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Jamie

26, Männlich

FSK 18 Mensch flexibel bisexuell biromantisch Profi erfunden

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 26.05.2022 14:51

Es verging einige Zeit bis ich den Weg zurück zum verlassenen Gebäude gefunden hatte. Nicht dass ich ihn nicht mehr wusste, wo sie sich befand, sondern eher, weil ich mich ein wenig davor scheute. Mir war klar, dass das sinnlos war - und dumm -, denn immerhin hatte ich ihn dort unterbracht und bisher ja auch...irgendwie geholfen. Ich wollte und musste nachsehen, wie es ihm über die Nacht ergangen war, ob er sich hatte erholen können...Doch was, wenn ich alles nur noch schlimmer gemacht hatte? Die Chancen dafür waren gering - immerhin hatten sie Lebensmittel, Getränke und ein Dach über dem Kopf -, aber...aber es konnte ja immer etwas schief gehen, nicht?
Doch ehe ich's mich versah, stand ich auch schon vor der Tür. Oh. In der Ferne meinte ich Musik zu hören, wie durch mehrere verschlossene Türen. Und ich runzelte die Stirn, neigte den Kopf etwas zur Seite. Es war eine sehr sanfte Melodie, nicht nur wegen den Mauern und Türen, sondern auch dem gefühlvollen Spiel auf der Geige. Und für einen Moment ließ ich mich davon treiben, mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen, wie ich später feststellte.
Doch dann sagte ich mich davon los und hob zögerlich die Hand, klopfte sachte an die Tür. Sofort verstummte alles und es wurde still, dann trat er an die Tür. Und als ich ihn nun sah, lächelte ich freundlich. Er schien wohlauf zu sein und die Zeit seit dem vergangenen Tag gut verbracht zu haben - er hatte wieder etwas mehr Farbe im Gesicht und wirkte sogar (auch wenn ich mich da täuschen konnte), weniger ausgezehrt und ausgetrocknet. Der Anblick freute mich! Und meine Ängste über seine mögliche Situation verschwanden langsam und ließen ein leichteres Gefühl in mir zurück.
Mit einem leichten Nicken trat ich an ihm vorbei in die Wohnung, die nun, wo jemand mit einem Baby hier war, schon nicht mehr so leer und verlassen wirkte.
Etwas unbeholfen stand ich nun allerdings da, die Hände in den Taschen, schüchtern sogar. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nein...geht schon." Ich lächelte noch einmal kurz. Ich hatte die Dinge ja für die beiden gekauft, weil sie nichts hatten. Das wollte ich ihnen nicht noch wegnehmen. Immerhin hatte ich von meinem Geld nicht allzu viel bekommen.
„Aber ich hoffe, dass es geholfen hat - ihr seht schon wieder viel besser aus und...ausgeruhter", erklärte ich dann und betrachtete sein Kind, das er zunächst noch versteckt gehalten hatte. Nachvollziehbar. Immerhin hatte er nicht wissen können, wer an de Tür war. „Bei mir?" Noch etwas in Gedanken wandte ich mich wieder ihm direkt zu. Dann nickte ich; erst langsam, dann etwas schneller und deutlicher. Fast als wüsste ich es selbst nicht ganz. War ok Grunde wohl auch der Wahrheit entsprach. Aber trotzdem war da Zufriedenheit. Den beiden ging es gut - ich hatte sie nicht noch zusätzlich ins Verderben geschickt! „Ihr scheint die Zeit seit gestern hier gut überstanden zu haben." Ich wusste nicht, ob es sich dabei um eine Frage handelte oder um eine Feststellung. Die Aussage hatte weder ein richtiges Fragezeichen noch einen echten Punkt. Doch ich war mir sicher, dass er mich verstanden hatte.
„Du spielst übrigens sehr gut auf der Geige. Das klang sehr schön - ich wollte dich nicht unterbrechen." Ich scharrte etwas mit dem Fuß auf dem Boden, noch immer die Hände in den Taschen. Die Situation war mir etwas unangenehm, auch wenn nicht ganz klar war, woher das kommen sollte. Stille hatte sich zwischen ins breit gemacht und ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte.

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 09.04.2022 00:33

Ich lächelte ihn noch einmal etwas unbeholfen an, nervös und zögerlich. Doch ansonsten sagte ich nichts mehr dazu. Ich war zu peinlich berührt von seiner Dankbarkeit und seinem Vergleich, der mir noch immer im Kopf umging, um mich damit noch weiter auseinandersetzen zu können, ohne dass mir die Schamesröte noch schlimmer ins Gesicht stieg. Deshalb wollte ich dieser Situation gern entkommen, indem ich schwieg, es nur mit einem Lächeln abtat. Ich war kein Engel, so viel war sicher, hatte man mich doch bereits als Mutant ausgemacht. Es gab da zwar einen Mutanten, Angel, der...na ja, er hatte eben Flügel und konnte doch so einiges tun, was einen an einen Engel erinnern mochte. Und es gab auch solche Mutanten, die sehr dämonisch waren. Also, was ich damit sagen wollte...Es gab einige speziellere Dinge in dieser Welt, doch ich war mir sicher, dass ich kein Engel war. Schon gar nicht, wie er mich dabei ansah – wie eine himmlische Erscheinung, die ihn auserwählt hatte. Nein, ich wusste nicht, was ich da getan hatte, aber ich wusste, dass es ihm geholfen hatte – und das war, worauf es hier ankam. Wo meine Kräfte hergekommen waren, war mir im Grunde egal...in diesem Moment jedenfalls. Sicher würde ich mir später den Kopf noch genug darüber zerbrechen, doch jetzt ging es nicht um mich...
Stattdessen unterstützte ich ihn schließlich beim Aufrichten und wir verließen die Gasse – auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft. Auch diese kam mir zugeflogen – und ich war sehr dankbar dafür. Denn so sehr ich mir auch den Kopf zerbrochen hatte, ich hatte einfach keine passende Idee gehabt; keine, die von langer Dauer gewesen wäre. Denn sie mussten ja auch nicht lange bleiben, aber es würde wohl eine Weile dauern, bis sie wieder richtig auf den Beinen waren und bereit waren, irgendwie weiterzumachen...wie auch immer der nächste Plan aussehen mochte. Ich traute mich nicht, danach zu fragen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die Frage wäre zu persönlich – und an dieser Stelle irgendwie unangebracht. Und so gingen wir schweigend nebeneinander her. Also, ich stützte ihn, damit er überhaupt voran kam und so gingen wir wohl eher miteinander. Im Nachhinein, so erschreckend es gewesen war, war ich dem Flüstern sehr dankbar und schnell fand ich den Weg zum alten Haus mit den verlassenen Wohnungen. Wir hatten eine gute Wahl getroffen. Erleichtert lehnte ich mich an die Wand, als er sich mit meiner Hilfe auf den Sessel gehievt hatte. Ich nickte leicht. „Hier könnt ihr erst einmal für etwas länger unterkommen", sprach ich meine erst Feststellung aus und ließ den Blick ein wenig schweifen. Es sah tatsächlich relativ bequem aus, wenn man vom düsteren Ambiente hinter den schweren Vorhängen mal absah; es gab ein gemütliches Sofa und Schränke, in denen noch einige vereinzelte Bücher standen. In einer Ecke ging ein Gang als kleiner Flur ab – am Ende gab es ein kleines Bad und eine andere Tür führte in ein Schlafzimmer. Nachdenklich warf ich einen Blick hinein. Ein Ehebett und ein großer Kleiderschrank. Das Bett war sogar noch bezogen – nur eine Plane war darüber gespannt. Ich nickte wieder vor mich hin, ehe ich in den Wohnbereich zurückkehrte, als ihn etwas sagen hörte. Ich hatte ihn verlassen, als er begonnen hatte, seinen Sohn zu füttern. Nun war er zusammengesunken, der Baby auf seiner Brust mit dem Daumen im Mund.
Ich lächelte kurz, als ich sie so betrachtete. Ich konnte nicht gut mit Kindern, doch dieser Anblick, der sich mir hier schon bot, hatte schon etwas für sich. Und so schaute ich mir die beiden noch einen Moment an, ehe ich schließlich ein Stück Papier suchte, um eine Nachricht zu hinterlassen, wenn ich nun ging. Ich schrieb, dass ich morgen wiederkommen würde, sie sollten sich erst einmal ein wenig... „einrichten". Sie sollen sich erst einmal ausruhen und etwas entspannen – sofern ihnen das möglich war, etwas herunterkommen.
Nachdem ich die Nachricht auf dem Wohnzimmertisch hinterlassen hatte, verließ ich die Wohnung und machte mich durch die mittlerweile nicht mehr ganz so morgendliche Frische zurück zur Unterkunft meiner Familie. Meine Mom erkundigte sich, ob mein kleiner Spaziergang mir gut getan hatte, was ich – ehrlicherweise – bejahte. Denn...irgendwie hatte es mir gut getan. Immerhin hatte ich heute jemandem geholfen, auf eine gewisse Art. Sie hatten etwas zu Essen, Lebensmittel, und einen Ort an dem sie erst einmal untergekommen war und...ich musste sagten, das sorgte für ein gutes Gefühl, das ich noch über den ganzen Tag mit mir trug. Nicht einmal die immer trüberen Gedanken hin zu meinen „neu" entdeckten Talenten konnten diesem Empfinden lange Zeit etwas anhaben. Erst zum Abend hin wurde ich dann nachdenklich als an Schlafen ging. In meinem Kopf hatte es zu diesem Zeitpunkt zu rattern begonnen. Doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte mir keinen Reim darauf machen, auch wenn ich das deutliche Gefühl hatte, dass ich es eigentlich können müsste, dass ein Teil von mir es wissen und verstehen hätte müssen. Und doch...kam ich nicht darauf. Stattdessen schaffte ich es gegen zwölf endlich einmal Ruhe zu kommen und sank in einen traumlosen, wenn auch chaotischen Schlaf.

Am nächsten Morgen wachte ich wieder etwa um die gleiche Zeit auf wie ich es am Vortag getan hatte. Ein Moment und eine Chance, die ich zu nutzen wusste. Ich stand wieder auf, hinterließ eine Nachricht und verließ die Unterkunft und schlenderte durch die Stadt. Ich wusste, dass es früh am Morgen war, doch ich musste einfach bei ihm vorbeischauen. Ich wollte sehen, wie es ihnen über den vergangen Tag und die Nacht ergangen war – ob es ihnen bereits besser ging. Und so stand ich vor der versteckten Eingangstür und klopfte sachte und vorsichtig an die Tür, damit es niemand sonst hören konnte. Dann wartete ich geduldig ab, wippte allerdings mit dem Fuß leicht auf und ab – ich konnte es nicht leugnen, dass ich mir am Ende in dieser Nacht doch Gedanken gemacht hatte, was wohl geschehen würde, wenn man sie hier entdeckte. Ich hoffte inständig, dass das nicht geschehen würde!

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 06.03.2022 17:21

Während ich die Worte immer wieder vor mich hin flüsterte und mich auf die Wärme in meinen Fingern konzentrierte, hatte ich meine Hand auf seine Brust wandern lassen und sie flach über seinem Herzen abgelegt. Ich starrte auf meinen Handrücken und spürte, dass ich – zumindest physisch – zu träumen begonnen hatte...stierte nur noch vor mich hin, ohne zu sehen. In meinem Kopf war ich dabei nur auf diesen Moment fixiert und wie ich die Hitze meines Körpers in den seinen brachte, denn ich wusste, dass es ihm half...ich konnte nicht sagen, woher ich diese Weisheit nahm, doch ich war mir sicher, dass es so war – ich konnte es spüren. Ich spürte, wie die Wärme mit dem Licht in seinen Körper drang; das feine Blau, das sich zwischen meinen Fingern bewegte und rankte, schlich sich durch seine Kleidung in seine Brust. Dabei konnte ich nicht genau bestimmen, wie lange ich eigentlich so da saß, über ihn gebeugt und meine Hand an seine Brust gepresst...wie eine Herzdruckmassage...ohne Bewegung. Doch bald bemerkte ich, dass ich seinen Herzschlag spüren konnte, stärker werden und ich spürte, wie sich die Wärme in seinem Körper ausgebreitet hatte und...er wieder zu mir zurückkehrte...Und da: Er regte sich.
Noch einige Zeit flüsterte ich weiter, bis er die Augen aufschlug und zu mir aufsah. Meine Worte erstarben und ich zog meine Hand von seiner Brust – das Licht kringelte sich noch einen Moment warm und lebendig um meine Finger, ehe es erstarb und das Glühen in meiner Haut erstarb.
„Ich...äh", setzte ich zu einer Antwort an, ohne überhaupt zu wissen, worauf ich hinausgewollt hatte. „Nein", brachte ich dann heraus, die Worte kamen aus mir herausgeplatzt. Ich...hatte ihn nicht gerettet...oder? Ich wusste es nicht, ich konnte es nicht sagen. Ich hatte aus dem Gefühl heraus gehandelt und etwas versucht, dass bisher nur wenige Male wirklich funktioniert hatte, etwas getan, das mich in letzter Zeit allerdings öfter überkommen hatte: Der Wille, etwas zu verändern. Und wie ferngesteuert hatte ich genau im Kopf, was ich tun musste, um es zu erreichen...Doch dieses Wissen war meinem Bewusstsein verborgen – immer nur in Notfällen war es aus mir herauszuholen. Ich konnte nichts dazu sagen, ich konnte nur darüber nachdenken, was ich getan hatte – und..dass ich ihn damit aus seiner Ohnmacht zurückgeholt hatte. „Ich...ich weiß nicht, ob ich dich gerettet habe", flüsterte ich deshalb schließlich und konnte ihm dabei nicht direkt in die Augen sehen. Viel zu abgelenkt war ich von den Gedanken an das, was eben geschehen war – gleich zweimal in so kurzer Zeit...Ich fühlte mich so seltsam ausgelaugt. Ich lehnte mich etwas zurück gegen die Wand. Ich brauchte einen Moment, wie ich nun feststellte.
„Danke mir nicht", bat ich kurz darauf und schüttelte den Kopf.
Einige Zeit verging, ehe ich mich selbst wieder etwas gefangen hatte – in der Zeit hatten wir geschwiegen, um uns herum nur die Szenerie und die Geräusche einer erwachenden Kleinstadt an einem Wochenende...und ein Kind an seinem Körper, das leise vor sich hin quengelte. Und ich atmete tief ein und dann wieder aus, ehe ich mich wieder auf die Beine brachte, nachdem ich kurz noch neben ihm hocken blieb. Mein Atem schwebte in fetten Schwaden an meinen Augen vorbei in den Himmel – nach der Anstrengung war weißer und starrer als noch zuvor. Ich schwitzte und gleichzeitig war mir kalt in meiner winterlichen Kleidung – es wurde Zeit, wieder an einen anderen Ort zu gehen. „Natürlich", erklärte ich deshalb und reichte ihm eine Hand, griff ihm mit der anderen um den Rücken. Mit vereinten Kräften schafften wir es, ihn auf die Beine zu bringen – er wirkte instabil, deshalb stützte ich ihn weiter. Und ich nickte. „Ich hoffe es", erwiderte ich und warf ihm einen Blick von der Seite zu. Wenn ich ehrlich war, dann eigentlich auch nicht. Ich könnte ihn mit in die Unterkunft nehmen, doch es würde sehr schwer werden, das meiner Familie zu erklären...Also war das schon mal nicht möglich. Und erst einmal zu einem Arzt? Auch das war nicht die beste Idee – und auch nicht nötig. Ich meinte, das schlimmste behoben zu haben und nun brauchte es noch Zeit, in der er sich ausruhen und sich selbst wieder fangen konnte...mit Essen und einer Auszeit. Gab es vielleicht irgendwo ein heruntergekommenes Haus...das nicht auffiel und wo man mal schnell unterkommen konnte, ohne dass es jemandem auffiel? Denn wenn jemandem etwas auffallen sollte, würde das sicher seine Verfolger wieder auf die eine oder andere auf den Plan rufen...Jeder, der also von seiner Anwesenheit wusste, stellte also eine potentielle Gefahr dar...
Doch dann...Ich richtete mich kerzengerade auf, als wir gerade an eine Straßenecke gekommen waren; ich hatte ein seltsames Rauschen auf dem linken Ohr...Nachdenklich sah ich die Straße hinunter, aus der es zu kommen schien. Das Flüstern wurde erregter. Kurz kniff ich die Augen zusammen und versuchte, eine mögliche Quelle zu finden, doch bis auf ein Haus mit einigen leer stehenden Wohnungen konnte ich nichts...Meine Augen weiteten sich. In dem Haus schienen nur wenige Menschen zu wohnen, die anderen Wohnungen waren leer – ich nickte mit dem Kopf in die Richtung. „Komm", erklärte ich und schleppte ihn mit mir. Das Haus hatte mehrere Eingänge – einer, die Seite, wo niemand mehr zu wohnen schien, stand halb offen. Es roch muffig und nach Staub, doch...es war gemütlich auf seine Weise. Es war warm und geschützt und eine der Wohnungen schien erst seit Kurzem leer zu sein; es wirkte aufgeräumt und sicher. Ich setzte ihn erst einmal auf einen Sessel und achtete darauf, dass auch sein Kind vorsichtig abgesetzt werden konnte. „Würde...das erst einmal funktionieren?", fragte ich zögerlich. Etwas Besseres war mir jetzt nicht aufgefallen. Ich ließ den Blick schweifen – das Flüstern hatte aufgehört, doch es wirkte auf eine Frage zufrieden...wenn man es so nennen konnte.

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 15.01.2022 22:05

Ich betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn und einem sorgenvollen Blick. Er wirkte so sehr am Ende und auch seine Gedanken waren seltsam fern und wirr. Sie drehten sich um wenige Themen und hingen vor allem dem Moment von eben an...seinen ehemaligen Leuten - besonders einem...Ilian, doch in seine Gedanken gaben wenig Aufschluss darüber, was es mit ihm und ihrer gemeinsamen Geschichte auf sich hatte – und an das, was ich getan hatte. Und es durch seine Gedanken zu hören und zu sehen, ließ es auch für mich noch einmal sehr viel seltsamer erscheinen...Ich konnte es mir nicht erklären und gleichzeitig hatte es sich so natürlich und selbstverständlich angefühlt. Ein Teil von mir, der sich nur langsam bemerkbar machte, es aber nun endlich einmal geschafft hatte und mich auf sich aufmerksam gemacht hatte.
„Nein...", bestätigte ich noch einmal und schüttelte noch einmal bekräftigend meinen Kopf. Auch wenn ich das, wenn ich einmal ganz ehrlich war, auch nicht wüsste, wenn es so wäre, oder? Man konnte ja vieles sein, ohne es eigentlich zu wissen, nicht wahr? Man hatte ja schon einige Mal davon gehört – bei so manchen unserer tollen Superhelden war erst langsam herausgekommen, was es eigentlich mit ihnen auf sich hatte, anfangs wussten sie es nicht einmal selbst...Aber ein Engel? Das war ich nun wirklich nicht – und das in gleich mehreren Beziehungen und Bedeutungen des Wortes. „Nein", flüsterte ich noch einmal. Zum einen, um meine Antwort an ihn zu bekräftigen, zum anderen als Antwort auf meine eigenen Fragen in meinem Kopf, die ich mir dazu stellte. Nein, ich konnte kein Engel sein, wirklich nicht. Nein.
Nein. Aber was war es dann...?
Für diese Frage war dies wohl nicht der richtige Moment und ich schob sie schnell beiseite, schüttelte leicht und kaum merklich den Kopf für mich selbst. Kein Engel, aber irgendetwas anderes. Das reichte fürs Erste.
Und so nickte ich. Er war also nicht verletzt, erlitt nur die Folgen der Anstrengungen der letzten Zeit. Irgendwann brach auch der stärkste von uns zusammen. Ich bat ihm etwas Wasser und auch Brot an und hoffte, dass es jedenfalls für den Moment etwas brachte. Natürlich öffnete ich ihm die Flasche – es war ihm anzusehen, dass er es nicht schaffte. Und das nicht nur aufgrund seiner körperlichen Verfassung, sondern auch wegen seiner Psyche. Er war gerade mit so vielen Dingen beschäftigt, da ließ auf einmal auch alles nach. Als er kaute wirkte er schließlich auch etwas zufrieden und ich lächelte leicht, wenn auch besorgt. Er gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Doch ich wusste auch nicht, wie ich ihm helfen sollte, dabei dachte ich doch bereits darüber nach. Er müsste jetzt eigentlich nur noch irgendwo unterkommen, sich ausruhen, einmal ausschlafen, das würde für den Moment sicher reichen, damit er wieder auf die Beine kommen konnte, aber in diesem Augenblick sah es leider ganz und gar nicht so aus, als würde er überhaupt noch hier aus der Gasse kommen. Und tragen konnte ich ihn nicht...
Noch während ich darüber nachdachte, glitt er noch weiter an der Wand herunter. Hatte er gerade noch gezittert, war er nun ganz still. Seine Augen waren ihm zugefallen und er reagierte nicht mehr. „Felix...Felix?", fragte ich schockiert und rückte etwas näher, versuchte, ihn noch irgendwie zu halten. „Felix..." Sein Junge wurde nun etwas nervös. Oh Gott, nicht nur Felix, der nicht mehr bei mir war, sondern auch noch sein Kind, das Angst hatte und das es zu trösten galt. Ich war kein guter Babysitter. Ganz und gar nicht. Kinder mochten mich nicht und auch wenn, zugegeben, selbst Kinder nicht unbedingt mochte, konnte ich erst recht nicht mit ihnen umgehen! Meine Hände zitterten und ich begann zu schwitzen, was in der Winterkälte im dicken Mantel alles andere als angenehm war. Was sollte ich denn jetzt tun?! Mein Herz raste und ich versuchte immer noch, ihn irgendwie wach zu rütteln, doch es machte alles keinen Sinn. Er war so k.o., er war nicht mehr bei mir. „Felix..." Mit den Fingern tastete ich seinen Puls am Hals, er war schwach, aber immerhin an. „Heile...", flüsterte ich schließlich. „HeileHeileHeileHeileHeileHeile..." Blaues Licht leuchtete um meine Finger und eine seltsame Wärme durchfuhr mich und ich spürte wie sie direkt in meine Hand an seinem Hals wanderte und von dort in ihn überging...Die Gefäße unter der Haut schimmerten bläulich, als das Licht tiefer in seinen Körper wanderte. Ich konzentrierte mich darauf, es ihm leichter zu machen, damit er schneller wieder zu sich kommen konnte. „HeileHeileHeileHeile..."

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 27.12.2021 22:17

Wieder einmal stellte sich heraus, dass ich ohne ein Team alles andere als ein guter Held zu sein schien – denn kaum hatte ich meinen Schützling aus den Augen gelassen, geschah genau das, vor dem ich ihn doch eigentlich hatte beschützen wollen, während ich ihn mit Proviant versorgte, nicht wahr?
Panik kroch in mir hoch, als ich ihn nicht mehr finden – und es wurde auch nicht besser, als ich die Fremden auf der Straße ausgemacht hatte. als würden sie jemanden suchen. Wer was wohl war? Nein, dies war nicht der Moment, um sarkastisch zu sein, stattdessen musste ich handeln. Ich musste die Sache doch noch herumreißen; für mich, für ihn und ganz besonders für sein Kind!
Also machte ich mich auf die Suche, lauschte auf das kleinste Geräusch – auf jeder Ebene. Physisch wie auch mental; auch wenn ich das nicht bewusst beherrschte, wenn ich mich konzentrierte, würde ich ihn damit doch auch ausmachen können, oder? Schöner Gedanke, der mir am Ende allerdings nicht viel brachte, denn ich hatte ihn bereits. Zusammengekauert saß er in der Seitenstraße und hoffte darauf, dass ihn bloß niemand fand. Wie in einer anderen Welt hockte er da, kaum ansprechbar beim ersten Versuch. „Felix", raunte ich immer wieder. „Felix..." Doch er schien mich nicht zu erkennen. Und dann kamen auch noch die Stimmen näher. Panisch warf ich einen Blick über die Schulter – und tat das erste, was mir in den Sinn kam...Eine Sache, der ich nicht einmal einen Namen geben konnte. Hatte ich unbewusst mit ihren Gedanken gespielt? Dass ich sie nicht nur lesen, sondern auch manipulieren konnte? Ich wusste es nicht. Denn weder das eine noch das andere wären das bewusst gewesen, sondern nur ein Reflex, eine Haltung, die immer aktiv war und die ich nicht abstellen konnte.
Und doch...so unbewusst und aus den Tiefen dieses Handeln auch gekommen war, so heftig hatte es auch gewirkt – die Verfolger suchten schnell das Weite, schienen uns nicht einmal bemerkt zu haben. Das war auch der Sinn gewesen, dass es allerdings so nachhaltig und gut funktioniert hatte, freute und schockierte mich gleichermaßen...
Noch immer aufgelöst und durcheinander fasste ich schließlich Felix wieder ins Auge und musterte ihn. Er sah noch immer vollkommen durch den Wind aus – wie konnte man es ihm verdenken! –, doch es schien, als kehrte er langsam wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, zurück zu mir in die Wirklichkeit.
Ich schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln. „Wir haben es geschafft...", erklärte ich, schon ein wenig stolz, doch seine Worte überwogen und brachten mich aus dem Konzept. „Ein...?", wiederholte ich halb und meine Augen weiteten sich. Ich wusste gar nicht, was er damit meinte. Wusste er denn nicht, dass es mitunter...? Nun ja, Mutanten und so...Doch am Ende kam es womöglich auf dasselbe hinaus, wie man es auch drehte und wendete. Irgendjemand hatte ihn gerettet, der nicht ganz normal war. Doch ein Engel war ich nicht. Ich war weder himmlisch noch magisch – hatte ich bisher zumindest immer angenommen, auch wenn ich mir das von eben nicht anders erklären konnte. Ich war höchstens etwas dämonisch, im Himmel vermutlich alles andere als Willkommen...Schwul und so. Aber das war jetzt wohl nicht wichtig.
Stattdessen schüttelte ich leicht den Kopf. „Nein", erwiderte ich und runzelte leicht die Stirn. „...hast du dir den Kopf angestoßen oder so?" Vielleicht sah er deshalb so durch den Wind aus. Immerhin schien er auch tagelang nicht mehr viel gegessen und getrunken zu haben. Da konnte man schon mal halluzinieren und fantasieren, wenn es im Kopf durch den Mangel an Flüssigkeit und Nährstoffen nicht mehr rund ging. Ich musterte ihn. Er sah immerhin nicht verletzt aus. Also doch eher zu wenig getrunken und gegessen. Ich merkte es ja schon, wenn ich zu wenig getrunken hatte, wie mir der Kopf schwirrte. Ich wollte gar nicht wissen wie es in ihm aussah. Aber immerhin hatte dieser Moment auch etwas Gutes...Wir waren unsere Feinde erst einmal losgeworden und ich konnte meine kleine Hilfsaktion in Ruhe fortsetzen.
In diesem Sinne kramte ich auch den Beutel hervor und zeigte ihn ihm. „Hier...", sagte ich und öffnete den Beutel. „Ich habe Wasser und etwas Brot und auch für den Kleinen..." Ich warf ihm einen Blick zu. „...eine Kleinigkeit. Ich hoffe, das ist okay." Ich konnte ja nicht wissen wie es mit dem Alter und der Nahrung bei ihm stand. Vielleicht aß er ja noch gar nicht? Ich wusste es nicht. Aber es würder sich ja gleich zeigen. Und immerhin konnte ich mit Brot und Wasser nicht daneben liegen. Vielleicht fand ich wann anders auch noch einmal etwas schöneres für die beiden.

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 06.11.2021 01:13

Ich konnte seinen Gedankengang ja bestens verstehen – mir ginge es an seiner Stelle sicher nicht anders. Selbst in meinem eigenen Alltag war ich anderen immer wieder ewig dankbar...und konnte dann auch nicht anders, als es auch genauso auszudrücken. Ich könnte es auch nicht mit mir vereinen, es nicht zu tun und es so stehen zu lassen – viel zu sehr hätte ich Angst, dass der andere dann gar nicht wüsste, dass ich das alles ganz und gar nicht für selbstständig hielt und ihm inständig dankbar war. Nein, man sollte mich um Gottes Willen nicht für arrogant halten, indem ich mich zu wenig bedankte.
Deshalb konnte ich mich nur wenig beherrschen, lächelte ganz leicht vor mich hin, als er mich noch einmal zu überzeugen versuchte – und ich ließ ihn natürlich schweigend gewähren.
Und so ging ich schweigend neben ihm her, warf ihm immer wieder einen Blick zu, während ich gleichzeitig versuchte, mich auch richtig an den Weg zu erinnern, den ich mir bereits hatte im Gedächtnis behalten wollen, als ich das erste Mal durch die Stadt unterwegs gewesen war. Und ich betrachtete auch immer wieder das Kind an einer Brust. Im Moment schien es noch still, doch ich hatte irgendwie auch das Gefühl, dass es sich der Lage bewusst war, in der sein Vater sich befand und nicht noch mehr Ärger bereiten wollte. Doch das konnte auch nur so eine Empfindung sein – denn wahre Gedanken konnte man bei Kindern nicht aufgreifen, sondern es handelte sich bei den Vorgängen in ihrem Geist immer eher um einen bunten Wirbel aus Farben und Lichtern...immer lebendig und immer interessant. Doch in diesem scheinbar undurchsichtigen und zusammenhangslosen Durcheinander schwangen am Ende doch immer Gefühle mit – auf ihre ganz eigene Weise. Sie waren mit den von Erwachsenen nicht zu vergleichen, eher rudimentär, wenig komplex und dennoch nicht richtig greifbar. Und doch zeigten sie mir immer wieder, dass Kinder die Welt sogar noch sehr viel klarer und ehrlicher wahrnahmen als wir es vermochten – und das sogar schon in einem sehr jungen Alter. Sie waren nicht gelenkt von Vorurteilen und die Prägungen der Elternhäuser verleibten sie sich nur langsam ein; sie waren als im allerechtesten Wortsinne neutral und weltoffen.
Als er mir dann allerdings eine Frage stellte, sah ich etwas verwirrt auf. Ich konnte auch nicht sagen, ob er mir seinen Namen bereits verraten hatte oder ich ihn nur in seinem Geist aufgeschnappt hatte. Denn wenn ich einmal ehrlich war, schien er eine große Rolle zu spielen – auf einer Weise, die mir selbst noch schleierhaft war, doch er schwang immer mit, wenn es um ihn und seine Persönlichkeit ging. Nicht wie bei mir, sondern eher, als wäre er jemand anderes...oder jedenfalls einmal an einer anderen Stelle gewesen. Aber ich wollte gar nicht so sehr darüber nachdenken. Das war an dieser Stelle auch nicht wichtig.
Ich nickte schließlich leicht. „Das ist überhaupt kein Problem", erklärte ich mit einem beruhigenden Lächeln. „Du kannst mich ruhig Billy nennen."
Als wir schließlich den Supermarkt erreicht hatten, huschte ich schnell nach drinnen, um die eine oder andere Sache für die beiden zu besorgen, damit sie wenigstens kurzzeitig etwas zur Hand hatten. Ich hatte Glück und ich konnte wenigstens das ohne große Probleme über die Bühne bringen – und so stand ich nach kurzer Zeit bereits wieder auf der Straße, nachdem ich aus der automatischen Glastür wieder in die Kälte getreten war. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie warm es drinnen gewesen war – doch jetzt kribbelt mir die Nasenspitze und fühlte sich taub an und meine Ohren schmerzten durch den plötzlichen Temperaturunterschied. Aber ich machte mir nichts daraus, denn ich war allein auf der Straße! Ich hatte Felix zwar gebeten, etwas in Deckung zu gehen, vor allem, wenn ihm etwas Verdächtiges auffiel, doch nun schien er unauffindbar!
Ich geriet in Panik. Was wenn...?! Aber diesen Gedanken wollte ich gar nicht erst zu Ende bringen! Stattdessen ging ich leicht auf und ab – und dann sah ich sie: Menschen waren auf der Straße und wenn ich um den Fremden, dem ich gerade helfen wollte, nicht gewusst hätte, so wären sie mir trotzdem seltsam vorgekommen. Sie gehörten einfach nicht hier her. Allerdings konnte ich nicht richtig einschätzen, ob es sich dabei nicht um meinen feinen Sinn für das Verborgene handelte oder um den schlichten gesunden Menschenverstand. Aber auch das war an dieser Stelle nicht von Belang. Stattdessen machte ich mich – jetzt noch nervöser und verängstigt – auf die Suche nach den beiden Schützlingen.
Ich zischte seinen Namen in der Hoffnung, dass er mich doch irgendwie hören würde können – und beinahe zeitglich...war war das? Es schepperte in einer kleinen Gasse um die Ecke. Mit einem vorsichtigen Blick über die Schulter mahnte ich mich zur Vorsicht, besann mich aber zeitgleich darauf, dass ich auch ohne mein buntes Kostüm Großes bewirken konnte – und ich solchen Gefahren nicht das erste Mal zu bestehen hatte! Und so ging ich dem Geräusch nach – und fand die beiden zusammengekauert in einer Ecke.
In seinen Gedanken herrschte pures Chaos und ich musste den Blickkontakt für einen Moment abbrechen, um das Durcheinander, das es meinem eigenen Kopf auslöste, etwas dämpfen zu können. Dann räusperte ich mich und setzte ein bestimmtes Gesicht auf. „Sie werden euch nicht finden!", erklärte ich selbstbewusst – und hoffte inständig, dass er mich nicht zu schnell durchschaute und somit erkannte, wie viel Muffensausen mir das Ganze eigentlich bereitete. Daheim in New York hatte ich immer jemanden hinter mir – jemand, der mir den Rücken freihielt, doch an dieser Stelle war ich ganz allein auf mich gestellt; wenn ich scheiterte, würde nicht jemand anderes noch die Chance bekommen, um einzugreifen und meinen Schaden wieder zu richten, nein, dann wäre es wirklich vorbei. Wo war nur Teddy, wenn man ihn schon mal so sehr brauchte?! Und wenn er mich nur in den Armen hielte, um mir Kraft zu geben...
Ich hockte mich schließlich vor ihn hin. „Ganz ruhig!", redete ich auf ihn ein, doch ich konnte es bereits in seinen Augen kommen sehen. Sah er mich überhaupt noch? Ich hoffte, dass er nur mit den Nerven soweit am Ende war, dass er nicht mehr konnte, nein, er durfte mir an dieser Stelle nicht schlapp machen – allein würde ich mich nicht um ihn kümmern können und schon gar nicht um...Nein, nein, nein! Das Kind an seiner Brust hatte einen weinerlichen Gesichtsausdruck angenommen. Nicht jetzt, bitte...Bitte, nur Angst und kein Geweine, nicht jetzt, später gern! Und...waren das Schritte? Waren wir so laut gewesen?! Bitte, nicht auch das noch! Ich konnte nicht einfach mal etwas Glück haben, wieso musste immer alles auf einmal kommen?! Den halb erschlafften Körper des erschöpfen Felix haltend und seinem Sohn immer wieder flehende Blicke zuwerfend, fokussierte ich mich schließlich auf die Ecke, um die die Fremden jeden Moment kommen könnten.
Ich biss die Lippen zusammen, ehe es mich überkam: „Verschwindet, verschwindet, verschwindet, verschwindet, verschwindet...", flüsterte ich immer heftiger vor mich hin, um mich selbst zu beruhigen. Und immer weiter – irgendwann hallten die Worte in meinen Kopf seltsam nach und auch in der Gasse nahmen sie einen seltsamen Klang an. Ich spürte einen frischen Luftzug auf meiner Haut und der leichte Schnee zu meinen Füßen bewegte sich in dem leichten Hauch – bis ans Ende der Gasse, wo die Luft zu flimmern begann, wie das Hitzeflirren über einer Kerze, mit einem leichten, blauen Schimmer. Und als die erste Gestalt um die Ecke trat, dachte ich schon, es sei um uns geschehen – doch die Worte hielten sich beständig an meiner Zunge und drangen mir immer wieder über die Lippen...wie eine düstere Beschwörung hatten sie sich verselbstständigt und ich hatte keine Kontrolle mehr darüber. Sie waren nur noch da – das wichtigste in meinem Kopf...Verschwindet!
Die Begleiter folgten der Gestalt auf dem Fuße, doch sobald sie um die Ecke getreten waren, veränderten sie sich...In ihren Augen blitzte es seltsam blau auf und für einen Moment sahen mir alle Personen direkt in die Augen, es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, dann...wandten sie sich um. „Hier ist nichts!" Und sie gingen...Sie gingen einfach davon. Ich war mir so sicher gewesen, dass sie uns gesehen hatten, dass ich mich im ersten Moment nicht rühren konnte – und schließlich nur langsam aus meiner Erstarre erwachte. Mein Kopf fühlte sich seltsam leer an, das Flimmern war verschwunden und ich sank auf der Straße zusammen – neben Felix, den ich immer noch stützte, damit er nicht ganz das Bewusstsein verlor. „Hey", sagte ich und betrachtete ich eindringlich. „Sie...sie sind weg." Ich fühlte mich seltsam ausgeknockt – als hätte ich so eben eine mehrstündige Klausur geschrieben. „Wir...können weiter." Doch ich konnte mich in diesem Moment selbst noch nicht so richtig bewegen und brauchte eine Pause...was auch immer geschehen war, es hatte mir sehr viel abverlangt; und ich spürte etwas Warmes unter meiner Nase. Mit einem Finger tippte ich an die Stelle und stellte fest, dass es sich dabei um Nasenbluten handelte. Doch ich beließ es dabei, wischte es nur mit dem Ärmel meiner Jacke ab."Felix?", fragte ich wieder.

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 25.09.2021 21:01

Ich spürte, dass der Gedanke zur Polizei zu gehen ihm Unbehagen bereitete – umso besser war es wohl, dass ich es bereits ausgeschlossen hatte; seine Erleichterung sprach dabei Bände. Doch dahinter steckte noch sehr viel mehr. Ich konnte es nicht so klar lesen wie ich es wohl gern gewollt hätte, aber ich spürte deutlich, dass da noch etwas wahr – und bereitete mir ein schlechtes Gefühl; meine Nackenhaare stellten sich mir auf und ich bekam eine leichte Gänsehaut. Als fürchtete ich mich vor etwas...doch ich wusste nicht, was mir solche Angst einjagte. Denn immerhin handelte es sich dabei nicht um meine Gefühle. Ein Teil von mir meinte, dass ich wohl unbedingt besser darin werden musste, solche Dinge zu können, besser einzuschätzen und zu ergründen lernen musste. Doch wie trainierte man solche Dinge? Ich schüttelte leicht den Kopf. Gar nicht wichtig in diesem Augenblick.
Ich war umso glücklicher, dass ich seine Stimmung wieder etwas ändern und aufhellen konnte, indem ich meine Hilfe anbot – mehr oder weniger noch bevor ich überhaupt viel dazu gesagt hatte, denn, auch wenn ich nicht ganz wusste, was es wohl gewesen sein mochte, wirkte er etwas erleichtert, etwas fröhlicher.
„Ich...", begann ich schließlich. „Überhaupt kein Problem." Wirklich nicht. Ich musste mich zwar sehr beherrschen, den Gedanken abzuschütteln, sowieso nicht viel ausrichten zu können – ein Teenager, ohne sein Team und mit Kräften, mit denen er selbst nicht klarkam, die er nicht ergründen konnte und von denen er keinen blassen Schimmer hatte, wie sie überhaupt funktionierten und wie man sie kontrollieren könnte, allein irgendwo in einer Kleinstadt in Kanada –, doch irgendetwas konnte man immer tun! Und sogar meine Gedanken konnten ohne Punkt und Komma an mir vorbeiziehen wie ich wieder einmal feststellen musste. „Wirklich, du musst mir nicht danken." Die Worte fühlten sich irgendwie ungleich arrogant auf meiner Zunge an und ich hatte sie erst einmal etwas durchkauen müssen, ehe ich sie hatte aussprechen können. Ich wollte nicht, dass er sich bedankte – nicht, weil es für mich selbstverständlich war, jemandem zu helfen, der diese Hilfe brauchte (ich hatte vielleicht einen kleinen Heldenkomplex), jedenfalls war das nicht nur mein Gedanke, sondern ich wollte es nicht, weil...weil ich mir nicht sicher war, wie gut ich überhaupt etwas ausrichten konnte, und ich wollte bei dieser Sache keinesfalls wie jemand besonderes wirken. Ich hatte nur etwas Geld in der Tasche und ich würde ihm etwas kaufen können, doch ich wusste nicht, ob ich ihm auch nachhaltig helfen konnte – und das wurmte mich sehr. Und noch schlimmer wurde das, weil immer wieder diese Welle der Hoffnung auf mich überschwappte und mich selbst in ein Hochgefühl hüllte, das mir ganz und gar unangenehm war - es bereitete mir Bauchschmerzen und schnürte mir die Kehle zu. Deshalb ging ich schweigend neben ihm her und beobachtete ihn nur, während er sich um sein Kind kümmerte. Ab und an sah er sich um und ich konnte es ihm nicht verdenken, doch ich würde sagen, dass wir sicher waren – bei jedem, der uns entgegen kam, von den wenigen, die das an diesem frühen Morgen taten, überkam mich zuerst ein Hauch ihrer Gefühle. Und bisher war keiner von ihnen annähernd feindlich gesinnt. Ich nahm das als positives Zeichen – immerhin diese Hürde war erst einmal für ihn überwunden. Wie lange...das musste sich allerdings noch zeigen.
Einige Zeit später hatten wir den kleinen Supermarkt erreicht, der in einer Seitenstraße gelegen war. Ich bot ihm an, mich zu begleiten, doch am Ende kamen wir darin überein, dass es besser wäre, wenn er hier draußen wartete – und ich kam nicht umhin, den Gedanken zu teilen, denn hier draußen wäre er sehr viel mobiler als er es noch wäre, wenn er einmal den Laden betreten hatte. Wenn uns hier draußen jemand auflauern sollte, so könnte er sich erst einmal unauffällig entfernen, in eine weitere Seitenstraße. Ich ging davon aus, dass er an so etwas gedacht hatte. Oder hatte nicht gewollt, dass sein Kind im Laden zu sehr quengelte.
Einen Moment später trat ich ins Warme des Ladens. Die Tür gab einen Piepton von sich, ich nickte der Kassiererin mit einem leichten Lächeln zu, sie erwiderte es mit einer Handgeste, ehe sie sich wieder ihrer Zeitschrift widmete. Noch nicht viel los wie es schien. Ich verzog mich zwischen die hinteren Regale. Nachdenklich ging ich auf und ab. Ich hatte keine Ahnung, womit ich ihm am besten helfen könnte...Ein paar Brötchen zum Essen? Ein paar Flaschen Wasser? Ich streckte meine Hand mal hiernach und mal danach aus, doch ich geriet immer wieder ins Zögern, zog den Arm wieder zurück, überdachte die Entscheidung noch einmal. Ich knabberte an meinem Fingernagel. Wenn ich in meinem Anzug unterwegs war mit den anderen aus der Truppe, mit den Young Avengers, dann wusste ich immer, was zu tun war. Ich hatte eine Aufgabe, die galt es zu bewältigen. Alles war so eindeutig. Hier...hatte ich keine Ahnung, was ich tun sollte – und es hing das Leben von zwei Menschen daran, die in den Untiefen der Geschichte verloren gehen würde, wenn ich nicht hier wäre...Doch wieso war ich hier? Und wieso war es so schwer, einfach irgendetwas zu kaufen?!
Autsch! Ich hatte mir in das empfindliche Nagelbett gebissen. Kurz lutschte ich an der Fingerspitze, ein wenig Blut trat hervor. Shit! Aber immerhin war ich wieder da und ich war wieder wach, zurückgekehrt aus den Tiefen meiner kreisenden und erstickenden Gedanken. Ich schnappte mir eine Packung Brot und einen Sechser kleiner Wasserflaschen. Rasch ging ich durch die Regale wieder zurück, doch dann...ich zögerte einen Augenblick. Was war denn mit dem Kleinen? Ich hatte gar nichts für ihn, schon allein, weil ich gar nicht wusste, wie und womit man ihn versorgen konnte, wie Felix das anstellte. Und da war es...Brei. War das eine gute Idee? Ich wusste es nicht. Am Ende war es wohl egal, oder? Wenn ich es kaufte, dann hatte ich es eben, wenn nicht...vielleicht würde es dann im entscheidenden Moment fehlen, nicht? Und so schnappte ich mir einfach ein Glas und hoffte, dass das Geld reichen würde, als ich es auf den Tresen warf. Die Verkäuferin musterte mich, dann lächelte sie. Sie schien von Grund auf freundlich, wenn auch sehr abwesend mit ihrer Zeitschrift. Vielleicht war sie auch einfach nur froh, dass es endlich einmal jemanden gab, der etwas kaufen wollte, ein Kunde da war, den sie bedienen konnte. Sie kassierte ab – und war dabei so entspannt wie sonst wohl niemand bei der Arbeit. Leicht auf den Fußballen wippend sah ich ihr ungeduldig dabei zu. Immer wieder warf ich einen Blick durch die Glasfassade nach draußen zu dem Fremden. Er war noch da und hatte eine Hand bei seinem Kind, beruhigte es, nahm ich an, denn er sah immer wieder zu ihm herunter.
„...50..." Ein seltsamer Hall in der Ferne. „Hallo? Junger Mann? 4,50 macht das...Hallo?" Ich schüttelte leicht den Kopf, nachdem der Sinn ihrer Worte endlich zu mir durchgedrungen war. „Oh...ich...Achso." Ich lächelte entschuldigend, ehe ich hastig in meiner Tasche nach dem Geld kramte. Es dauerte etwas...aber dann hatte ich es! Ich warf es auf den Kassentresen, ehe ich es nachzählte...es fehlten noch zwanzig. Scheiße! Ich biss mir auf die Lippe. „Hören Sie, es ist wichtig...ich brauche das unbedingt..." Sie lächelte nicht mehr. „Wir sind nicht die Wohlfahrt kleiner." Sie baute sich auf, doch dann...brach sie wieder zusammen und sah sich um. „Aber weil du so ein Niedlicher bist, schenke ich dir die zwanzig. Aber...los!" Sie deutete auf den Ausgang, ehe sie wieder nach hinten sah. Vermutlich saß ihr Chef irgendwo und dem war es sicher nicht recht, dass sie einfach auf Geld verzichtete. Erstaunlich, denn ansonsten schien er sich nicht dara zu stören, dass sie auf der Arbeit Zeitschriften las und am Handy war. Doch mich sollte das als letzten belasten. Also packte ich alles rasch zusammen. „Danke", sagte ich und sprang zur Tür. „Danke!", rief ich noch einmal über die Schulter, als ich wieder auf die Straße stürzte, die...leer war. Ich sah mich um. Ich fühlte mich wie im falschen Film. War er nicht noch eben...?! "Felix?!", raunte ich, doch ich schien weit und breit der einzige zu sein.

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 28.08.2021 23:21

Okay...
Es gab vermutlich kein schlimmeres Wort, mit dem man jemanden zurücklassen konnte – selbst wenn man nur für einige Augenblicke in seine Gedanken abtauchte. Doch ein bloßes Okay sagte praktisch nichts aus. Und es gab so gut wie keine Konntoierung – meinte man es nun gut mit seinem Gegenüber oder nicht, brauchte man nur noch einen Moment länger oder interessierte einen das Thema eigentlich gar nicht? Nichts ging daraus hervor.
Ich fing seine Zweifel – und seine Hoffnungen – auf. Eine Mischung aus Überlegungen, Ängsten und Erinnerungen, die unweigerlich wieder auf ihn einfielen. Ich konnte die Zusammenhänge nicht ganz verstehen, doch ich bemühte mich auch nicht allzu sehr darum; es war mehr wie ein fernes Rauschen, das ich nicht abstellen konnte, doch sich schnell wieder verlor. Ich wollte ihm die Möglichkeit lassen, mit sich allein zu sein – sicher, er wusste nicht, dass ich die ganze Zeit über schon ein Lauscher an der Wand in seinem Geist war, doch ich wollte gern fair sein, wie mit allen anderen auch. Ich klinkte mich in nichts ein und versuchte einfach, es so weit zu übergehen wie ich es eben konnte. Denn ich wüsste wie es mir damit ginge, wenn jemand dauerhaft ein ungebetener Gast in meinem Kopf war.
Und schließlich hatte ich auch einen Vorschlag parat. Doch seine Gefühle nach meinen Worten ließen sie mich auch gleich schon wieder bereuen – ich wünschte, ich hätte es nicht gesagt. Niemand, der ernsthaft auf der Flucht war, begegnete gern der Polizei, nicht? Und er schien eher mächtige Gegner zu haben – sicher könnte sich jemand von ihnen auch bei der Polizei umhören. Auszuschließen war es wohl nicht. Doch wie ich bald erfahren sollte, steckte noch etwas ganz anderes dahinter...So blieb ich aufmerksam. Dabei zog ich meine Jacke enger um mich, als eine frische Böe aufkam.
Ich runzelte die Stirn. „Vergessen wir's einfach...", sagte ich, leise allerdings und schüttelte ganz leicht den Kopf, machte mir schon wieder neue Gedanken. Aber er war noch nicht fertig. Ich unterbrach meine Überlegungen noch einmal, sah ihn wieder an.
Mitgefühl machte sich auf meinem Gesicht breit, ohne dass ich es dosieren konnte. Ich konnte mir vorstellen, dass er in diesem Moment andere Dinge eher brauchte als Mitleid von einem dahergelaufenen Teenager. „Das tut mir sehr leid", sagte ich dennoch. Meine Stimme war noch immer recht leise. Ich wollte sein Kind nicht aufwecken, auch wenn ich mir sicher war, dass es in letzter Zeit ganz andere Dinge hatte mitmachen müssen als jemanden, der zu laut sprach.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nein", sagte ich und hob abwehrend die Hände. „Überhaupt nicht nötig." Selbst wenn ich ihm nachhaltig helfen können sollte, wäre es absolut nicht nötig, mir irgendetwas dafür zu geben. Ich brauchte nichts, ich wollte nichts. Ich wollte ihm nur...helfen...sofern ich das konnte. Er brauchte mich auch nicht unbedingt noch darum zu bitten. Ich mochte vielleicht kein Avenger sein, doch ich hatte außergewöhnliche Kräfte. Die machten es natürlich nicht aus – schon allein, weil ich immer noch nicht wusste, wie ich sie wirklich gezielt und nach meinem Willen einsetzen konnte –, denn viel wichtiger war wohl der Wille zum Helfen und sich ein Herz zu fassen, es zu tun. Alles etwas, das ich wohl von mir behaupten konnte.
„Alles gut", sprach ich dann schließlich und nickte bekräftigend. „Ich helfe euch. Für den Anfang kann ich euch sicher etwas zu essen beschaffen." Immerhin hatte ich Geld und könnte etwas kaufen. Dann würden es vielleicht nicht die Brötchen für meine Familie werden, aber wir hatten sie vermutlich sehr viel weniger nötig als diese beiden.

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 13.08.2021 16:44

Seine Erleichterung war nicht zu übersehen. Sie spiegelte sich nicht nur in seinem Gesicht und seiner Körperhaltung, sie überkam ihn wie eine Welle – und mich gleich mit. Mir blieb kurz der Atem weg, denn es waren nicht meine eigenen und mein Körper war nicht auf sie vorbereitet gewesen. Für einen Augenblick wurde ich davon umspült wie eine warme Welle am Südseestrand – es drang in jede Pore und mir wurde ganz warm in meiner Brust.
Ich holte tief Luft.
Dann war es auch schon wieder vorbei. Ich hatte mich gefangen und mein Körper konnte es einordnen und entsprechend verarbeiten – eine Wahrnehmung meiner Sinne, die...eben auch außersinnlich empfinden konnten.
Ich räusperte mich kurz. Nun, man konnte danken, wem man wollte. Doch es war nichts, was ich noch nicht gehört hatte. Engel...Auf der anderen Seite...war ich eine Hexe, die auch ein Mutant war, und auf eine seltsame, seelenverbindende Weise mit einem Wildfremden verwandt war, dem ich bis auf's Haar glich – äußerlich jedenfalls – und meine Mutter war meine Mutter, aber meine Mutter-Mutter war eine realitätsverändernde Hexe, die mich und meinen Bruder erst herbeigezaubert hatte, ehe sie uns wieder verloren hatte, damit wir...woanders wiedergeboren werden konnten...unter anderen Menschen, als andere Menschen. Und dennoch war man wohl irgendwie dennoch verwandt – was nicht zuletzt unsere Fähigkeiten nahelegten. Also waren Engel in dieser Welt vermutlich nichts das seltsamste – und auch nicht, dass jemand herumlief, um ihnen speziell zu danken. Doch vermutlich hielt ich mich wieder zu sehr an Einzelheiten auf, die ich aus einem Gespräch fischte, in dem es überhaupt nicht wichtig war.
Und endlich bekam ich auch eine Antwort auf meine Frage. Im ersten Moment waren seine Worte wirr für mich, kaum zu verstehen und machten keinen richtigen Sinn. Doch sie waren intensiv – in ihnen lag etwas...Es schwammen viele Bilder mit, die ich nicht einordnen konnte, nicht einmal richtig erkannte, doch sie trafen wie hunderte kleine Messerstiche; fest und stark. Solche Gedanken und Gefühle hatte ich bisher nur selten wahrnehmen können. Nicht intensiv genug, nicht tief genug verbunden mit dem, was in der Person im Augenblick vorging. Eventuell hatte ich mich auch nur noch nicht oft genug mit Menschen verbunden, die tatsächlich intensive Gefühle durchmachten – immerhin konnte ich das noch nicht lang und es entwickelte sich erst noch.
„Okay" war das erste, das ich wieder sagen konnte während ich nachdenklich nickte. Etwas sagte mir, dass es eine große Sache war, mit der ich es hier zu tun hatte. Zum einen...wer wusste schon, was sich hinter dieser Sekte tatsächlich verbarg? Im Grunde waren Sekten harmlos, was sie so gefährlich machte, waren die Menschen dahinter, die Gefühle, die sie auslösten und in die Welt setzten – und die Lügen, die sie in die Köpfe der Menschen pflanzten...Die Hoffnungen, die sie in einem wachriefen. Aber diese Welt war groß und vielschichtig – und wie wir immer wieder feststellen mussten, was sie immer noch viel größer und es gab noch so viel mehr als es man es bis dahin angenommen hatte. Und es gab mittlerweile einige Sekten, die sich Dormammu verschworen hatten, weil er ihnen unglaubliche Macht und Unmengen magische Kenntnisse versprochen hatte. Kulte und Sekten gab es viele – und es gab immer noch mehr, die sie befeuerten und stärkten. Doch...War ich nicht ein Avenger..? Taten wir nicht so etwas? Auch wenn es nicht auf der großen Bildfläche der Welt geschah, New York, Seoul, London...? Auch in der Nachbarschaft? Jeder von uns konnte ein Held sein, auf seine Weise. Und wenn man es etwas mehr sein konnte...wieso dann nicht? Aber ich war ein Young Avenger...Nichts als ein Teenager mit Superkräften. Das machte es nicht weniger gefährlich – und mich nicht weniger grün hinter den Ohren. Gott! Ich klang schon wie Captain America..
Ich räusperte mich schließlich. Ich würde sagen, ich hatte eine Entscheidung getroffen, auch wenn sie mir Bauchschmerzen bereitete – aber ich konnte sie nicht einfach wegschicken, mich nicht umdrehen und wieder gehen. Er brauchte Hilfe, man musste ihm Helfen – und das waren nur ein paar Handgriffe, nicht? Wie schlimm konnte das schon sein. Nein, ich wollte ihm helfen! Aber...
„Sollte man nicht vielleicht auch, na ja, die Polizei einschalten?", fragte ich vorsichtig und musterte ihn genau dabei – wie er wohl reagieren würde. Und ich fühlte nach. Ich scheute mich noch, direkt in jemanden vorzudringen und in ihn hineinzuhorchen, doch...ich konnte meine Fühler ausstrecken und lauschen, auf jede kleinste Veränderung seiner Stimmung und versuchen zu verstehen, was es damit auf sich haben könnte. Ein guter Plan. Nur hatten viele meiner Pläne die Angewohnheit, nicht lange gut zu laufen...Doch...das sollte uns jetzt nicht stören. Statistisch gesehen musste ja dann auch einmal etwas gut gehen, nicht?

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Jamie

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Re: Billy & Felix ~ Auf der Flucht

von Jamie am 05.08.2021 15:09

Er wirkte alles andere als überzeugt von meinen Worten – auf der anderen Seite konnte ich es ihm jedoch auch nicht verdenken. Kein Verbrecher ging geradewegs auf die Polizei zu und würde sagen, dass er dies oder das getan hatte, niemand hielt an, wenn die Polizei ihm hinterherlief – und keiner, der jemandem etwas antun wollte, würde es nicht hinter einem „Hab keine Angst" verstecken. Für solche Handlungen waren Menschen viel zu emotional – und, ob sie es wollten oder nicht, zu sehr um ihr eigenes Leben besorgt.
Ich rührte mich nicht von der Stelle – und ich ließ ihm seine Zeit. Ich für meinen Teil betrachtete ihn derweil nur – und besonders das Kind, das er sich um die Brust gebunden hatte. Ein seltsamer Zustand – und ein noch sehr viel eigenartigeres Bild bot er damit. Er wirkte gehetzt, als wäre er lange gelaufen, zwischendurch immer wieder gerannt, und hatte in der Zeit nur wenig zu sich genommen – wenig Wasser, keine Nahrung. Er war kein Wanderer, kein Spaziergänger, niemand, der nur zufällig über dieses Städtchen in der kanadischen Landschaft gestolpert war – nein, hinter ihm steckte so viel mehr, auf das ich mir jedoch keinen Reim machen konnte. Die Bilder, die ich aufschnappte, waren schwammig, die Gedanken abgehakt und durcheinander. Das konnte aber auch genauso gut daran liegen, dass er sich in einem absolut miserablen Zustand befand; es war wahrscheinlich, dass er selbst keine klaren Gedanken fassen konnte, Erinnerungen sich mit Wahrnehmungen aus dem Jetzt mischten und er nicht wusste, was in diesem Moment wohl Sache sein mochte.
Ich runzelte leicht die Stirn. Es wirkte, als hätte er einen Entschluss gefasst – denn auf einmal war in seinem Kopf alles zum Stehen gekommen; als wäre er auf einen einzigen Punkt fixiert und dieser würde ihm wieder abhandenkommen, wenn er ihn nicht festhielt – oder von diesem Gedanken hing sehr viel ab. Als Telepath könnte man manchmal ein Studium in Psychologie sehr gut gebrauchen. Die Dinge lesen und sehen zu können bedeutete immerhin noch lange nicht, dass man auch immer etwas damit anfangen zu wusste – man konnte auch nur mutmaßen. Menschen waren deshalb auch noch kein offenes Buch, sondern noch immer individuell verschlossen – ihr Wesen verborgen hinter Gedanken, Gefühlen, Stimmungen, Erfahrungen...immer mit einem Kern, den es erst zu ergründen galt, ehe man verstehen konnte, was es zu bedeuten hatte – und wie es den Menschen zu eben jenem Menschen machte, der er heute war.
Und so hatte ich nicht kommen sehen, was schließlich geschah.
Ich zog beide Augenbrauen nach oben und hatte den Mund leicht erstaunt geöffnet. Ich konnte deutlich spüren, dass es eine außerordentliche Bedeutung für ihn hatte – und wenn mein telepathisches Vermögen mir einmal wirklich nützlich sein sollte, dann auf die Weise, dass es mir sagte, dass diese Worte den ganzen Moment hier auf der Straße entscheidend verändern konnten. Doch...das konnte vermutlich auch jeder, der auch nur ansatzweise empathisch und taktvoll war erkennen.
Die Frage, die sich an dieser Stelle nur stellte...Was war die richtige Antwort? In seinem Geist war die Antwort greifbar, doch was würde es bedeuten? Ich hatte diesen Ausspruch noch nie gehört – würde es die Lage kippen oder hätte ich sein Vertrauen? Nichts in ihm konnte mir Aufschluss darüber geben; er war nur furchtbar angespannt, das Adrenalin schaffte es scheinbar, jedenfalls für den Augenblick jede Erschöpfung beiseitezuschieben.
So blieb es erst einmal still. Ich brauchte Zeit, von der ich wusste, dass ich sie nicht hatte – mit jedem Moment, der verstrich, wurde es eigenartiger...und die Antwort verlor ihr Gewicht...Und wenn sie doch wichtig war?
Ich biss mir auf die Unterlippe. Und auf einmal hatte ich einen Einfall. Zunächst noch nachdenklich die Stirn gerunzelt, straffte ich kurz darauf meine Schultern und stellte mich etwas aufrechter hin, sah ihm tief in die Augen.
„Wer verfolgt euch?", fragte ich nur.

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