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Re: Enoch & Nina ~ Drugs are Cool (2017) | Triggerwarnung
von Enoch am 19.09.2021 00:03Ich hob kurz eine Augenbraue. So ungern ich es zugab, aber diese Haltung hatte schon etwas für sich – einfach mal auf jemanden zugehen, um ihn anzusprechen und mal schauen, was so vor sich ging in der Welt der anderen. Allerdings war mir selbst nichts ferner als genau das zu tun – ich ging nicht auf andere zu, ich sprach sie nicht an und ließ mich in den meisten Fällen nicht einmal ansprechend...so wie jetzt eigentlich auch. Und doch hatte sie mich trotzdem irgendwie in ein Gespräch verwickelt – so seltsam es auch war. Nun ging es wohl darum, da auch wieder herauszukommen, was bisher alles andere als gut lief, denn sie schien den subtilen Hinweis nicht zu bemerken, der in meinen Worten gelegen hatte, dass ich mich nicht unterhalten wollte. Auf der anderen Seite konnte ich ihr das wohl auch nicht sonderlich übel nehmen, denn sie schien sich auf einem geradezu außergewöhnlichen Hoch zu befinden – da konnte wohl so schnell niemand zu ihr durchdringen, zu jemandem auf einem so kindlichen Trip, in jugendlicher Euphorie und Überschwänglichkeit.
Ich zog meine Augenbrauen nach oben. „Über Tiere? Und Filme?", hakte ich nach. Das war immerhin ein großes Feld – auch wenn ich mir nicht direkt einen Reim darauf machen konnte, weshalb sie ausgerechnet dieses Thema so sehr betonte. Filme gab es viele, noch mehr Schauspieler, und so viele Tiere. Die waren etwas tolles, sicher, aber ich wüsste nicht, was ich zu diesem Thema mit jemandem zu besprechen hätte. Was mich daran allerdings doch irgendwie faszinierte war, dass es so unkonventionell war – denn wenn man einmal mit Fremden sprach, waren es ja doch eher belanglose Dinge, unverfänglich und locker. Das Wetter, die Nachrichten aus aller Welt. Doch Filme...das war schon etwas, bei dem man viel von sich preis geben konnte – und musste. Spezielle Interesse, Ideale und Gedanken, die dabei eine Rolle spielten, waren immerhin sehr individuell – und sehr persönlich. „Wie tiefgründig können solche Dinge bei jemandem in deinem Alter schon sein?", fragte ich neckend und verschränkte die Arme vor der Brust, während ich auf sie heruntersah. „In deinem Alter weiß man doch noch nicht einmal richtig, was das Internet ist." Natürlich übertrieb ich, das wusste ich. Sie war kein Kind mehr und sicher kannte ich in ihrem Alter auch schon Internet und Technik und hatte sicher auch schon eine Meinung zu gewissen Dingen. Aber sie wirkte in diesem Moment einfach viel zu sehr wie ein Kind auf mich; naiv und unbefangen. Sicher Ideale, die man sich gern länger behalten sollte, aber dennoch schnell obsolet wurden.
„Ach ja? Tun sie das?" Ich legte den Kopf schief. „Ich nicht." Meine Worte waren bestimmt und direkt. Denn je mehr sie darauf pochte, dass ich bei ihr an irgendetwas Bestimmtes denken sollte, umso weniger wollte ich es. Ich wollte es nicht wissen – da war ich stur! Und ich schüttelte auf ihre Nachfrage hin auch noch einmal selbstsicher mit dem Kopf. Eventuell könnte es mir dämmern, wenn ich richtig darüber nachdachte, doch auch das wollte ich nicht.
Und dann...dann hatte ich diese Spur aufgenommen. Die feinen Dämpfe, Gerüche und Schwielen, die nur ich sehen und riechen und spüren konnte, die für mich allerdings so eindeutig waren wie für andere nur die Haarfarbe, die man bereits auf den Kopf zu von anderen unterscheiden konnte. Und so ungern ich es einsah, doch sich über sie lustig zu machen – und ihre Angst noch weiter zu schüren, war vermutlich nichts sehr nett. Und wahrscheinlich war „nicht nett" gar kein Ausdruck. Doch so leicht wollte ich sie nicht vom Haken lassen, denn auf einmal ergab alles einen Sinn; ihre Überschwänglichkeit und ihre Leichtigkeit, die Naivität und Unbefangenheit. Sie war nicht einfach so lebendig und energetisch wie ein Kind, sondern sie hatte da ein paar Verstärker intus. Mein Bild von ihr änderte das von Grund auf, denn bis eben hatte ich sie einfach nur für nervig und kindisch gehalten – besser gelaunt als es ein einfacher Mensch ertragen konnte, zur Weißglut treibend schon mit ihrer Existenz. Doch nun hatte das Ganze eine sehr interessante und faszinierende Wendung genommen – und sie hatte meine Aufmerksamkeit. Aber nicht ohne ihr noch eine kleine Lektion zu erteilen – denn erhöhte Empfindsamkeit und die überschwänglichen Gefühle, die man unter Drogeneinfluss hatte, konnten sich genauso schnell ins Dunkle verkehren, wenn man nicht aufpasste; und dann konnte daraus ein wahrer Alptraum werden, aus dem es einfach kein Aufwachen gab bis die Wirkung irgendwann einmal nachließ.
„Oh, dein Geld kann dir da nicht helfen", verkündete ich mit einem schiefen Grinsen. Man konnte sich aus dem Konsum und der Sucht nicht freikaufen – und mein Schweigen konnte sich auch niemand leisten. Doch ich würde sie trotzdem nicht verraten. Denn dann müsste ich mir erst einmal an die eigene Nase fassen – und dafür hatte ich eigentlich niemals einen Nerv.
Aber dann...brach sie vor meinen Füßen zusammen und igelte sich ein. Ich konnte mir in etwa vorstellen, wie sie sich jetzt fühlte; wenn man von ganz oben nach ganz unten abstürzte. Es war ein Fall von Wolke sieben durch die Erde direkt in die Hölle, die Schmerzen beim Aufschlag natürlich inbegriffen.
Einen Moment lang beobachtete ich sie, sah ihr dabei zu, ehe ich die Angelegenheit auflöste – na ja, ich lachte, was nicht direkt einer Aufklärung gleichkam und es für sie in ihrer Situation sicher auch nicht besser machte. Ich rang mit mir. So etwas war nicht meine Stärke – ich konnte Menschen zwar ins Verderben stürzen, doch sie dann wieder emotional und menschlich aufzufangen...damit tat ich mich ehrlich gesagt recht schwer. Aber auf der anderen Seite konnte ich es auch nicht einfach so stehen lassen, nicht? Sie war am Boden zerstört...ich hatte einen Teenager in ein Wrack verwandelt – dafür könnte ich mir später noch auf die Schulter klopfen, jetzt ging es wohl erst einmal darum, das Schiff vor dem Untergang zu bewahren...und natürlich zu hoffen, dass es sich bei diesem nicht um die Titanic handelte.
Ich seufzte und verdrehte die Augen, ehe ich mich hinhockte und sie ansah. „Hör mal", begann ich. „Ich werde niemanden etwas sagen, weil es mir eigentlich vollkommen egal ist, ob du etwas einschmeißt oder nicht. Ich heiße es nicht gut..." Ich verriet ihr besser nicht, dass ich in ihrem Alter schon ganz andere Dinge gemacht hatte. „...Aber es ist dein Leben – und wenn du es so verbringen willst, dann ist es eben so. Ich brauche kein Geld, man muss mich nicht bestechen, man braucht mit mir nichts auszuhandeln. Aber ich kann nur sagen, dass diese ganze Sache nicht okay ist. Mache es, wenn du willst, aber eigentlich hast du in deinem Leben noch so viel Zeit, etwas anderes zu tun..." Zögerlich hob ich eine Hand. Ich wusste von mir, dass mir in einem solchen Moment bloß niemand zu nahe kommen sollte, doch ich war auch anders – mir sollte niemals jemand nahe kommen! Deshalb wagte ich es und legte ihr sachte eine Hand auf die Schulter. „Weshalb...weshalb soll ich dich denn kennen und bist du schon bekannt...?", fragte ich kurz darauf. Sie wieder auf andere Gedanken zu bringen, war vermutlich der einzige Weg, die Sache zu bereinigen. Immerhin schienen diese Themen sie sehr positiv beeinflusst zu haben – vielleicht funktionierte es auch in die andere Richtung...sie damit wieder auf ihrem Tief holen zu können.
Heaven never heard me calling Guess this is the reason I feel like hell Weatherman the rain is pouring, yeah, yeah I wanna be in time See I'm being honest right now I've been in this dark hotel So why do I keep myself locked in? Yeah I wanna be, I wanna be! Be in oblivion Don't wanna live like this Need something to knock me out Don't wanna feel Nothing can make me numb Nothing left but to run I need you to knock me out...
Re: Enoch & Nina ~ Drugs are Cool (2017) | Triggerwarnung
von Enoch am 08.08.2021 16:24Sie ließ sich nicht sonderlich aus der Ruhe bringen. Und ich musste gestehen, dass ich sie dafür ein wenig bewunderte – es gab nicht viele, die einfach Fremde ansprechen konnten und vollkommen unbefangen mit ihnen umgehen konnten, egal, was man einem entgegen warf. Doch ich beneidete sie nicht darum. Mir konnte jeder fern bleiben, mit dem ich nichts zu tun haben musste. Auch wenn das hauptsächlich daran lag, dass es mir nicht angenehm war, mit ihnen überhaupt etwas anzufangen.
Nichts sollte sein? Warum konnte sie dieses Nichts dann nicht woanders machen? Es war nicht so, dass ich für ein paar andere Gedanken nicht dankbar wäre – immerhin hatte sich bis vor einigen Minuten noch alles nur im Kreis gedreht und immer um das leidig gleiche Thema meiner Skizzen, die nicht so geworden waren wie ich sie gern hatte haben wollen. Nun konnte ich zumindest über etwas anderes nachdenken – so frustrierend ihre seltsam freudige Haltung, die sich einfach nicht verändern ließ.
„Und was wäre, wenn ich mich aber nicht unterhalten will?", warf ich schließlich ein und zuckte mit den Schultern. So viele Menschen in diesem Park – und so viele mit sehr viel größerem Sozialvermögen als ich es besaß. Wieso musste sie sich also ausgerechnet mit mir aufhalten? Ich seufzte, ehe ich hinzufügte: „Worüber magst du mit einem Wildfremden überhaupt sprechen? Das hier ist New York, hier sollte man vermutlich mit niemandem sprechen, den man nicht kennt." Was hier auf den Straßen geschah, wollte man normalerweise nicht sehen – jeder blieb eher für sich. Doch das hatten vermutlich alle Metropolen auf die eine oder auf die andere Weise so an sich.
Aber bei ihr schien es ohnehin nicht mit rechen Dingen zuzugehen. Bei einem Tier würde man sie wohl zutraulich nennen. Was konnte man bei einem Menschen sagen? Naiv...das traf es nicht ganz. Sie war allerdings...sehr offenherzig. Und es sollte nicht lange dauern bis ich den Grund dafür hatte ausmachen können – speziell ich, mit meinen Talenten der besonderen Art.
Da war es...es haftete an ihr wie das Baumharz an der Rinde. Auf einmal war es kaum noch zu übersehen und zu ignorieren. Es war in meine Nase, ich schmeckte es auf der Zunge und spürte das Kribbeln auf meiner Haut und das Prickeln in meinem Bauch – diese Erregung, diese Angespanntheit, die begleitet waren von Ekstase und einem Hochgefühl, das man fast gar nicht verlieren konnte...diese Energie.
Mit einem schiefen Grinsen war ich zu ihr getreten, immer näher ran und es bereitete mir ein gewisses Glücksgefühl, mit anzusehen, wie sich ihre Stimmung nun doch noch veränderte – und sich auf einmal Angst auf ihrem Gesicht ausbreitete. War es gemein, kleine Teenager zu erschrecken? Vermutlich. Doch ich konnte nicht behaupten, dass es mir nicht irgendwie gefiel – in diesem Moment jedenfalls. Denn es lenkte mich von meinen eigenen Sorgen ab wie sonst nichts. Natürlich alles nur im Scherz. In diesem Moment ließ ich mir allerdings noch nichts anmerken.
Mit einem Mal war sie wie erstarrt und ich konnte sehen, wie sich Panik in den geweiteten Augen ausbreitete. Jemand hatte ihr kleines böses Geheimnis durchschaut – und könnte ihre kleine Blase aus Lügen und dem Gefühl unbesiegbar zu sein einfach so platzen lassen.
Dann sprang sie rückwärts, zitterte und Schweiß trat ihr ins Gesicht. Oh dieser Anblick! Zu göttlich.
„Und wenn ich es doch tue?", stichelte ich dann, den Kopf leicht schief gelegt und die Hände knapp unter meinem Kinn an den Fingerspitzen zusammengelegt. „Oder was könntest du tun, damit ich es niemandem verrate? Vielleicht bin ich ja gerade in der Stimmung, dich zu verraten, weil ich schlecht gelaunt bin, weil mich ein Teenager die ganze Zeit genervt hat...?" Ich sinnierte weiter vor mich hin, sah dabei immer wieder mal weg und ihr dann direkt wieder in die Augen. Und für einen Augenblick blieb es absolut still zwischen uns – nur die Anspannung war da, ihre Panik und meine kleine Boshaftigkeit. Die Stille schmerzte in den Ohren und lag schwer im Nacken. Schließlich konnte ich nicht mehr...
Ich begann zu lachen, wandte mich dabei ab, warf die Hände in die Luft. „Gott, Mädel, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich verraten würde? Wie könnte ich das denn beweisen...", lachte ich. Ich konnte schlecht einfach auf jemanden zugehen und sagen ‚Hey, die Kleine dort hat was eingeschmissen'. Ich hatte keinerlei Basis – keine Beweise, keine Anhaltspunkte als meine eigenen schrägen Fähigkeiten. „Ne, ne, ne", sagte ich. „Als Junkie stellt es sich schwer an, jemand anderen zu verpfeifen, der selbst schmeißt." Und wenn ich einmal ehrlich war, verstieß es gegen ein gewisses Ehrempfinden. Es war keine ehrenvolle Sache, wenn man Drogen einnahm – speziell, wenn es sich dabei um sehr harte Drogen handelte und man, wie sie, auch noch sehr jung war –, aber es hatte etwas von Heuchelei, wenn ich selbst regelmäßig harte Dinge einnahm und jemand anderen für das gleiche anschwärzte.
„Aber du hättest mal dein Gesicht sehen sollen..." Ja, in diesem Moment wurde vermutlich uns beiden – und mir einmal mehr – klar, weshalb man mich als sozial sehr inkompatibel und wenig vermögend beschreiben konnte. Ich wusste, wie es einem erging, wenn man etwas heftiges intus hatte und auf einmal kippte die Stimmung und man konnte nichts dagegen tun – aus einem unendlichen Hochgefühl wurde ein ewig währender und schier nicht endender Absturz ins Dunkel; das Herz raste, der Puls rauschte, der Magen zog sich zusammen...Panik machte sich breit und konnte sich sogar zu Todesangst entwickeln. Das war mir schon mehr als nur ein paar Mal passiert. Aber in diesem Moment hatte ich nicht an mich halten können – es war sicher das erste Mal für sie, dass sie feststellen musste, dass die Energie und die ausgeprägte Verstärkung der Gefühle in einem auch eine negative Kehrseite haben konnte...Vielleicht hatte ich ihr damit eine Lektion fürs Leben erteilt. Wenn es so wäre, sollte man mir doch eher au die Schultern klopfen, nicht?
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Re: Teststrecke
von Enoch am 28.07.2021 17:34Ein kleines Testilein, nachdem ich die endlich mal fertig habe
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Re: Enoch & Nina ~ Drugs are Cool (2017) | Triggerwarnung
von Enoch am 12.07.2021 17:26Ich tat mich normalerweise ohnehin schon sehr schwer mit Kindern und Teenagern, doch sie war...anders. Sie hatte zum einen etwas sehr einnehmendes an sich und zum anderen etwas sehr nervtötendes – ohne es speziell böse zu meinen. Sicher lag es auch zu einem Großteil daran, dass ich im Moment sowieso schon sehr aufgebracht war und meine Nerven zu Zerreißen gespannt, dass ich es nicht auch noch ertrug, dass mir jemand anderes auf eben diese fiel...
Und doch war dort nun dieses Mädchen und sah mich erwartungsvoll an, wippte gespannt auf und ab und strahlte über das ganze Gesicht. Ich wüsste nicht, ob ich sie erkannt hätte, wenn mein Kopf etwas freier gewesen wäre – vielleicht? –, doch in diesem Augenblick waren meine Sinne vernebelt und meine Gedanken kreisten nur um eine Sache: Um meine Unfähigkeit und das Gefühl des Nichtsausreichendseins, der Unzulänglichkeit, weil ich es nicht hinbekam, auch nur die simpelsten Vorstellungen und Ideen zu Papier zu bringen.
Ich seufzte. Was sie wollte, verlangte ich zu wissen, und wusste, wie gereizt und frustriert ich dabei geklungen haben musste – ich konnte meine Emotionen gerade nur schwer auf Kurs halten und sie unter einem Hut verschnüren, dass sie mir nicht in alle Richtungen abhandenkamen; jeden mit Messers Schärfe verletzend, der sich mir näherte.
Ich hob schließlich eine Augenbraue, nachdem es noch einige Zeit still zwischen uns geblieben war – wieso kekste sie sich nicht einfach aus, erklärte sich, sprach aus, was ihr auf dem Herzen lag. Doch stattdessen wirkte sie mehr und mehr enttäuscht. Ich erkannte sie nicht? Ich konnte mir keinen Reim darauf machen. „Was?", fragte ich und wusste, dass meine Stimme hart und abweisend klang. Doch sie ließ sich davon scheinbar nicht beeindrucken – ebenso wenig wie es sie zu stören schien, dass es mir offenkundig nicht gut ging und jedes Wort aus meinem Mund keinesfalls freundlich und einladend klang, stattdessen unbewusst nur darauf getrimmt war, sie endlich abzuschütteln. Sie hatte einen sturen Kopf, die Kleine, das musste ich ihr doch schon positiv anrechnen.
Ich reckte bald darauf den Kopf etwas nach vorn, die Stirn in frustrierten Falten. „Was willst du dann von mir?!" Ich klang immer gereizter, doch ich wollte mich etwas herunterfahren. Immerhin war es nicht sie, die meine Wut verdient hatte – sie war weder dafür verantwortlich noch sollte sie jemand werden, der sie ertragen musste. Viel zu oft wurde meine Mutter eben diese Zielscheibe.
Ich schluckte. Doch es half nur gegen den Druck in meinen Ohren. Es brannte immer noch in meinem Bauch und mein Herz schlug wild in meiner Brust – das Blut rauchte mir in den Ohren.
Und dann war er da...dieser Geruch...er stieg mir beißend in die Nase. Und das Prickeln auf meiner Haut, das Brennen in meiner Kehle. Mein Magen machte einen Satz und ich fühlte mich schwerelos...und doch von meiner Wut auf dem Boden gehalten, die noch immer in meinem Bauch loderte. Es war ein eigensinniger Kontrast und ich erkannte den miesen Beigeschmack beinahe sofort.
Ob sie nicht wusste, dass so etwas nicht für kleine Mädchen geeignet war, wollte ich wissen. Und ich spürte, wie sich etwas in mir veränderte. Es bekam irgendwie eine...spaßige Note, mein Handeln. Es mussten die Ausdünstungen sein, die die Drogen aus ihr hervorbrachten. Ich konnte spüren, wie sie in meinen Kopf krochen. Mein Gesicht hatte einen frechen Ausdruck angenommen – beinahe ein fieses Grinsen. Und ich trat noch etwas näher zu ihr.
„Was ich meine?", wiederholte ich ihre Worte und gestikulierte sanft ihre Silhouette nach. „Das alles. Es ist nicht zu übersehen. Aber mit solchen Dingen sollte man als kleines Mädchen sollte man nicht spielen, das hat dir wohl niemand erklärt." Ein Teil von mir wollte sie gern ängstigen, etwas verstören, ihr eine Lektion erteilen, doch ich wollte sie natürlich auch nicht in helle Panik versetzen.
Ich zog durch meine Nase kurz darauf tief Luft ein, während ich noch näher zu ihr trat. Und ich spürte das Prickeln und Brennen nun auch in meiner Nase. „Du stinkst förmlich danach", erklärte ich. „Nach den Drogen." Unsere Nasen berührten sich mittlerweile fast und ich grinste sie schief an.
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Re: Enoch & Nina ~ Drugs are Cool (2017) | Triggerwarnung
von Enoch am 10.06.2021 23:19„Hm"... „Nargh"... „Nein"...
Immer wieder kamen mir die Laute über den Mund, ohne dass es mir ganz und gar bewusst war. Dann und wann seufzte ich und stöhnte leicht auf. Ich kam hier einfach nicht zu Rande!
Mit dem Bleistift fest zwischen die Finger gepresst, dass meine Knöchel weiß hervortraten und mit Linien, die beinahe den feinen Bogen Papier durchrissen, versuchte ich mittlerweile nicht mehr unbedingt meine Idee umzusetzen, sondern wenigstens irgendetwas. Gott! Wieso wollte das denn nicht so wie ich wollte?! Ich könnte kotzen! So oft hatte ich jetzt schon mit dem Gedanken gespielt, es für diesen Nachmittag einfach sein zu lassen. Doch das konnte und wollte ich auch nicht – ich konnte mich von dieser Sache noch nicht lösen, nicht jetzt, wo sie mich so sehr faszinierte und mitnahm. Und doch lief nichts, wie ich es wollte – bereits weit über zwanzig Mal hatte ich jetzt schon einen Versuch gewagt und ihn wieder verwerfen müssen, weil er einfach grotesk und furchtbar aussah. Das Blatt war schon ganz schwarz von den Schlieren vom Radiergummi und von meinen Fingern, die vom Blei schon ganz grau und klebrig waren – auch sie zogen dunkle Streifen über das weiße Papier. Fingerabdrücke zierten hier und da die Ecken und Kanten des versauten Bogens. Doch ich wollte es nicht aufgeben – nicht die Versuche und auch nicht dieses Blatt Papier. Das lag nicht in meiner Natur – ich brach Dinge nur vollkommen wutentbrannt ab, doch ansonsten versuchte ich es, bis ich mich schwarz ärgerte und gleichzeitig griff mein Perfektionismus vollkommen brutal um sich und nichts, kein Strich, keine Linie, kein Punkt sagten mir mehr zu...
Leise vor mich hin knurrend ballte ich bald die Hand zur Faust, nur um einen Augenblick später festzustellen, dass es die Hand war, mit der ich das Papier hielt – das jetzt an einer Seite grausig zerknittert war.
Eine neue Welle Wut überkam mich, brennend und lodernd; verbrannte mir Luftröhre, Speiseröhre bis hinauf zur Kehle. So sauer wie Magensäure und so bitter wie jede Enttäuschung, die ich jemals erlebt hatte.
Mit der Zornesröte im Gesicht und Tränen in den Augen hielt ich einen Augenblick später meinen Bleistift zwischen beiden Händen, um ihn mit einer einzigen raschen Bewegung in zwei Teile zu spalten...Knacks.
Mit einem geschockten Blick betrachtete ich die beiden Hälften in meinen Händen. Nein, was hatte ich getan?! Ich verzog das Gesicht. Oh Gott! Zwei Tränen rannen mir über die Wangen. Ich war so dumm! So dumm, so dumm, so dumm. Wieso tat ich das?! Ich hatte keine Ahnung. Ich war nur so wütend gewesen und ich fand niemals ein Ventil. Ich ließ mich an den Dingen aus – und schon...Lodernder Zorn brannte mir wieder in der Kehle...doch dieses Mal war er gegen mich selbst gerichtet. Ich hatte das doch nicht gewollt – jetzt konnte ich doch nicht mehr zeichnen und hatte gar nichts mehr davon. Mein Blatt war zerknittert, mein Bleistift zerbrochen, vor Wut waren die Linien grob und hart geworden, meine Hände hatten alles verwischt. Wie oft hatte meine Mutter mir erklärt, in einer solchen Situation eine Pause einzulegen, um mich zu beruhigen, doch ich konnte es einfach nicht...ich bekam es nie hin. Ich wollte es so lange durchziehen, bis ich erreicht hatte, was ich vor Augen hatte – doch diese Vorstellungen waren in aller Regel unrealistisch und vollkommen übertrieben. Niemals konnte ich sie erreichen, wenn ich es einmal nüchtern betrachtete. Doch in einem solchen Moment steigerte ich mich nur hinein – und wollte es nur noch unbedingter...als ob es meine Lage verbessern würde, in der ich mich befand. Vollkommen irrational.
Genauso irrational wie es jetzt war, dass mir die Tränen im Gesicht standen, weil ich mit meiner eigenen Unbedachtheit und voll und ganz im Rausch der Wut wieder den größte Mist fabriziert hatte. Ich könnte mich so sehr ohrfeigen! Und doch verzichtete ich lieber darauf, nicht hier und nicht jetzt. Vielleicht später. Doch da wäre mein Selbsthass wieder nicht mehr groß genug. Und dann wäre es unbefriedigend und ich hatte nichts mehr davon – rein emotional, Geißel meiner selbst-mäßig.
Ich seufzte und wischte mir mit dem Ärmel meines Hoodies, die Tränen aus dem Gesicht. So wollte ich hier wirklich nicht gesehen werden...Auch wenn es mir an und für sich eigentlich nichts machte, wie Leute mich sahen, denn ich kam sowieso nur selten bei jemandem gut an so wie ich eben war – kompliziert und eigensinnig. Doch ich wollte niemandem etwas vorheulen hier im Park. Ich wollte mir selbst auch nichts vorweinen, denn immerhin war es meine eigene Schuld gewesen – durch meine eigene Blödheit herbeigeführt. Und so sehr ich mich dafür hasste, zu weinen vor Wut war einfach nur peinlich!
Also saß ich nun sehr enttäuscht vor etlichen missglückten Versuchen, zu zeichnen, was ich im Kopf hatte. Es war nicht so, dass ich an und für sich schlecht darin war, doch es wollte mir nie so gelingen wie ich es mir vorstellte – und das war eigentlich mein ganzes Problem damit.
Ich atmete tief durch. Die ganzen Menschen um mich herum hatte bisher vollkommen ignoriert und auch die ganze Technik, die man hier aufgebaut hatte – bzw. immer noch aufbaute. Ich hatte mich nicht damit auseinandergesetzt, wofür sie gedacht war und was es damit auf sich hatte. Als ich vor – ich warf einen Blick auf mein Handy – vier Stunden hergekommen war, hatte ich es mir nur bequem gemacht und mich sofort ans Skizzieren gemacht. Was ich damit eigentlich vorgehabt hatte? Es war dumm, das wusste ich genau. Eine ganz kindische Idee, die ich da vor Augen gehabt hatte, aber es hatte etwas mit Klamotten zu tun gehabt. Ich, na ja, hatte die fixe Ideen gehabt, wenn ich nun schon so besondere Sachen...na ja. Selbst darüber nachzudenken, war mir im Nachhinein ziemlich peinlich...Nachdenklich schaute ich noch einmal auf das Blatt. Vielleicht war es auch ganz gut, dass dabei nicht viel herausgekommen war, so sehr es mich auch triggerte. Doch lieber so, als dieses bildgewordene Schamgefühl wirklich Realität werden lassen zu wollen...
„Hm", machte ich und strich ein paar der Falten glatt. Retten könnte ich es eh nicht mehr und selbst wenn...
„Hey" Ein Mädchen war zu mir getreten und betrachtete mich über die Absperrung hinweg, die ich erst jetzt bemerkt hatte. Sie wirkte erwartungsvoll und aufgeweckt. Vielleicht um die dreizehn Jahre alt? Ich konnte es nicht so einschätzen, doch sie war jung, hatte eine geradezu energetisierte Aura und wirkte frisch und unverbraucht. Und sie wirkte sehr erwartungsvoll, wippte leicht auf und ab und beobachte mich sehr scharf.
Ich wusste, dass meine Augen immer noch gerötet waren, denn sie brannten noch immer leicht. Ich wusste auch, dass ich ansonsten wohl auch vollkommen fertig aussehen musste. Ich biss mir kurz auf die Lippe, ehe ich mich etwas aufrichtete. „Ähm...hey", erwiderte ich und musterte sie etwas irritiert. Ich wusste, dass ich nicht gut darin war, die Gedanken und Beweggründe von anderen einzuschätzen, nur schlecht hinter die Kulissen schauen konnte, doch ich wusste, dass hier etwas nicht in Ordnung war. Anfangs konnte ich allerdings nicht mit dem Finger drauf tippen. Und so musterte ich sie erst einmal etwas. Noch immer schien sie auf etwas zu warten. „Was?", fragte ich sie schließlich etwas verwirrt. Ich drosselte meine Stimme dabei ein wenig herunter, um ihr nicht zu pampig zu kommen, doch auf eine solche Weise nervös gemacht zu werden, gefiel mir gar nicht. Schon gar nicht, wenn ich nicht wusste, was ich, nun ja, eben wissen sollte. So räusperte ich mich noch einmal. „Was denn?" Vielleicht war ich nun etwas zu streng gewesen, atmete tief ein. „Hör mal, ich weiß nicht, was los ist, aber ich denke nicht, dass ich dir...helfen...kann..." Mein Satz blieb seltsam in der Luft zwischen uns hängen – mir war etwas anderes aufgefallen und ich hatte irgendwie den roten Faden verloren. Etwas haftete ihr an und ich hatte es eben gerochen – wie kleine Blitze kribbelte es in meiner Nase und auf in meinem Gesicht. Ich hatte augenblicklich einen seltsamen Geschmack auf der Zunge. Ich kniff die Augen leicht zusammen. Ich warf kurz einen Blick nach rechts und dann nach links. „Du weißt, dass solche Dinge nicht für kleine Mädchen geeignet sind?" Ich verzog dabei das Gesicht zu einer frechen Grimasse. Es war irgendetwas zwischen necken und ernsthafter Sorge, denn der Gedanke, dass sie sich solche Dinge hereinzog, gefiel mir gar nicht...Ich war zwar auch kein Unschuldslamm in diesen Dingen – ich als allerletzter –, doch ich war über zwanzig, lange kein Teenager mehr. Sie war noch jung, noch frisch in der Entwicklung und...
Ich neigte mich ihr etwas näher zu. Und hier konnte ich es ganz deutlich merken – es verpestete die Luft um sie herum, stieg von ihr auf in die Luft wie ein grausiger Gestank nach Zerstörung und Tod. Und ich konnte es unter meiner Haut spüren, brennend und prickelnd in meinem ganzen Körper, wie es durch meine Adern rauschte, dieses Gefühl. Alles, womit ich in Kontakt kam, löste diese Reaktion in mir aus – als würde sich mein ganzer Körper darauf einstellen. Es war nicht direkt schmerzhaft, aber es war auch alles andere als angenehm...Ich spürte, wie mir der Schweiß auf der Stirn stand und mir wurde warm. Ich hasste es, auch wenn ich schon den einen oder anderen Weg gefunden hatte, darauf auch etwas Gutes zu machen. Doch dafür musste ich immer erst einmal hier durch...
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