Raleigh & Louise ~ The Unusual Pub Acquaintance [beendet]
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Martha
Gelöschter Benutzer
Re: Raleigh & Louise ~ The Unusual Pub Acquaintance
von Martha am 11.02.2021 22:12Ich neigte meinen Kopf einmal nach links, dann nach rechts und zuckte leicht mit den Schultern. „Könnte man so sagen", erklärte ich schließlich. „Ich reise im Allgemeinen aber sehr viel." Immer wenn es mich irgendwohin zog, war ich schnell wieder aufgebrochen. Geld, Zeit, Reisemethoden, Verkehrsmittel...mit solchen Dingen musste man sich als Vampir nicht mehr unbedingt auseinandersetzen. Vampir zu werden hatte in gewissen Punkten schnell den Effekt, als sei man zu viel Geld gekommen – irgendwie ließ sich eben alles regeln und umsetzen, wenn man wusste wie. Und es lag in der Natur der Vampire, einen Weg zu finden – in unserer Natur vielleicht noch sehr viel mehr als in der der Menschen. Schließlich waren wir es – wie die meisten anderen Übernatürlichen auch – die sich immer wieder etwas einfallen lassen mussten, um unerkannt durch die Welt zu kommen. Wie Vampire hatten aufgrund unserer tiefsten Wesensart nur in der Regel bereits einen Vorteil; wir waren äußerst anpassungsfähig, erfinderisch und bereits aus ihrem tiefsten Innern heraus einflussreich.
Ich gluckste leicht. „Das Gefühl kommt mir bekannt vor." Ich hatte einmal eine Studie darüber gelesen: Wenn man Menschen in einen vollkommen stillen Raum setzte und ihnen keine Aufgabe gab, suchten sie sich sehr viel eher eine. Menschen waren gern geschäftig. Wenn es um sie herum etwas lauter war, gingen ihre Handlungen allerdings unter. Allein war man immer in einem gewissen Zwiespalt; man war allein mit sich und seinen Gedanken, nur wenn man etwas tat, die Hände und den Kopf beschäftige konnte man sich ablenken – und zeitgleich nicht langweilen. Im aufgeregten Treiben der Öffentlichkeit war dies allerdings nicht notwendig. Eine Bar wie diese hier konnte einen also tatsächlich ablenken, meine jedenfalls die Psychologiestudentin in mir.
„Nein", erwiderte ich amüsiert und schenkte seinem Aufzug noch einmal einen längeren Blick. „Die Kleidung ist es nicht." Es war einfach...etwas. Man konnte es nicht in Worte fassen, es stand einfach im Raum. Vielleicht lag es auch nur an meinen feinen Sinnen und dass ich oft einmal Dinge an anderen wahrnahm, die sonst nicht erkennbar waren. Vielleicht lag es aber auch an mir – das konnte man auch nicht ausschließen. Trotz aller scharfen Sinne und dem gewissen Gespür, unseren Instinkten, waren Vampire dennoch fühlende Wesen (in gewisser Weise jedenfalls) und das konnte einen immerzu beeinflussen und hatte noch jeden Sinn getrübt.
„Das ist er wohl."
Um was es mir ging? Ich zuckte leichthin mit den Schultern und nahm wieder einen Schluck. „Es muss einem nicht immer um etwas genaues gehen, verstehen Sie? Manchmal handelt man einfach aus einem Gefühl heraus, aus einem Gedanken. Ohne eine feste Intention. Man weiß nur, dass man es eben tun will." Ich wusste nicht, woran ich war oder wo ich mit ihm hin wollte. Nicht mehr, wenn ich ehrlich war. Über unser eigenartiges Gespräch hinweg war mir die Lust aus einen kurzen Durstlöscher vergangen, ausnahmsweise konnte ich den Durst sogar einmal etwas ausblenden, aber ich hatte auch nichts Sexuelles im Sinn. Selbst wenn man nie ganz sagen konnte, wo eine Sache hingehen würde, so ging es mir mittlerweile genauso wenig um ein schnelles Ding. Ich hatte sehr viel eher eine Art von Ablenkung gefunden, wie ich sie lange nicht mehr kannte, und das konnte durchaus auch etwas vollkommen Absurdes sein – wie unser Gespräch in diesem Moment.
„Hm", machte ich anfangs nur. „Das muss und wird sich zeigen." Ich zuckte einmal mehr mit den Schultern. Alles zu seiner Zeit, ich hatte Geduld.
Re: Raleigh & Louise ~ The Unusual Pub Acquaintance
von Raleigh am 20.02.2021 02:52Martha
Gelöschter Benutzer
Re: Raleigh & Louise ~ The Unusual Pub Acquaintance
von Martha am 27.02.2021 23:16„Eher als Hobby, könnte man sagen", ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte schon den einen oder andere Beruf gehabt, doch die meisten hatten wenig mit dem Reisen zu tun. Es ließe sich ohnehin nur schwer umsetzen, denn solche Reisen musste so schnell wie möglich hinter sich gebracht werden und nicht wie man es eben wollte – und als Vampir wäre das schwer umsetzbar. Immerhin konnten wir nur schlecht am Tag reisen, nicht wahr? Wir starben in der Sonne zwar nicht, doch sie schwächte und entblößte uns, denn sie entstellte uns, indem sie uns schwere Brandwunden zufügte – ein Umstand, der dank unserer hohen Regenerationsfähigkeit zwar schnell wieder behoben war, doch für den Moment war es eben so und für alle erkennbar. Doch man allein konnte natürlich reisen wie man wollte. Und so war ich gereist und hatte schon fast jedes Land dieser Welt gesehen.
Ich schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Sicher waren wir damit nicht allein, vermutlich gab es noch sehr viel mehr, denen es so ging....Dass die Gedanken laut wurden, wenn man allein war und keine Ablenkung finden konnte.
Hm? „Kein Mann der großen Worte?", scherzte ich mit einem weiteren sanften Lächeln. Nun, nicht jeder verlor sich gern in Redeschwallen und Wortgefechten wie ich. Und das war auch in Ordnung so. Ansonsten würden Menschen wie Übernatürliche ja gar nicht mehr aus dem Reden rauskommen. Ich für meinen Teil liebte es, wenn ich mich in lange Reden verstricken konnte – und noch schöner war es, wenn ich es auch mit jemandem zu tun hatte, dem es ähnlich ging und mit dem ich deshalb endlos philosophieren konnte. Leider etwas, das bereits etliche Jahre nicht mehr vorgekommen war.
Und je länger dieses Gespräch anhielt, umso mehr stellte ich fest, dass der hübsche Fremde und ich sicher das eine oder andere gemein hatten – und vielleicht sogar mehr als es uns lieb war –, aber ansonsten wenig Ähnlichkeit aufwiesen. Und dennoch, es war seit langsam mal wieder ein Gespräch mit Substanz, das mir gefiel und zusagte.
„Und wenn ich gar nicht von Spontanität spreche?", gab ich dann zurück. Mich auf etwas einzulassen, das mir zugeflogen kam, war nicht immer direkt auf Spontanität zu beziehen. Ich sah es eher als ein geduldiges Warten auf das, was da kommen mochte. Während spontan sein doch eher bedeutete, sich auf Neues einzulassen, ohne es vorher durchzuplanen, nicht wahr? Und so wenig wie ich es etwas plante an dieser Stelle, so sehr beobachtete ich doch lieber und wartete ab, ohne mich auf etwas einlassen zu müssen. Doch so angesäuert wie geworden zu sein schien, so wenig wollte ich auch mit ihm streiten. Streitereien und Zankereien waren etwas, für das einem in der Unsterblichkeit einfach die Kraft und Motivation fehlten.
„Was wäre so schlimm daran, wenn es das nicht täte?", hakte ich nach und neigte den Kopf dabei etwas zur Seite. Auch wenn man ohne ein Ergebnis ging, so hatte man ja doch ein Ergebnis, nicht wahr? Nämlich keins. Es war zu nichts gekommen, man hatte sein Ziel erreicht – oder eben nicht. So konnte es gehen. Solche Momente der Unentschlossenheit, der Unbestimmtheit, waren nicht wertlos. Und wenn wir an diesem Abend kein Ende mehr fanden und kein Ergebnis hatten, wäre es für mich nicht sinnlos gewesen. Doch ich wusste auch, dass die Menschen das gern anders sahen. Für sie zählte jeder Augenblick – und jeder Moment, in dem sie nichts in der Hand hatten, war für sie verschenkte Zeit. „Ich halte Sie außerdem nicht fest. Sie können jederzeit gehen", fügte ich dann schließlich noch an und wandte mich meinem Glas zu, um einen Schluck zu nehmen. Er konnte ja gehen, wann immer er wollte. Und wenn er in diesem Gespräch keinen Sinn mehr sah, konnte er sich einfach zurückziehen – ich würde mich ihm nicht aufdrängen und ich würde ihn auch nicht hindern.
Re: Raleigh & Louise ~ The Unusual Pub Acquaintance
von Raleigh am 05.03.2021 21:03Martha
Gelöschter Benutzer
Re: Raleigh & Louise ~ The Unusual Pub Acquaintance
von Martha am 25.03.2021 22:36Ich nickte. Ja, da hatte er recht. Man war zu nichts verpflichtet, war unabhängig und selbstbestimmt – man konnte einfach für sich allein entscheiden, was man unternahm, je nachdem, wo es einen gerade hinzog. Doch unsere Welt war so furchtbar endlich, wie Unsterbliche leider schnell vorstellen mussten; auch wenn sich die Welt der Menschen unglaublich schnell bewegte und verwandelte, blieb es dennoch immer bei den gleichen Mustern im Herzen veränderte sich kaum etwas, im Kern, im Zentrum allen Seins. Es war wie mit dem Fernsehen; neue Schauspieler, neue Schauplätze und dennoch waren es die gleichen Handlungen und Systeme, denen man immer wieder in verschiedenen Sendungen begegnete. Als jemand, dem der Tod niemals begegnen sollte, wenn er nicht heraufbeschworen wurde, wurden diese immer gleichen Wege leider sehr schnell klar und ersichtlich...Vielleicht lag es aber auch nur an mir. Die wahren Freuden der Welt der Sterblichen...zu denen hatte ich immer schon nur schwer Zugang gefunden; Liebe, Sex, Drogen, Partys. Auch die Unsterblichen gaben sich nur zu gern diesen Dingen hin – vor allem weil sie keinerlei Schaden davon hatten, anders als die Menschen. Doch ich war im Geiste schon immer außen vor gewesen, mehr ein Beobachter als jemand, der sich hineinwarf.
Ich musterte den fremden Mann neben mir für einen weiteren Moment. Diesen so schweigsamen und gehaltenen Mann. In ihm schlug ja dennoch ein liebendes und empfindendes Herz. Ich hatte es bereits vom Anfang an gespürt. Ich war sehr sensibel dafür; der Puls hatte einen ganz bestimmten Klang bei ganz bestimmten Stimulationen. Und als ich ihm Avancen gemacht hatte, hatte sein Herzschlag eine besondere Frequenz angenommen, die ich nur aus einer Situation kannte: Es gehörte bereits jemandem...Da war jeder Charme natürlich vergebliche Liebesmüh und ich hatte es gelassen. So durcheinander mein Verhalten damit auf ihn auch wirken musste. Doch was konnte besser gegen Charme und Liebeszauber immunisieren als das wahre Gefühl, das jeder Zauber und jede Illusion einem nur vorgaukeln konnten?
Mit einem Schmunzeln betrachtete ich nachdenklich meine Finger vor mir auf dem Bartresen. Wie man es auch auslegte, es war doch ganz gleich. Ich war immer eher intuitiv gewesen als spontan. Da gab es immerhin einen Unterschied. Ich plante meinen Alltag, mein Leben – so unsterblich und unveränderlich es auch war, so unzerstörbar – und dabei hörte ich auf mein Herz und meine Intuition. Doch ich war keinesfalls spontan und handelte sonderlich impulsiv. Doch ich sprach meine Gedanken nicht aus. Ich wollte mich mit diesem so hübschen Mann nicht streiten, der mir seine Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt hatte und dessen Aura und seine Worte etwas hatten geben können, was ich seit einer Weile nicht mehr gespürt hatte.
„Wissen Sie", begann ich schließlich und sah dabei noch lange auf meine makellosen Hände. „Manche Dinge kommen uns einfach so zugeflogen, ohne dass wir es beeinflussen können. Und wie gesagt, ich weiß nicht, was sich zeigen könnte – oder was sich eben nicht offenbaren soll..." Ich zuckte lächelnd mit den Schultern. „Aber das Universum schenkt und nimmt, lässt geschehen oder verhindert es. Und ich finde einfach, dass wir ein offenes Auge und Ohr dafür haben sollten und auch unser Herz bereits sein sollte für was auch immer da vor der Tür stehen sollte." Ich machte kurz eine Pause, nippte an meinem Drink. „Und heute soll sich nur eins zeigen: Sie ein sehr angenehmer Umgang für ein altes Weib wie mich und ich denke Ihnen für das Gespräch." Ich sah ihm direkt in die Augen. Wie falsch er doch damit lag. Wenn ich es wollte, würde keiner heute Nacht diese Bar noch verlassen. Und ich müsste mich dafür nicht einmal von der Stelle rühren. Doch natürlich könnte er gehen – wie auch alle anderen. Ich würde niemanden halten, mich an niemandem vergehen. Und ich konnte sie in seinen Augen sehen; das Mädchen, dem sein Herz gehörte. Die einzige, der ihm zum Reden bringen konnte und die ein Lächeln auf seine Lippen zaubern konnte.
„Auf ein eventuelles Wiedersehen", sagte ich schließlich, nachdem ich mein Glas geleert hatte und schwungvoll vom Barhocker gerutscht war. „Es hat mich sehr gefreut. Und wer weiß, wenn der Mond günstig steht, sieht man sich vielleicht einmal wieder." Ich zwinkerte ihm zu und strich mit einer Hand über seine Flanke. Ein Vampir konnte einfach nicht anders.
Dann ging ich beschwingten Schrittes durch die Bar, vorbei an den tanzenden Menschen und der fröhlichen kleinen Band auf der Bühne. Im Freien wurde ich von einem klaren Hauch kühler Luft umfangen, die sich sofort in meine Lungen zog. Wie erregend. Doch in meinem knappen Outfit fröstelte es mich nicht einmal. Und so brach ich mir ungerührt meinen Weg durch die Schwaden der Raucher, die sich angeregt unterhielten. Es kostete mich kaum Zeit, durch die Nacht mit nahendem Morgen zu gleiten bis ich meine Wohnung erreicht hatte. Geschmeidig und unauffällig war ich dahin geschritten, verschwand durch die Tür. Das war eindrucksvoller, wenn auch sehr merkwürdiger Abend geworden. Und es hatte mir sehr gefallen. Solche Kontakte und Situationen hatte ich vermisst, solch ein Gefühl...Teil von etwas zu sein, auch wenn es nur ein eigenartiges Gespräch mit einem Fremden war, der mich dazu gebracht hatte, ihn weder auf die eine noch auf die andere Weise zu verzehren. Wieso blieb ich dann hinter der Haustür abrupt stehen und sank an ihr herunter, die Augen tränennass? Ich wusste es nicht. Vampire verloren irgendwann den Bezug zu ihren Gefühlen und wurden auf eine edle und elegante Weise kalt und distanziert. Doch manchmal traf es mich wie der Schlag, wenn sie wieder da waren...wie aus dem Nichts, wegen einem winzigen, unscheinbaren Auslöser. Und ich lachte, während ich weinte, weil ich weinte. Wie ich mich vermisste...
----->Louise OUT>-----
(Auch wenn es ein schräges Play war - vielen Dank ♥)