Leonardo &' Louise: Old Souls and Modern Lives [ZWANGSCUT]

[ Nach unten  |  Zum letzten Beitrag  |  Thema abonnieren  |  Neueste Beiträge zuerst ]


Martha
Gelöschter Benutzer

Leonardo &' Louise: Old Souls and Modern Lives [ZWANGSCUT]

von Martha am 09.06.2021 22:48

{Gifs folgen morgen }

Eine schwüle Sommernacht. Die junge Ekon Louise ist nach Europa zurückgekehrt - eine Reise zur Selbstfindung. Denn auch in der Unsterblichkeit hat man noch Zweifel daran, wer man ist und was man letztendlich von seinem Dasein will, mit dieser Gabe (oder dem Fluch?) anstellen sollte.
Ziellos und dennoch genießend schlendert sie deshalb durch die Nacht von Venedig - dem ersten Ziel auf ihrer Liste. Und damit ist sie natürlich nicht allein; hunderte von Menschen sind auf der Straße - Touristen, Einheimische oder einfach solche, die das Leben genießen wollen, dass in dieser eigenwilligen Stadt auch nachts herrscht. So wohl auch der unbeschreibliche Leonardo da Vinci höchstpersönlich.
Vollkommen zufällig und doch auf eine gewisse Weise aneinander gebunden - sei es eine gewisse Ähnlichkeit oder nur der Hunger eines Vampirs - steht ihnen noch eine eindrucksvolle Nacht bevor.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 15.06.2021 15:30.

Martha
Gelöschter Benutzer

Re: Leonardo &' Louise: Old Souls and Modern Lives

von Martha am 09.06.2021 22:49

Die Sommerluft lag schwer und feucht auf meiner kalten Haut. Ich schwitzte nicht, doch die Feuchtigkeit der Welt legte sich auf meinen Körper und hüllte ihn ein – bald musste ich genauso geschwitzt und überhitzt aussehen wie all Feiernden, die mir entgegen kamen. Doch ich störte mich nicht daran. Manche Dinge änderten sich nie – denn damals wie heute waren die italienischen Sommer heiß, doch die Kanäle Venedigs erfüllten die Luft mit einer schwülen Feuchtigkeit, die einen überallhin zu verfolgen schien; bis in die dunkelsten und verstecktesten Winkel.
Und ich liebte es. Ich hatte den Charme der alten Welt schon immer geliebt und lange in mein Herz geschlossen – noch bevor ich die Neue Welt überhaupt hatte sehen können. Schon als Schulmädchen hatten mich die geschichtsträchtigen Länder Europas interessiert; England, Italien, Spanien, Österreich, sogar Frankreich, so sehr man damals auch mit dem Gedanken konfrontiert gewesen war, dass es sich dabei um unsere Feinde handelte – die Nachbarn, die uns nichts gönnen wollten, uns Grund und Boden nahmen, immer im Sinne, das Deutsche Land zu untergraben...
Ich hatte nie solche Gedanken geteilt, nur schweigsam am Tisch gesessen, wenn mein Onkel wieder damit angefangen hatte. Auch meine Mutter und meine Tante waren nur mehr oder weniger darauf eingegangen – gerade genug, um ein Gespräch zu führen, ohne eine eindeutige Aussage treffen zu müssen, seinen Standpunkt zu verraten. Doch mein Onkel, ja, der war immer schon ein brennender Patriot gewesen...Als der Krieg den Kontinent auseinandergerissen hatte, war es mir schwer gefallen, noch einmal einen Schritt zurück zu wagen; es war nur ein einziger Besuch gewesen. Meine Tante war früh geflohen, unter Todesdrohungen meines Onkels, wie ich mitbekommen hatte, mein Onkel seines Zeichens allerdings ein glühender und feiernder Anhänger des Nationalsozialismus. Meine Mutter hatte es zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr gegeben – der Verlust ihrer einzigen Tochter, das einzige, das sie noch gehabt hatte, hatte ihr das Herz gebrochen...
Doch dieses Schicksal war wohl immerzu mit dem unsterblichen Leben verbunden – wer nicht starb, ließ immer die zurück, die es noch konnten. Sie wurden alt und verloren ihren Glanz, die Augen blind, die Ohren taub und fielen irgendwann dem Alter zum Opfer, während wir immer weitergingen. Nicht dass es viele meiner Art interessieren würde, wenn die Menschen aus ihren ehemaligen Leben das zeitliche segneten. Denn die meisten von uns waren nicht wie ich...sie waren ganz anders – die hielten sich für etwas bessere, ihr alten Leben wertlos für sie und nur ein ferner Hall, an den sie nicht mehr zurückdachten. Wenn man es sich aussuchen konnte, vielleicht erging es einem dann so, doch wenn man es aufgezwungen bekam...? Ich suchte schon seit Jahrzehnten nach einer Antwort auf diese Frage. Vielleicht spielte auch die Zeit eine Rolle – je älter man wurde, umso weiter entfernte man sich von seinem ehemals menschlichen Leben. Distanz brachte immer auch ein gewisses Vergessen und Geringeschätzen mit sich – das ging uns genauso wie den Menschen so.
Doch genau aus diesem Grund wollte ich nicht darüber nachdenken – vielleicht würde es auch mich eines Tages erhaschen, vielleicht würde ich auch niemals so werden. Ohnehin würde das nur die Zeit zeigen, von der wir ja nun mehr als genug hatten.
Ich atmete tief durch. Der Geruch von Schlick, Salzwasser und Sonne stiegen mir sofort in die Nase, doch auch ein Hauch von Müll und der Duft nach Blut und Leben, der überall hing – den Menschen nachfolgte, die sich durch die schwüle Nacht bewegten. Von einer Party zur anderen. Ich hatte das letzte Mal vor meinem Flug etwas zu mir genommen. Das war schon mehr als vierundzwanzig Stunden her.
Doch ich verzichtete vorerst. Dieser Urlaub hatte auch andere Gründe. Ich hatte wieder einmal etwas Neues sehen wollen, den Ort wechseln wollen. Und so sehr New York mein fester Wohnsitz geworden war, so gern reiste ich auch noch immer. Denn auch wenn man irgendwann einmal überall gewesen war, so schnell veränderte sich die Welt in den Händen der Menschen auch wieder und es konnte wenige Jahre später an einem Ort wieder ganz anders aussehen. Und ich war seit fünfzig Jahren nicht mehr hier gewesen – der Unterschied war unglaublich!
Mit einem leichten Seufzen blieb ich schließlich an einer Reling stehen und stützte mich darauf ab, sah auf das Wasser hinaus, das diese Stadt durchspülte wie winzigste Blutgefäße in einem Körper – es versorgte jede kleine Straße mit seinem kühlen Nass und brachte Leben überall dorthin, wo es anbrandete.
Ich drehte mich um und sah auf den Steg hinaus. Von weiter unten her drang Musik heran – eine Strandparty? – und Menschen gingen in die wie in die andere Richtung. Ein interessanter Anblick. Solch geschäftiges Treiben, selbst mitten in der Nacht. Und ich mochte es, ihnen dabei zuzusehen. Das hatte ich immer schon als sehr entspannend empfunden, auch als ich noch einer von ihnen gewesen war. Diese Bewegung, diese Gemeinschaft und doch war jeder für sich, ein eigenständiges Individuum. Ein riesiger Schwarm voller Einzelexistenzen... Das blühende Leben – an dem ich mich nun allerdings auch auf andere Weise ergötzen musste. Und in dieser Nacht würde ich mir wohl noch einen Snack genehmigen müssen – allerdings ohne jemanden zu töten. In diesem Fall würden sie nichts spüren. Es würde sich wie das beste anfühlen, das sie in ihrem Leben erlebt hatten – wenn ich ihre Gedanken durcheinander gewirbelt hatte, natürlich. Ich wollte nicht, dass sie traumatisiert waren, dass sie Schmerzen leiden mussten, wenn ich sie schon laufen ließ. Auf der anderen Seite war es auch vollkommen scheinheilig, denn ich redete mir dadurch unbewusst genauso ein, dass sie mir ihr Blut freiwillig überließen, wenn ich sie zuvor hypnotisierte und es in ein ekstatisches Erlebnis verwandelte. Ich wollte nur dieses schlechte Gewissen beruhigen...
Noch in Gedanken schlenderte ich weiter – auf die Musik zu, von der ich hoffte, dass sie mich ablenken könnte, meinen Kopf in eine andere Richtung drehen konnte, wenn ich mich nur lange genug von ihr tragen ließ. Oft genug hatte das schon geklappt – du immer wieder hatte ich die Hoffnung, so noch etwas zu verändern.
Und dann geschah es auch schon. Ich spürte zunächst warme Haut an meiner Haut – eine blitzschnelle Eingebung in meinem Kopf – und stieß ihn im nächsten Moment auch schon mit der ganzen Körperhälfte zu Seite. Gott, ich musste mich in einer solchen Situation wie ein unbeweglicher Stein mit katzengleicher Eleganz anfühlen, denn mit einer galanten Drehung fing ich mich wieder, während er beinahe auf allen Vieren auf dem staubigen Steg zu Boden gegangen wäre. „Es tut mir leid!", warf ich sofort ein und stellte mich zu ihm, um ihm wieder auf die Beine zu helfen – und um ihn dabei ganz heimlich noch einmal berühren zu können. Ein Prickeln auf der Haut, wie von Elektrizität, doch es fühlte sich anders an wie bei anderen. Es war kraftvoller, brannte fast auf meinem sonst sehr unbeeindruckten Fleisch. So warm und energetisch. Mein Instinkt erwachte – das sollte er sein für diese Nacht! Solche Energie, sie würde über Tage reichen, meinen Durst zu stillen – und könnte meine Kräfte nachhaltig stählern! „Ist alles in Ordnung?", fragte ich ruhig und neigte den Kopf etwas zur Seite, wobei meine Haare von meinen Schultern fielen – sanft, wie Watte glitten sich durch die schwere Luft. Golden dahinfließendes Blond. Meine hellen Lippen zu einem entschuldigenden und einfühlsamen Lächeln geformt. Meine Augen wach und aufmerksam. „Ich sollte manchmal besser auf meine Umgebung achten..." Ich kicherte leicht auf und zog die Luft bewusst durch meine Nase ein. Ihm hing ein leichter Hauch von Alkohol an – und Schweiß, der von kräftigem Deo und Parfum, wenn nicht sogar Afteshave zu überdecken versucht war. „Waren sie auf der Party? Ist die gut?", fragte ich ihn leichthin und winkte mit einer Hand vage in Richtung der Musik. „Ich habe überlegt, ihr auch einen Besuch abzustatten, aber ich wäre leider allein..." Ich zuckte mit den Schultern; eine sanfte Geste, die jedoch ebenso einen gewissen Appeal aufwies. Solche Gaben waren uns mit der Wiedergeburt in die Wiege gelegt – und sie waren ganz besonders dann ordentlich ausgeprägt, wenn sie uns nutzen sollten; auch wenn wir der Zielstellung gar nicht zugestimmt hatten. So edel ein Ekon auch lebte, so elegant er durch sein unsterbliches Dasein schritt, wenn es um seine Ernährung ging, war er ein wildes Tier – wie ein dahergelaufener Skal aus den Kanälen von London; schmutzig kämpfend, nichtsgönnend und gierig. Doch keiner von uns würde das jemals zugeben und laut aussprechen – nicht einmal ich selbst.

Antworten

Leonardo
Gelöschter Benutzer

Re: Leonardo &' Louise: Old Souls and Modern Lives

von Leonardo am 10.06.2021 12:20

Es war ein schwerer und heißer Sommer in Venedig. Selbst die Nächte waren schwül und nahezu unerträglich. Für die Einheimischen und Touristen allerdings kein Grund, nicht auf den Stegen zu feiern. Musik dröhnte durch die Wasserstraßen, über die Brücken und Plätze der Stadt. Lichterketten erhellten die Wege. Die Wärme in dieser Stadt fühlte sich für den Unsterblichen Universalgelehrten vertraut an. Auch wenn der Klimawandel für jemanden wie ihn deutlich zu spüren war. Es gab kaum mehr richtigen Schnee im Winter. Und auch die Hitzewellen waren manchmal stärker und manchmal schwächer, im Sommer.  Heißer, leicht feuchter Wind blies den Mann in seinen 30ern Jahren entgegen, als er die Party verließ. Er hatte bereits etwas Alkohol getrunken, und seinen Spaß unter den Feierenden gehabt. Doch Leonardo war sich sicher, dass Johanna von Orleans das gesamte Castillo nach ihn absuchen ließ, wenn er nicht pünktlich nach Hause kam. Er wusste, dass dieser kleine Heimat-Trip nur eine kleine Auszeit von dem Krieg und den stetigen Kampf gegen das Böse war. Aber diese Feier und Venedig war bitter nötig gewesen. Seine Inspiration war schon seit fast 50 Jahren im Eimer. Er hatte keine Leinwand mehr bemalt, keine Skizzen mehr angefertigt. Einfach, weil die Mächte des Bösens seine gesamte Aufmerksamkeit benötigten, wenn Leonardo alle Studenten der magischen Künste und den Wall, der sie alle beschützen sollte, auch wahrlich beschützen wollte. Doch er genoss die Auszeiten, die kleinen Momente, wo man einfach dem Impuls folgen konnte. Lachen, Tanzen, flirten. Das war beinah wie damals in seiner Jugendzeit in Florenz. In seinen Gedanken kehrte er oft zu Ethan nach Hope in Kanada zurück. Der Künstler, den Leonardo nicht hatte sterben sehen wollen. Nicht können. Er hatte es nicht noch einmal ertragen, denjenigen den er liebte, altern zu sehen. Ethan war jetzt in den Fünfzigern, hatte graue Strähnen und trug die Haare noch immer lang. Zumindest war es bei Leonardos letzten Besuch in Hope noch der Fall gewesen. Außerdem war er in Hope nicht sonderlich beliebt, die ganzen Bettgeschichten, die er gehabt hatte, führten dazu, dass man Leonardo von allen Unsterblichen mit argwöhnischen Blicken begutachtete, wenn er das magische Dorf in Kanada besuchen wollte. Ein Trip nach Italien sollte den Unsterblichen auf andere Gedanken bringen. Ihn wieder inspirieren und am Leben teilnehmen lassen, so wie damals. Bevor er sich aus den Geschehnissen komplett rausgezogen hatte. Schließlich machte Kleopratra ja auch nichts anderes, als Shoppen zu gehen und mit gewöhnlichen Männern anzubändeln. Warum das nicht beim Schöpfe packen und auch unter Menschen zu gehen? Feiern, flirten und einfach mal die Kämpfe um das Castillo und den Wall zu vergessen. Einfach nur für einige Zeit, man selbst sein. Frei sein, von dieser Last. Dieser Verantwortung, die man trug. Seine Distanz zu Ethan hatte zwei Herzen gebrochen - sein eigenes, aber auch das von dem liebeswerten Künstler, der in den Gassen New Yorks damals versucht hatte Fuß zu fassen. Einige Leute strömten an ihm vorbei, zu der Feier hinüber, die er im Begriff war zu verlassen - in seinem Kopf drehte sich alles. Es herrschte ein Durcheinander von Fragen. Warum hatte das Feiern ihn nicht genügend abgelenkt? Hätte er eine er schönen Blondinen vielleicht um den Finger wickeln sollen? Eine gemeinsame Nacht mit ihnen in den Armen verbringen sollen, um nicht ständig daran zu denken - Ethan zu hintergehen? Er war aus Hope geflohen, er hatte diesen Teil seiner Vergangenheit abgehakt. Und jetzt? Jetzt dachte Leonardo darüber nach, was aus ihnen geworden wäre, wenn er nicht aus Kanada verschwunden wäre. Aber auch wen es mehr weh getan hatte, Ethan, der dunkelhaarige Mann mit dem unwiderstehlichen Lächeln oder ihm, der unsterbliche Universalgelehrte, der schon etliche Beziehungen geführt hatte. Der aber auch eine ganze Zeit lang von einem Bett ins Nächste geschlüpft war, ohne tiefere Gefühle überhaupt entstehen zu lassen. Erst bei Ethan hatte das Ganze aufgehört, und Leonardo hatte sich tiefere Gefühle hingegeben. Gefühle, die ihn auch dazu veranlasst hatten, Ethan hinter sich zu lassen. Menschen waren für rein körperliche Beziehungen ganz gut, aber tiefere Gefühle für Normalsterbliche zu hegen, zerbrach im Endeffekt einen immer das Herz. Denn Sterbliche waren nun einmal sterblich. Sie alterten, ergrauten, bekamen Falten und Alterflecken, die Haut wurde runzelig, die Augen trüber. Bis dann auch die Krankheiten und die Gebrechlichkeit kam. Der Tod - der den geliebten Menschen, einen dann für immer nahm. Leonardo hatte aus diesem Grund versucht, mit Johanna und Tomoe zusammen zu sein. Und beide Beziehungen, zu den beiden Unsterblichen Frauen, waren im Alltag des Rates auseinander gegegangen. Sie hatten sich einfach auseinander gelebt, auch wenn sie noch immer ziemlich gute Freunde waren. Aber diese tiefere Gefühle waren einfach nicht mehr da. Es sollte einfach nicht mehr sein. Leonardo war seit Ewigkeiten nicht mehr in Venedig gewesen, wenn man es genau nahm - nicht mehr seit er mit seinem mathematischen Freund zu seinen Lebzeiten versucht hatte in dieser Stadt eine Anstellung zu finden. Doch Venedig hatte damals keinen Künstler gebraucht, und waren von Leonardos Erfindungen auch nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Es hatte etwas beruhigendes über die Stegs zu spazieren. Nach so langer Zeit, wieder frische Seeluft zu schnuppern, unter den Sternenhimmel zu tanzen und zu lachen. Leonardo hatte es vermisst, wenn er ehrlich war. Zudem konnte er wieder Italienisch sprechen, seine Muttersprache, ohne das der verfluchte Kontaktstein alles auf Deutsch beziehungsweise Englisch übersetzte. Er hatte den Stein zu diesem Trip nicht mitgenommen. Leonardo wollte das Wochenende lang, einfach nur Leonardo sein. Sich nicht mit Schattenkriegern rumschlagen, mit den Problemen des Archivs des Rates oder mit Tomoes Neckereien, auch wenn er diese Neckereien genauso genoss. Leonardo schlenderte mit den Händen in den Taschen seiner beigefarbenden Hose den Steg hinan, in seinen Gedanken versunken, spürte er wie er mit jemanden zusammen stieß. Kühlere Haut stieß gegen seine - er zuckte leicht zusammen, weil er damit nicht gerechnet hatte. Und dann rempelte die Person ihn auch schon mit der ganzen Körperhälfte zur Seite. Leonardo verlor den Halt und stürzte zu Boden. Während er sich mit den Händen abfangen wollte, wirbelten die Gedanken in seinen Kopf. Hatte er als Unsterblicher doch zu viel getrunken? Oder war diese junge Frau, die eine fabelhafte Drehung absolvierte, und fast schon majestätisch wirkte, stärker als sie aussah? Zum Glück half die Frau ihm auf, und er bedankte sich ohne groß nachzudenken auf Italienisch bei ihr. Doch als sie begann Englisch mit ihm zu sprechen, verstand er, dass die junge Frau wohl nicht aus Italien stammte. "Es ist alles in Ordnung, Madam", sagte Leonardo und fuhr sich durch seine dunklen Haare, seine dunkelbraunen Augen legten sich musternd auf die merkwürdige Begegnung, die er hier am Steg gefunden hatte. Die junge Frau hatte goldene blondene Haare, die ihr über die Schultern fielen, wie die Wellen des Meeres. Die hellen Lippen waren zu einem entschuldigen und einfühlsamen Lächeln geformt, und Leonardo hatte aus einem unerklärlichen Grund, das Bedürfnis, diese Frau zu Malen. Sie festzuhalten, in ein Bildnis, dass die Schönheit der reinen fast durchsichtigen Haut und dem Anblick ihres feminien und schmalen Gesicht gerecht war. Ob er als der Perfektion, ein solches Porträt von dieser Frau anfertigen konnte, ohne den Pinsel fluchend durch den Raum zu werfen oder die Leinwand einfach abzustellen, weil es seiner Meinung einfach nicht dieser Dame gerecht wurde? "Es ist generell ratsam auf seine Umgebung zu achten", erwiderte Leonardo und lächelte hauchdünn, auf ihre nächsten Worte. Natürlich kam er von der Party, und verdammt ja sie war gut gewesen. Und ist vermutlich noch immer richtig gut, aber Leonardo wusste auch, dass er wieder nach Hause gehen sollte. Er trug ein Kurzärmliges Hemd, dessen obere Knöpfe offen waren. "Nun ich könnte Sie auf die Party begleiten, myLady", sagte er mit einem honigsüßem Lächeln auf seine wohlgeformten Lippen. Die Musik und die Lichter der Strandparty waren wirklich einladend, auch wenn Leonardo diese neue Musik nicht so gewohnt war - solange er nach dem Alkohol mit RedBull oder einen anderen EngeryDrink hinunter kippen konnte, und ausgelassen feiern durfte. Eine Dame sollte niemals ohne Begleitung irgendwo hin gehen, und diese Frau wirkte beinah wie gemalt auf ihn - er musste sie unbedingt Malen. "Dann wären Sie nicht mehr allein..."
Leonardo wusste zwar auch, dass Johanna vermutlich nicht erfreut wäre, wenn sie von seinen nächtlichen Ausflug erfuhr. Er konnte auch noch ein paar Stunden dran hängen, schließlich war er in Venedig und paar Stunden mehr einfach nur frei sein. Der Universalgelehrte war sich sicher, er hatte seine Muse gerade von ganz allein gefunden. 
Und wer wusste schon, ob diese neue Muse, vielleicht Mona Lisa den Rang streitig machen würde? Vorausgesetzt, die junge Frau vor ihm, gab ihm die Erlaubnis sie zu malen. Leonardo musste sich nur noch überlegen, wie er sie fragen sollte. Immerhin war das keine gewöhnliche Frage. Und heutzutage war es auch nicht mehr so einfach, jemanden zu Malen wie früher. Es gab kaum mehr Leute, die für ein bisschen Geld Modell standen oder sich geschmeichelt fühlten, wenn ein Maler sie bat, sie auf Leinwand zu verewigen. Damals waren 16 Jährige meist schon fast erwachsen - heute waren es noch zur Hälfte Kinder. Manchmal war es ganz schön verwirrend, in der Welt der Sterblichen. 

Antworten

« zurück zum Forum