mir die Arme zitterten. Nein, mir war ganz und gar nicht wohl. Vielleicht sollte ich wirklich...
Doch ehe ich noch weitere Ideen ins Auge fassen konnte, hörte ich Sylvia und ich wandte mich zu ihr um. Ich neigte den Kopf etwas zur Seite und mir wurde schon schlecht nur bei dem Gedanken an dieses Gespräch. Wie sollte ich es nur führen? Was sollte ich sagen? Wie könnte ich es nur so, dass...? „Bevor du weiterredest", unterbrach ich sie schließlich, ehe sie wirklich noch etwas sagen konnte. Ich selbst war vollkommen von mir selbst überrascht. Ich hatte keine Idee gehabt, was ich hätte sagen können, aber die Worte kamen mir von selbst über die Lippen. „Es tut mir sehr leid, dass ich dich so hinhalte. Natürlich bist du – gerade durch deinen Beruf nicht dumm und erkennst, wenn etwas nicht stimmt – und ich will, dass du weißt, dass das nichts persönliches war, ich dich auf keinen Fall verletzen wollte. Aber es fällt mir einfach so schwer, denn ich habe Angst, dass es, wenn ich es wirklich ausspreche und mit anderen teile, keine Chance mehr gibt, dass ich es mir vielleicht nur einbilde, dass der Arzt vielleicht doch noch etwas anderes sagt, ich nur schlecht träume, aber...ich muss mich wohl mit dem Gedanken anfreunden, dass das hier sehr wohl echt ist und..." Ich machte eine Pause – ich hatte ohne Punkt und Komma geredet und mir nicht einmal einen Moment gegönnt, um Luft zu holen, weshalb ich nun tief einatmete, ehe ich den Mund wieder zum Sprechen öffnete. „Ich...habe Krebs. Und er ist nicht therapierbar." Ich ließ die Worte zwischen uns im Raum hängen und holte auch nun wieder tief Luft. Ich traute mich nicht, sie direkt anzusehen und konzentrierte mich deshalb auf einen Punkt etwas neben ihrem Gesicht. Mein Herz hämmerte mir wie wild in der Brust und meine Hände waren nass und klebrig, mein Gesicht brannte förmlich vor Aufregung.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 31.01.2022 00:31.

Sylvia

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Re: Sylvia &' Quentin: The last person I want to see right now...

von Sylvia am 15.02.2022 21:39

Die Probe war gut gewesen. Und für Sylvias Geschmack hätte die Probe noch länger dauern können. Stunden. Die ganze Nacht von ihr aus. Stattdessen jedoch fühlte es sich an, als wäre kaum eine halbe Stunde vergangen. Und das gefiel ihr nicht. Denn sie hatte Angst. Sie hatte fürchterliche Angst vor dem Gespräch. Egal wie oft sie es in den letzten Tagen in Gedanken durchgegangen war, egal wie sie versucht hatte Worte zu finden, egal wie sehr sie es sich vorgenommen hatte... sie hatte Angst. So Angst, dass ihr die Spucke fehlte, nachdem Milo und Dawn gegangen war, nachdem alle Instrumente an ihren Platz geräumt waren. Ihr Herz raste in ihrer Kehle, es rauschte in ihren Ohren. Aber sie ging es an. Leise. Vorsichtig. Denn sie wollte ihm endlich eine richtige Freundin sein...
Sie öffnete die Lippen bereits, nachdem er seinen Blick auf sie richtete, um zu beginnen. Sie wusste nicht genau was sie sagen wollte, doch die Worte würden schon kommen. Über seinen zustand, was ihr aufgefallen war, ihre Sorge, dass sie wusste dass etwas nciht stimmen kontne, dass er mit ihr reden konnte, dass sie für ihn da war... doch noch bevor sie den Mund auch nur öffnen konnte, begann Quentin. Sogleich schloss Sylvia ihre Lippen wieder, wandte ihre besorgten Augen nicht von ihm ab.
Sie ließ ihn ausreden. ruhig und geduldig. Als Freundin. Sie spürte, dass er etwas sagen wollte. Sie spürte, dass er es sich von der Seele reden musste.
Und dann kam es. Das, womit sie gerechnet hatte. Für diesen Zeitpunkt hatte sie sich nichts überlegt. Und so tat sie das erste was ihr einfiel. Schweigend trat sie auf ihn zu und legte die Arme um ihn. Um ihm zu halten. Einfach um ihn zu zeigen... dass er nicht allein war. Nicht mehr. "Danke, dass du dich mir anvertrat hast", flüsterte sie in sein Ohr. Kurz hielt sie ihn noch, ehe sie ihn dann wieder losließ, ihm wieder seinen Freiraum gab.
"Nur damit du es weißt: von mir wird niemand davon erfahren, solange du das nicht willst.", sagte sie ehrlich und blickte ihm in die Augen. Sie sprach vorsichtig, aber nichtsdestrotz ehrlich weiter, mit sanfter Stimme. "Und ich will außerdem dass du weißt, dass du damit nicht allein bist, okay? Ich weiß, dass es dich sehr belastet, auch wenn du versucht es dir nicht anmerken zu lassen. Ich... hab doch gesehen wie deine Wohnung aussieht. Wie deine Verfassung in letzter Zeit ist. Ich... kann dir die Diagnose vielleicht nicht nehmen. Oder die Schmerzen oder was kommen wird... aber ich kann dir eine Freundin sein. Ich möchte dir eine Freundins ein, ich möchte dir helfen dass zumindest das was du noch beeinflussen kannst... so gut wie eben möglich ist. Wenn du mich lässt." Sie verstummte, ihre haselnussbraunen Augen ehrlich und bittend auf ihn gerichtet.

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