Felix' Wohnung

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Felix
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Felix am 06.10.2020 15:04

Fast schon ein wenig unwohl wandte Felix den Blick von Dawn ab, starrte stattdessen auf den Tisch zwischen ihnen.
er konnte es ja selbst nicht genau erklären. Seine Zeit in der Sekte, bei den Aetherianern war...furchtbar gewesen. Ja, keine Frage. Es war sogar schrecklich gewesen. Er hatte sich nie verstanden gefühlt, immer nur als das Übel gesehen, hatte physische und psychische Schmerzen verspürt, war von diesem Stimulanzien abhängig gemacht worden und und und...
Und troz all dem, trotz all diesen Schmerzen und all de Grauen, welches man ihm dort angetan hatte, trotz all den Exorzismen...weigerte er sich, die Aetheriander als wirklich bösartig anzusehen. Weil ihre Lehren - für ihn zumindest - Sinn ergeben hatte. Weil er den Glauben, welchen sie dort anpriesen, zu seinem Glauben gemacht hatte. Dort waren natürlich die grausamen Leiter gewesen, die kalt waren, undverständlich, ihn immer nur mit 'der Bösen' oder 'der Teufelin' angeredet hatten, aber...aber er hatte auch ein paar Freunde gehabt. Ilian zum Beispiel. Der ihm selbst jetzt noch von der Ferne aus beistand. Und der einzige, mit dem sich der Geschlechtsverkehr nicht so angefühlt hatte, als müsste er jeden Augenblick sterben als würde er innerlich erstochen...
Er verstand es ja selbst nicht. Wie konnte man etwas hassen und gleichzeitig nicht verteufeln wollen?
"Sie...haben versucht mir zu helfen, Dawn", sprach Felix leise. Hier sprachen die immerwährenden Zweifel aus ihm, die sich gerade - und generell - wieder mächtig aufgebaut hatten. "Auf ihre eigene, falsche schmerzende Weise und doch haben sie in ihrem Glauben versucht, mir zu helfen." Und er war abgehauten und...
verdammt. Er dürfte diese Gedanken wirklich nicht zulassen!
Ein Blick zu Max reichte, um sich wieder halbwegs zu fassen.
Und natürlich Dawns Frage. Tja. Das war der Knackpunkt. Felix lächelte schwach. "Tja, was angeht..." Er zögerte. Aber es war seine Zwillingsschwester da vor ihm, seine Dawn. Er musste sich wirklich erst wieder daran gewöhnen, jetzt wieder alles mit jemandem teilen zu können. "Was mich angeht, weiß ich es ehrlich gesagt. Ich bin nur jemand, der von einem Dämon besessen ist und vielleicht auserwählt werden könnte...obwohl es eher unwahrscheinlich ist, da ich die gesamte Zeit nicht auserwählt wurde. Also...keine Ahnung, inwiefern sie mich suchen würden. Aber Max..." Sein Herz rutschte in die Hose nd er blickte zu seinem Sohn, der den Versuch aufgegeben hatte, sich alle Finger in den Mund zu stopfen und jetzt die Gitterstäbe umklammerte. "...er ist ein auserwähltes Kind. Es ist...sowas kommt praktisch nie vor bei den Aetheriandern. Und symbolisiert praktisch alles, worauf sie hin arbeiten. Also... nein." Felix schüttelte den Kopf. "Sie lassen uns nicht einfach gehen. Ich bin heimlich in der Nacht geflohen und sie suchen uns. Deswegen habe ich auch meinen Nachnamen geändert und alles, in der Hoffnung, so schwerer zu finden sein. Und deshalb...naja..." Unwohl zuckte Felix mit den Schultern. "...deshalb war meine erste Frage an dich, wie du uns gefunden hast. Ich hab Angst, den Aetheriandern könnte es auf die gleiche Weise gelingen. Sie dürfen Max nicht bekommen."
Wieder sah er zu seinem Sohn. Max. Sein auserwähltes Kind. Die Aetheriander würden es als oberste Schande betrachten, dass das auserwählte Kind nun Zeit in der 'verunreinigten Menschen'-Welt verbracht hatte, wo es doch für die Engel bestimmt sei. Bestimmt würden sie mehr als nur einen Exorzismus an ihm durchführen und dann...
...tja. Niemand wusste so genau, was im Heiligtum getan wurde. Die normalen Anhänger kamen dort niemals rein - und natürlich erst recht keine von Dämonen besessene wie er...
Mühsam zog sich Felix zurück ins hier und jetzt, zurück ins eine Schwester. Es waren Gedanken für später. Er wollte wissen, wie es seiner Schwester ergangen war, wollte alles wissen, nun, da sie so unvermittelt aufgetaucht und wieder in sein Leben getreten war. Er wollte so für sie da sein, wie sie versprochen hatte, für ihn da zu sein. Unbedingt und immerwährend.
Doch ihre Antwort auf seine Frage war...ausgesprochen kurz. als sie Mum ansprach, nickte Felix mitleidvoll. Auch ihn hatte es lange Zeit verfolgt- bis seine Gedanken gezwungernermaßen auf ganz andere sachen gelenkt wurden. "Hey, ist schon okay." Es war nur ein unterschwelliges Gefühl, dass ihm asgte, dass seine Schwester ihm Wichtiges verschwieg. Doch er würde nicht nachbohren. Falls es wirklich etwas geben sollte (und dank den Stimulanzien hatte Felix gelernt, nicht allzu sehr auf seine Gefühle zu vertrauen, denn für gewöhnlich erwiesen sie sich als falsch oder Halluzinationen), konnte sie jederzeit mit ihm sprechen, aber er würde sie niemals zwingen. "Ich weiß, es muss sehr schwer gewesen sein. Vielelicht kannst du mir ja später mal erzählen, wie du nach Rom gekommen bist und was du alles erlebt hast.. ich bin immer für dich da." Er sah ihr in die Augen und lächelte sie liebevoll brüderlich an. "Und es freut mich sehr, dass  Harper noch immer bei ihr ist!"
Schon ind er Grundschule hatten sie drei Freundscahft geschlossen. Es war selten,d ass eine Grundschul-Freundschaft über die Grundschule hinaus hielt, erst recht bis nach der HighSchool und darüber hinaus. Doche s freute ihn wirklich zu hören. Er hatte Harper sogar noch länger nicht gesehen, als Dawn. "Wie geht es ihr denn?", fragte er.
Felix hatte so lange fernab der Zivilsation,f ernab seiner Familie und seinen ehemaligen Freunden gelebt, dass es ihn fast schon nach Informationen dürstete. Es war ein schönes Gefühl, dass Max nicht mehr allein waren. Ein wirklich schönes Gefühl.
Plötzlich, mit einer Wucht, die Felix nicht hatte vorhersehen können, schoss ein ein heißglüehender Schmerz durch seine Brust, der ihn kurz nach Luft japsen und regelrecht zusammenzucken ließ,s eine eine Hand schoss hoch und verkrampfte sich in seinen Brustkorb. Sein Herz raste, sein Atem ging schnell, in der aufrichtigen Erwartung, dass das nur der Anfang war. Aber nein. Es kam kein zweiter Schmerz. Stattdessen schien irgendetwas wie heiße Lava in seine Bauchregion zu tropfen, es dort immer höher steigen zu lassen, einen unangenehmen Druck aufzubauen. Sicher würde er sich in ein oder zwei Stunden übergeben. Bei den Engeln...hatte er schonmal erwähnt, wie sehr er die Entzugserscheinungen von den Stimulanzien hasste?
Aber er musste sich am Riemen reißen. Er musste. Dawn war schließlich da...

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Dawn
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Dawn am 12.10.2020 18:29

Wahrscheinlich würde nichts in ihr jemals hinnehmen, dass man ihm so etwas angetan hatte. Es war falsch. Man hatte ihm so viele Jahre des Lebens genommen und nichts konnte das entschuldigen. Nichts. Genau das drückte auch ihr entsetzter Ausdruck im Gesicht aus, als sie hörte wie er versuchte ihr zu erzählen, dass man ihm nur helfen wollte. ''Nein, nein.'' Das war nicht okay. So sollte er nicht denken. Er konnte doch nicht so denken ... ''Sie wollten dir helfen? Würdest du jemanden entführen um ihm zu helfen? Ihn foltern? Einen Glauben aufzwingen? Ein Kind mit ihm zeugen? Um ... um zu helfen? Was daran ist eine Hilfe?'' Die Wut brannte in ihrer Brust wie ein Waldbrand. Ihr Herz schmolz förmlich von der Hitze die es erzeugte. ''Es tut mir leid ... Ich ...'' Sie musste sich einfach beruhigen. Er konnte nichts dafür, er sollte sich nicht schlecht fühlen. Sie sollte nicht ihn anschreien. Sie war nicht wütend auf ihn. Ihr Hass, ja Hass, war ganz allein für diese Sekte bestimmt. ''Ein Dämon? Nichts an dir strahlt irgendetwas böses aus. Wie könnte jemand denken, da wäre ein Dämon in dir?'' Ihre Worte klangen schon fast verzweifelt, am liebsten würde sie ihn für Stunden umarmen, all den Schmerz und die Erinnerungen löschen und nur noch das Gute da lassen. Sie durften die beiden nicht finden! Sie würden nicht wieder dorthin gehen. ''Auf dem Weg wie ich dich gefunden habe ... werden sie dich sicher nicht finden. Aber ...'' Sie musste nachdenken. Was konnte man tun? Was würde helfen? ''Vielleicht kann ich irgendwie versuchen diese eine, kleine Spur auch verschwinden zu lassen. Zur Not verschwinden wir. Irgendwie.'' Schließlich konnte man sie ja finden, sie war nie einfach weg gewesen. Ihre Spuren waren nicht verwischt. So eine Scheiße. ''Wir brauchen Hilfe. Ich weiß nicht, wie man richtig untertaucht. Das ... ich ...'' Sie war durchaus verzweifelt. Sie wollte helfen, sie musste helfen. Doch was sollte sie tun? Sie konnte ihre Familie nicht im Stich lassen, sie musste für sie da sein. Für die beiden. Sonst hatte sie doch niemanden. All diese Sorgen ließen sie gerade nicht über sich nachdenken. Gerade war nicht der Augenblick sich auszusprechen. Ihren Schmerz loszulassen. ''Danke ... ich weiß. Aber im Moment müssen wir uns um euch beide kümmern. Harper ... sie kann uns vielleicht helfen. Vielleicht kennt sie einen Weg. Sie ... hat mir schon so oft geholfen.'' Harper war immer an ihrer Seite gewesen. Was sie wohl dazu sagen würde? ''Ihr geht es gut. Ja ...'' 

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Felix
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Felix am 12.10.2020 20:00

Fast hatte Felix damit gerechnet. Er hatte mit dem Gegenstoß gerecht, mit der Barrikade, mit den vehementen Worten, dass sie ihm dort nicht hatten helfen wollen... und irgendwo, tief in ihm drin, weit verschüttet in sienem inneren, mochte er sogar wissen, das sie recht hatte. Doch das war viel zu weit weg, als dass er wirklich auf diesen Gedanken zugreifen köntte. Dawn war nicht dort gewesen. Sie kannte die Aetheriander nicht, sie wusste nicht, wie es dort gewesen war. ...ja, si ehatte n ihn täglich zum Sex gezwungen, sie hatten ihn nach den Stimulanzien abhängig gemacht und ihn mit wöchentlichen Exorzismen gefoltert, aber... da war immer noch der Glaube. Der Glaube an die Engel. Sie hatten es nicht aus Böswilligkeit getan, da war sich Felix sicher. Sie hatten es getan, damit er seinen Platz finden könnte, ein wirklicher Teil von ihnen werden, von den Engeln höchstselbst auserwählt werden könnte. Sie hatten versucht, ihm beizubringen, sich so zu nehmen, wie er war (ode rgewesen war): als Frau. All das, all das, was ihn innerlich hatte schreien und weinen udn fluchen lassen, hatte er zugleich auch verstanden und schätzen gewusst...und das wusste er noch immer und daher kamen auch die Zweifel, die ihn tagtäglich plagten.
Doch wie um Himmel willen sollte er Dawn das nur erklären?
Er öffnete den Mund. "Nein, ist schon gut", murmelte er rasch, als Dawn sich bereits für ihre lauten Worte entschuldigte, während er selbst noch immer nach den richtigen Worten suchte. "Es ist nur...wir..also, sie..." Es war immer noch so unglaublich schwierig, sich nicht als einen der Ihren zu sehen und zu bezeichnen. "...glauben an die Engel. An ihr heiliges Reich, ihre Göttlichkeit. Mit all dem was sie mit mir gemacht haben, haben sie letztlich nur versucht, dass ich von den Engeln auserwählt werde...und damit der Dämon, der mich denken lässt, ich sei ein Mann, verschwindet." Felix lächelte schwach. Wenn er so darüber nachtdachte, war es seltsam gewesen. Sie hatten ihn nicht als das akzeptiert, als was er sich sehnte: als männlich. Seine gesamte Zeit dort hatten sie versucht, mit der gunst der Engel ihm dieses Gefühl auszutreiben. Und doch hatte ihm nie jemand einen Vorwurf gemacht. Es war nicht seine Schuld, dass ein Dämon in ihm hauste, hatte man ihm erklärt. Es käme vor, aber die Engel könnten mich retten.
Ein eigentümliches Gefühl. Zorn, Verletzheit und irgendwo sogar Dankbarkeit zugleich. Zumindest später. Nachdem er eine Weile bei hnen war nd den Glauben verinnerlicht hatte. So sehr verinnerlicht hatte, dass er selbst jetzt nicht von ihm loskam. Nicht gänzlich. Obwohl er sich zum Wohle von Max' wirklich drum bemühte...
Er lächelte schwach, als Dawn sich wegen des Dämons echauffierte. "Sie meinten es nicht böse.", sagte er rasch und hätte sich gleichzeitig selbst am liebsten auf die Zunge gebissen. Verteidigte er die Aetherianer etwa wirklich schon wieder?! Könnte er von ihnen wirklich einer Gehirnwäsche unterzogen worden sein? Manchmal...in solchen Momenten...kam es ihm fast so vor. Aber...nein. Nein, das war Unsinn. Er dachte schließlich selbst! "Sie sagten nur, der Dämon wäre es, der verursache, dass ich mit meinem Geschlecht nicht zufrieden sei. Aber würden sie es schaffen, dass ich von den Engeln auserwählt würde...nun dann wäre der Dämon besiegt, ich würde eine Position neben den Engeln beziehen, rein sein und zufrieden." Felix lächelte schwach. Darüber zu reden,w ie es möglicherweise gewesen wäre, war fast schon schön, und doch ängstigte ihn der vorige Teil des Gespräches noch zu sehr, um sichw irklich darauf einzulassen. Dass die Aetheriander ihn finden könnten. Ihn...und Max. Sie würden ihnen schreckliches antun. Er würde leiden und das wollte Felix nciht. Das wollte er wirklich nicht. Der Glauben war ein Teil von ihm geworden, doch die Rituale dort...nein. Oder?
Ah verdammt, wie er diese Zweifel hasste!
Und dann, als Dawn noch lau nachdachte, wegen eines möglichen Untertauchens, ergriffen ihn plötzlich und unerwartet wieder die Entzugserscheinungen der Stimualnzien. Der stechende Schmerz in seiner BRust, das heiße stiegende Druckgefühl in seinem Magen. Die Schmerzen. Oh verdammt, verdammt, verdammt! Nur zu gerne wollte er nach ihnen greifen, wirklich nur zu gerne... Aber konnte, er dürfte nicht. Für Max. Außerdem war Dawn doch da...
Und dennoch war ihm tief in seinem Inneren bewusst, dass es nicht mehr allz lange brauchen würde, bis er doch zu ihnen griff. Ein Tag noch. Vielleicht zwei...
Er wollte Kontakt mit den Engeln...
Verdammt!
Mühsam zwang sich Felix mit den Gedanken wieder ins Hier und Jetzt, um Dawn zuzuhören. Er hörte nur ihre letzten Worter. Haper? Helfen? Einen Moment brauchte er, bis er den Gesprächsfaden wiedergefunden hatte. Richtig! Untertauchen!
"Ich..." Er räusperte sich kurz und versuchte es nochmal. "Ich schua mal. Bisher haben die Aetherianer nichts von sich sehen und hören lassen. Und hier hab ich eine Wohnung gefunden und einen Job, obwohl ich keinen Abschluss oder sonst etwas habe. Ich hab...ja, ich hab Angst, dass sie mich finden." Er nickte, erneut mit dem schwachen Lächeln auf den Lippen. Es zu verleugnen wäre sinnlos. "Aber ich weiß nicht, ob ich nochmal so viel Glück habe etwas zu finden, wie das hier." Die Ungewissheit, ob man ihn hier finden würde oder nicht war quälend. Aber Max brauchte ein zuhause. Er konnte mit ihm nicht dauerhaft auf der Flucht leben. Und hier hatten sie ein zuhause, er konnte Geld verdienen...irgendwie...ja, irgendwie ein Leben führen...
Ein neuerliches scharfes Stechen zog quer durch seine Brust, doch dieses Mal schaffte Felix es, einfach nur mit einem tiefen Atemzug dagegen anzutreten. Seine Hand begann schon wieder zu zittern und vorsorglich tat er sie wieder unter den Tisch, um es zu verstecken. Ein oder zwei Tage hatte gesagt, nicht wahr? Er betete, dass Dawn nicht da sein möge. Sie sollte ihn nicht so sehen. Unter keinen Umständen sollte sie ihn so sehen...

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Dawn
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Dawn am 12.10.2020 20:35

Alle Religionen und Ansichten, Götter und andere Dinge in diese Richtung waren ein schwieriges Thema. Glauben konnte man viel und das war auch okay - solange man einen anderen Menschen nicht darunter leiden ließ. Und ihn hatte man gezwungen. Entführt. Daran war nichts Gutes. ''Sie haben es dir aufgezwungen. Niemand hat das Recht dazu einem anderen Menschen seinen Glauben aufzuzwingen. Wolltest du die Hilfe? Nein.'' Es wäre besser, sich nun nicht zu sehr in das Thema zu versetzen. Zu viel darüber nachzudenken - jetzt, wo sie so wütend war. ''Wie kann man nur so sein ... wie ... kann man nur so sein.'' Sie verstand es nicht. Keine einzige Faser in ihr konnte auch nur ansatzweise verstehen, wie zur Hölle man denken konnte, das wäre richtig! Doch sie wollte nichts mehr sagen, sie wollte ihn nicht verletzten, nicht verunsichern. Nein. Also biss sie sich sichtlich auf die Lippe. Er konnte nichts dafür. 
''Was hast du?'' Alles war wie weg. All der Zorn, die Gedanken, der Hass. Nun war nur noch Sorge da. Hatte er Schmerzen? Es war das zweite Mal, dass er etwas unterdrückte. Einen Drang. Ein Geräusch. Ein Gedanke. Irgendetwas stimmte nicht, das merkte sie. Sie wusste es. Auch wenn die Wut sie zuvor noch übermannt hatte. ''Ich weiß auch nicht ... aber wir werden eine Lösung finden. Für alles, okay? Ich werde euch nicht im Stich lassen. Ich habe dich nie auch nur ansatzweise vergessen oder zurückgelassen. Ich wollte dich immer finden, dir immer helfen und jetzt ... jetzt bist du endlich wieder bei mir. Ich kann dich sehen, mir dir reden. Und ich werde dir helfen. Egal wie. Wir finden einen Weg.'' Ihr ganzer Körper war angespannt, sie zitterte noch immer. Doch es war egal. Felix war wichtiger. ''Dein kleiner Junge, er wird sicher sein. Wir werden auf ihn aufpassen. Du hast alles richtig gemacht. Selbst ... wenn du diesen Glauben irgendwie auch hast. Du kannst ihm diesen anders übermitteln. Kein Engel, kein Gott, kein gutes Wesen würde wollen was da passiert ist. Was wären das denn für Engel? Sind das Engel, an die du glauben willst? Für die du sterben würdest?'' Dieses Thema ließ sie einfach nicht los. Sie konnte es nicht verstehen. Aber sie wusste, dass sie es wirklich nicht konnte. Sie konnte nicht glauben.

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Felix
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Felix am 12.10.2020 21:56

Ja. Ja, da hatte Dawn Recht. Dagegen konnte er nichts sagen. Sie hatten es ihm aufgezwungen. Genau das hatten sie getan. Und...und dennoch...Es war ihr Glaube, oder nicht? So legitim, wie jeder andere Glaube auch. Es hatte Hand und Fuß, sie hatten gebetet und er hatte die Engel gespürt. Hatte es gespürt in ihren Paradies zu sein, jede Woche, jede einzelne Woche hatte er sich mit den Stimulanzien auf ihre Ebene gehoben! Zählte das etwa nichts? Und ja, theoretisch wusste er, dass es nichts anderes war als die Drogen, aber... es machte so viel Sinn! Alles, was man ihm erzählt hatte, oder nicht? Er wusste, er sollte nicht daran glauben, er wusste, es war nichts mehra ls eine Sekte, alles an den Haaren herbei gezogen, doch...
...das war nunmal einfacher gseagt als getan.
Felix schwieg bei ihrem Wutausbruch. Er konnte dem einfach nichts erwidern. Natürlich hatte er die Hilfe damals nicht gewollt (obgleich er im ersten Moment froohg ewesen war, dass man ihm aus dem Waisenhaus weg holte, das einfach nur Horror gewesen war. Bis er dann bei den Aetherianern ankam und am liebsten geflohen wäre). Sie hatten ihn gefoltert, ihm Scherzen zugefügt, ihm viel erzählt und er hatte sich eine ganze Zeit dagegen gewehrt, doch irgendwan...irgendwann ahtte er begonnen zu verstehen, was sie ihm sagen wollten. Hatte es begriffen und angenommen und in sich verinnerlicht und so leicht war es von dort nicht wieder wegzubekommen. So gern er es auch wollte. Damals hatte er die Hilfe nicht gewollt, doch in den Augen der Aetherianer hatte er die Hilfe gebraucht. Irgendwo fühlte er sich schlecht, sie so verlassen zu haben. Er fühlte sich schlecht, dass der Dämon zu sehr in ihm steckte, sie ihm nicht endgültig hatten helfen können. Und manchmal fühlte er sich sogar jetzt noch schlecht, wen er sich das Testosteron spritzte, was ihn einerseits glücklich machte, weil er endlich war, wie er sich immer gefühlt hatte und ihm andererseits ein schrecklich schlechtes Gewissen machte, weil er sich damit den Engelnd irekt und immer wieder und wieder widersetzte...
Die nächste winzige Entzugsattacke schien Dawn diesmal nicht zu entgehen. Als sie ihn nach seinem Wohlbefinden sorgte, war ihre Stimme voller Sorge. Felix zwang sich zu einem Lächeln. Er spürte die Schweißtropfen auf seiner Stirn. Oh, verdammt, hatte er schonmal erwähnt, dass er die Entzugserscheinungen der Stimulanzien hasste?? "Nichts", sagte er und biss sich im nächsten Augenblick auf die Zunge. Lügen war eine Sünde in den Augen der Engel, und so fügte er rasch hinzu: "Nichts Wichtiges. Alles gut." Er schenkte ihr ein beruhigendes leichtes Lächeln. Er wollte nicht, dass siesich Sorgen machte. Er wollte nicht, dass sie erfuhr, dass er noch immer Stimulanzien hier hatte, das...das wollte er nicht.
Es war schon genug, dass sie nun wusste, wie sehr die Aetherianer noch immer in ihm waren, obgleich er von dort geflohen war.
"Danke", sagte Felix, mit einer Dankbarkeit, die aus seinem tiefsten Inneren kam, lächelte sie an, sah ihr in die Augen. Er hatte seit Ewigkeiten niemanden so bedingungslos an seiner Seite gehabt. und es war ein wunderbares Gefühl, sie hier zu wissen. Jemand, der für ihn da wäre, immer, wie in der Kindheit. Es war schon erstaunlich... da hatte man sich achtzehn Jahre lang nicht gesehen, und doch war ihre Verbindung, ihre Liebe zueinander, sofort wieder da.
Und dann begann sie wieder mit dem Glauben. Felix seufzte. Er konnte es ja selbst kaum beschreiben. "Ich werde Max nicht den Glauben weitergeben", stellte er zunächst klar. Das war ihm wcihtig. Schon von Anfang an wichtig gewesen. "Er wäre in diesem Glauben ein Auserwählter, ich könnte es nicht ertragen, wenn..." ...wenn sein Sohn eines Tages freiwillig dorthin kehren würde. Doch die Worte konnte er nicht aussprechen. Er schüttelte den Kopf. "Die Zeit dort war grausam. Das weiß ich. Und ich möchte meinem Sohn das ersparen. Ich versuche mich von dem Glauben zu lösen, wirklich. Der Glaube soll nicht der Seine sein." Er würde Max niemals die Stimulanzien aufzwingen, er würde ihn niemals zum Sex zwingen um den Frieden zu verbreiten oder sonstiges. Niemals. Max sollte ein normales und glückliches Leben bekommen. "Und was die Engel angeht..." Sein Herz hämmerte. Trotz allem war es noch irgendwo sein Glaube und etwas in ihm wollte es mit aller Macht verteidigen. "Die Engel sind reine Wesen, die jeden so nehmen, wie sie sind - auf ursprüngliche Weise..." Er spürte, wie Tränen in seinen Augen zu glitzern begannen und räusperte sich leicht, um die loszuwerden. "Ich weiß, es ist dämlich. Manchmal fühle ich mich richtig mies wegen meiner Umwandlung, weil ich weiß, dass ich die Engel damit verrate - es verrate, wie ich geschaffen wurde, aber...ich kämpfe dagegen an. Gegen diese Gedanken. Ich versuchs wirklich." Er lächelte sie leicht an.
Er fühlte sich mies. Richtig mies. Da war dieses Gefühl wieder. Die Engel zu verraten. Es irgendwie gut machen zu müssen. Sein Blick ruhte auf seinem Geigenkoffer in der Ecke - und automatisch breitete sich ein beinahe schon glückliches Lächeln auf seinen Lippen auf.
"Möchtest du etwas von mir auf der Geige hören?", fragte er und stand schon auf. Wenn er spielte, dann fühlte er sich immer mit den Engeln verbunden. Dann fühlte er sich glücklich, und frei. Er liebte es zu spielen. Er liebte es, den Engeln nah zu sein. Es war absolut kein Ersatz für die Stimulanzien (es gab nichts besseres, als auf Stimulanz Geige zu spielen), aber für gewöhnliche Tage, für zwischendurch, war es wunderbar.
Er spielte jeden Tag.

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Dawn
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Dawn am 20.10.2020 17:41

''Nichts?'' Dawn schenkte ihm keinen Glauben. Es ging ihm nicht gut, wie sollte es ihm auch anders als beschissen gehen? Nach allem, was passiert war? All all dieser Scheiße, die er nun schon hinter sich hatte? Sie selbst kannte das ... irgendwann war einfach zu viel passiert um sich je wieder richtig gut zu fühlen. Es fehlte zu viel, es wurde zu viel genommen. Ihm wurde zu viel genommen. Sein Leben, seine Kindheit, seine Unschuld, seine Freiheit. So viel. Zu viel. ''Du kannst mir alles sagen, das weißt du. Ich meine ... das, was du mir schon alles gesagt hast war viel, es war schockierend, aber letztendlich kann es für mich nicht so schlimm sein wie für dich. Du hast das alles erleben müssen, du fühlst diese Dinge. Ich kann nur versuchen dir ein wenig Last abzunehmen. Dir zu helfen und für dich da zu sein. Ich möchte für dich da sein.'' Natürlich wusste sie nicht, dass er gerade an diese Drogen dachte, die man ihm aufgezwungen hatte. Es hätte ihr eigentlich klar sein müssen, dass es gut möglich war, dass er mittlerweile eine Sucht entwickelt hatte. Sie kannte das ... Sie wusste wie es war, wenn sich die Gedanken nur darum drehten. Wenn alles, was zählte, das nächste Mal total auf Droge zu sein war. Auch ... wenn er das alles ein wenig anders sah als sie. Wenn man ihm Lügen erzählt hatte. So war es doch im Prinzip das Gleiche. Es war nicht einfach eine Sucht zu überwinden.
Einen Glauben abzulegen war jedoch ebenfalls nicht einfach, das wusste Dawn. Oft spielt die Erziehung eine entscheidende Rolle. Oder einfach die Tatsache, in einem immer noch irgendwie religiös geprägten Kulturkreis geboren oder aufgewachsen zu sein. ''Glaube ist wichtig, weil er Werte vermittelt. Aber Gläubige sind nicht automatisch schon bessere oder gute Menschen. Der Glaube hat etwas zu sagen auf die großen Fragen nach dem Ursprung des Seins, nach dem Sinn des Daseins oder einem Leben nach dem Tod. Und trotzdem bleiben Dunkelheit und Zweifel. Der Glaube gibt keine einfachen Antworten ... Menschen glauben, weil sie Halt und Schutz suchen. Sie aber haben nicht weniger Probleme als andere auch.'' Für die junge Frau war es schwierig die Angelegenheit von Felix' Sicht aus zu sehen. Er konnte das alles nicht objektiv betrachten. ''Du kannst an diese Engel glauben. Du kannst versuchen für dich herauszufinden, was sie wirklich wollen würden ... was für dich dieser Glaube bedeutet.'' Wenn er ihn schon nicht ablegen konnte. ''Aber du darfst auch nie vergessen, dass du diesen Glauben nur in dir trägst, weil man dir aufgezwungen hat. Nicht, weil du dich dafür entschieden hast. Es wird schwer. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie schwer. Aber ich werde für dich da sein. Und wir schaffen das. Egal was auf uns zukommt. Du wirst du selbst sein können und alle Götter und Engel und Wesen dieser Erde werden dich so lieben wie du bist. So, wie du sein möchtest. Dein wirkliches Ich.'' Erneut drückte sie seine Hand liebvoll, nickte daraufhin zu seinem Vorschlag und war sofort von Begeisterung gepackt. ''Sehr gerne.'' Schließlich wollte sie hören, was für ein Talent er hatte. Und es würde ihn sicher glücklich machen, somit auch sie.

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Felix
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Felix am 20.10.2020 20:36

Felix musste sich zwingen, nicht zu lügen. Er dachte an die Engel. Beim Himmel, er sündigte schon mehr als genug, da musste Lügen wirklich nicht noch oben drauf. "Doch, schon...", sagte er also zögerlich, blickte Dawn ind ie Augen und lächelte dann leicht. "Aber es ist wirklich nichts Wichtiges." Er betete, dass das nicht auch bereits als Lüge galt. Aber er konnte Dawn einfach nichts von den Stimulanzien erzählen, er konnte nicht. Er wollte es ja selbst nicht wahrhaben, wie sehr er noch an diesen kleinen Pillen hing, wo er sich doch gleichzeitig so sehr bemühte, davon weg zu kommen...
"Ich weiß", sagte Felix rasch auf Dawns berührende Rede, dass er ihr immer alles erzählen könnte, dass sie immer für ihn da wäre. Das Gefühl...es war so lange her, seit er das gefühlt hatte. Es war...es war ein Wunder, ja. Jetzt erst, wo sie wieder beisammen waren, wurde ihm bewusst, wie sehr er es vermisst hatte. "Und das gleiche gilt für dich", sagte er ehrlich, umfasste mit seinen Händen die ihre, schaute ihr in die Augen, lächelte sie an. "Ich habe auch immer ein offenes Ohr für dich und werde und möchte immer für dich da sein. Ja?" Sie war seine Zwillingsschweste. Seine bessere Hälfte. Er liebte sie als das, was sie war und er hoffte wirklich, dass sie nie wieder für so lange Zeit getrennt würden. Dass sie immer in Kontakt bleiben und sich immer das Herz ausschütten konnten. Ihre Verbindung...sie war einmalig. War sie schon als Kind gewesen.
Ihr Gespräch wandte sich seinem Glauben zu, den er - ganz ehrlich - selbst nicht verstand. Er wollte sich davon loseisen, wollte de ganze Sekte, alle Aetherianer, einfach nur hinter sich lassen, damit abschließen, nichts mehr damit zu tun haben. Und er hatte doch schon viel geschafft, oder nicht? Er war geflohen, er hatte sich den Engeln widersetzt und sich Testosteron gespritzt, seinen Körper angefangen männlich werden zu lassen (obgleich er noch keine Operationen gemacht hatte - dafür fehlte ihm schlicht das Geld) und natürlich hatte er ihnen auch das auserwählte Kind genommen. Er nahm die Stimulanzien nur noch selten, so selten wie es eben möglich war, hatte - bis auf Ilian - keinerlei Kontakt mehr zu ihnen und dennoch... dennoch war da etwas in ihm, was tatsächlich daran glaubte. Das glaubte, dass die Engel da waren, dass sie gemeinsam das Göttliche bildeten und Segen schenkten, auf einen hinabschauten und wollten, das man sich liebte, liebte und Frieden verbreitete... Er dachte so oft - ständig - an die Engel, allein schon jeden Tag, wenn er Geige spielte, aber auch so. Er sagte nicht wie andere 'O Gott' sondern stets 'Bei den Engeln' oder etwas in der Art. Es war ein Teil seiner selbst, den er - obgleich er sich bemühte - nicht einfach so herausschneiden konnte. Es ging nicht. Selbst wenn er sich wollte und schon daran zweifelte er oft genug.
Felix starrte auf die Maserung des Tisches, während er Dawns Definition des Glaubens lauschte. Tja. Was war der Glaube eigentlich für ihn? Für ihn war es...das einfache Wissen, dass da mehr war. Dass da etwas wunderbares oben war, was sie beobachtete, eine Gemeinschaft der Engel, der Reinheit, des goldenen Paradieses, es war... es war ganz einfach das Gefühl des Paradieses, was er verspürte, wenn er die Stimulanzien nahm...dieses wundervolle, unbeschreibliche Gefühl...
Dawn sprach weiter und langsam nickte Felix. Ja. Rausfinden was er für sich selbst bedeutete. Ihm kam ein Gedanker, ein kurzer, kaum mehr als ein Gedankenfetzer - doch es war ein euphorischer und beruhigender Gedankenfetzen zugleich... doch ehe er ihnf assen,f esthalten, ausfrmulieren konnte, da war er schon wieder weg und Enttäuschung machte sich in ihm breit. Was mochte es gewesen sein? Es war eine Idee, wie er seinen Frieden machen konnte, wie er das Handeln der Engel interpretieren konnte, doch es war weg...fort...wieder weggeflogen...
"Danke", lächelte Felix erneut leicht und drückte leicht ihre Hände. Er wusste wirklich nicht, womit er sie verdient hatte. Aber eins wusste er: er würde verrückt werden, wenn er jezt nicht ein wenig in Kontakt mit den Engeln trat, sie spürte und auch sich ein wenig von den Stimulanzien ablenkte. Und außerdem...außerdem wollte Dawn sicher hören, wie er spielte...und vielleicht würde der verlorene Gedankenfetzen ja beim Spielen wiederkommen.
Als Dawn zustimmte, dass sie etwas von ihm hören wollte, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. "Großartig", sagte er, sprang auf und ging mit großen Schritten in die Ecke zu seinem Geigenkoffer. Keine zehn Sekunden später hatte er sie ausgepackt und hielt sie sich an die Schulter. "Ich spiele erst was ruhiges und dann was schnelleres, ja?", sagte er. Erstmal musste man zu den Engeln hin, Einlass erbeten, mit lieblichen und häufig traurigen Melodien und wenn man dann da war...dann begann die Feier! Allein beim Gedanken daran begann ein wahres Feuerwerk in seinem Bauch, ein Feuerwerk der Lust, als er an die Stimulanzien dachte, an das unbeschreibliche aufsteigende Gefühl und wie gerne er...
Er riss sich davon los, setzte den Bogen auf die Saiten und mit einem Lächeln im Gesicht begann er zu spielen.

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Dawn
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Dawn am 09.11.2020 11:58

Für Dawn wirkte es nicht so, als wäre es nichts Wichtiges. Allgemein wirkte seine Körpersprache nicht so, als würde es ihm gut gehen. Doch konnte man davon ohnehin nicht ausgehen. Am liebsten hätte sie ihn ausgequetscht, nachgebohrt bis sie alles wusste, aber sie entschied sich dagegen. Sie selbst hatte ihm auch nicht alles gesagt, eigentlich fast gar nichts. Also durfte sie das von ihm nun auch nicht verlangen, oder? Nein. Alles würde mit der Zeit kommen ... Das wichtigste war, dass die beiden nun hier waren und füreinander da sein konnten. Heute und für immer. ''Halten wir einfach fest, dass wir nach und nach über alles reden, okay?'' Damit gestand sie zwar auch, dass da noch mehr bei ihr selbst war, doch zeigte sie ihm auch, dass sie wusste, dass er ihr nicht alles erzählte und dass das okay war. 
Eine Reihe von natürlich vorkommenden Drogen, die sogenannten Entheogene, werden traditionell in einem kultischen oder schamanischen Kontext genutzt, so etwa der Fliegenpilz in Sibirien und Ayahuasca von den Amazonasindianern. Es existieren einige offiziell anerkannte Gemeinschaften, in denen der geregelte Gebrauch halluzinogener Substanzen eine zentrale Rolle einnimmt. Im Hinduismus ist der entheogene Gebrauch von Cannabis allgemein üblich, psychoaktive Hanfzubereitungen werden unter anderem auf religiösen Festen zu Ehren des Gottes Shiva konsumiert, welcher der Menschheit die Hanfpflanze überbracht haben soll. Demnach wäre es nicht allzu befremdlich für Dawn, von Felix' Sucht zu erfahren. Sein Paradies war auch einmal ihr Paradies.
''Du kannst spielen, was auch immer du möchtest. Ich bin mir sicher, alles klingt wundervoll.'' Mit aufmerksamen Blick und einem lächeln auf den Lippen rutschte sie so, dass sie Felix gut sehen konnte, während er seine Geige auspackte. Sie konnte sofort erkennen, wie verbunden er sich mit der Musik fühlte. Es schien ihn wirklich zu erfüllen. Es war eine Leidenschaft. Seine Leidenschaft. Ganz egal wie und warum sie enstanden ist. Dawn beobachtete wie die vier Saiten mit den Haaren des Bogens gestrichen wurden und lauschte der klangvollen Melodie, die dabei entstand. Ein ruhiges, warmes Gefühl der Sicherheit breitete sich in ihrem Körper aus. Ihn spielen zu hören gefiel ihr so sehr, dass sie gar nicht bemerkte, wie sie ihre Augen schloss und langsam bunte Farben und prachtvolle Bilder vor ihr erschienen. Solange er spielte schien sie in einer eigenen, kleinen Welt zu versinken. Erst als er aufhörte, öffnete sie ihre Augen wieder und für eine Weile herrschte eine angenehme Stille im Raum. Noch immer zierte ein Lächeln ihre Lippen. ''Das war wunderschön.''

Antworten Zuletzt bearbeitet am 17.11.2020 16:03.

Felix
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Felix am 09.11.2020 19:33

Unwillkürlich musste Felix lächeln und erwiderte den Druck ihrer Finger leicht. Er hatte keine Ahnung, wie es sein konnte, dass er all die Jahre ohne sie hatte überstehen können. Und nicht nur das - dass er sogar irgendwann kaum noch an si egedacht hatte. Wie war das möglich? Sie war seine Zwillingsschwester, sie waren so sehr verbunden und er liebte sie so sehr... er wollte sie niemals hergeben. Niemals.
"Ja. Halten wir das fest", lächelte er mit aller Ehrlichkeit. Er wollte erfahren, was seine Schwester erlebt hatte, was sie durchgemacht hatte. Anfangs, in den ersten Jahren bei den Aetherianern, hatte er sie schließlich gespürt - und auch später, zwar immer seltener aber dennoch. Er wusste, dass auch sie schwere Zeiten hat durchmachen müssen und gerne würde er erfahren was, würde für sie sein. So wie es Geschweister nun einmal waren.
Aber er verlangte nicht, alles jetzt direkt, bei ihrem ersten Treffen seit achtzehn Jahren zu erfahren. Nein. Er wollte es genießen, dass sie wieder vereint waren, wollte es genießen, dass sie eine Familie sein würden. Eine richtige Familie.
Nur einen kleinen Schatten gab es natürlich: sein Glaube. Oder... der Glaube der Aetherianer, der aber immer noch in ihm steckte. So tief verwurzelt, so tief in ihn hinein verankert, dass er ihn kaum herausreißen konnte, obwohl er sich wirklich darum bemühte. Doch das war viel, viel leichter gesagt, als getan. Und Felix vermisste die Verbindunheit mit den Engeln. Er vermisste sie so sehr..
Der perfekte Moment, um geige zu spielen, um Dawn zu zeigen, was er bei den Aetherianern auch gelernt hatte, was zu seiner Leidenschaft geworden war, zu seinen Worten. Obgleich er gleichzeitig nicht aufhören konnte, an die Stimulanzien zu denken. Sein Herz schlug in seinem Kehlkopf, sein Finger zitterten, seine Handinnenflächen waren von einem leichten Schweißfilm überzogen doch am stärksten war diese Sehnsucht in ihm. Die Sehnsucht und das Verlangen zu den Engeln zurückzukehren, aufzusteigen in ihre Ebene, bei ihnen zu sein, von diesem allumfassenden Gefühl umgeben zu sein...
Und wäre Dawn nicht hier, so hätte er sie sicher schon genommen.
Er wischte seine Hände kurz provisorisch an seiner Hose ab, lächelte leicht...
...und begann zu spielen.
Er merkte gar nicht, dass sich seine Augen leicht schlossen, während er spiel. Er lächelte unentwegt. Es kam aus seinem tiefsten Inneren. Seine zitternden Finger übertrugen das Zittern auf die Saiten, wo sie in ein wundervolles Vibrato verwandelt wurden. Er bewegte sich leicht dazu, mitgehend. Zunächst mit den sanften, leiseren Tönen, lauter werdend, in Moll, traurig erscheinend, aber berührend, näherte sich den Engeln, weiter, näher, lauter - und dann war er da und mit einem breiten Grinsen ging er dorthin über. Die Bewegung seiner Finger wurde schneller, sein Bogen wippte beinahe schon über die Seiten, spielte häufig zwei gleichzeitig, während er die Töne griff, fröhlich, beschwingt, anders und spannend und schnell. Und schließlich, mit einem kräftigen letzten Ruck, einer hohen aufsteigenden Note, war er angekommen und ließ mit einem breiten Lächeln die Geige und den Bogen wieder sinken, öffnete die Augen, strahlte Dawn breit an.
"Danke", lächelte er ehrlich, geschmeichelt von ihrem Lob. Er könnte noch Stunden weiterspielen, doch wollte er Dawn damit nicht belasten. So legte er seinen wertvollsten Besitz ganz vorsichtig beiseite und kehrt, nach wie vor breit lächelnd, zu Dawn an den Tisch zurück.
"Ich spiele jeden Tag", erzählte er ihr glücklich und blickte zu seinem Instrument. "Mindestens eine Stunde, für gewöhnlich mehr. Kommt drauf an, wie viel Zeit ich hab. Sie ist das einzige, was ich von dort mitgenommen habe." Er nickte zur Geige. Er hatte nicht ohne sie gehen können. Hatte sie den ganzen Tag mit sich getragen, immer darauf geachtet, dass se ihm ja nicht gestohlen wird, wenn er in der Bahn, auf einer Parkbank oder unter einer Brücke geschlafen hatte.
Einen Moment betrachtete er noch das mahagonifarbene Holz, dann wandte er sich an Dawn um. "Wo kommst du eigentlich unter? Wie lange bist du hier? Du hast doch gesagt, dass du und Harper jetzt in Italien wohnt, richtig?", fragte Felix. Falls sie einen Ort brauchte, um unterzukommen, würde er ihr sehr gerne helfen. Sicher konnte er seinen Vermieter fragen. Natürlich würde er Dawn auch zu sich nehmen. Hierher. Doch... seine Gedanken waren schon wieder bei den Stimulanzien. Alles in ihm zog ihn dorthin. Er wusste nicht, wie lange er diesem Sog noch standhalten würde und er wollte nicht, dass Dawn ihn so sah...

Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.11.2020 21:33.

Dawn
Gelöschter Benutzer

Re: Felix' Wohnung

von Dawn am 26.12.2020 13:28

Auch Dawn hatte mit der Zeit immer weniger an ihren Bruder gedacht, die Erinnerungen an ihn waren mit den Jahren immer blasser geworden. Damals, als er noch ihre Schwester war und mit ihr gemeinsam gespielt hatte. Als die beiden unzertrennlich waren, als Felix damals merkte, dass er irgendwie nicht im richtigen Körper war. Die Paranoia, die nach und nach immer mehr Besitz von ihrer Mutter genommen hatte. Die Angst ... welche sie an diesem Tag verspürt hatte, als diese die Waffe auf ihre Schwester gezielt hatte, weil diese so viel lieber mein Bruder wäre. Zumindest waren das ihre Erinnerungen. Das war das, was die beiden wussten und was auch jeder Polizist im Nachhinein so abgesegnet hatte. Über all diese Erinnerungen hatte sich ein grauer Schleier gelegt, obgleich vieles davon prägend gewesen war. Er hatte ihr immer gefehlt, es war immer so gewesen, als würde ein Teil von ihr fehlen. Doch nun, nun wo sie hier saßen, miteinander sprachen und die Zukunft gemeinsam anpacken wollten, da fügte sich das fehlende Teil wieder ein. Was der Körper nicht alles verdrängen konnte ... All diese Wut, diese Trauer, dieser tiefsitzende Schmerz, die Enttäuschung. Das alles hatte sie irgendwann nicht mehr empfunden. Nicht mehr so. Doch die Dinge, die Felix widerfahren waren brachten ihre tief vergrabenen Gefühle wieder hoch. Sie hasste ihre Mutter für das, was sie getan hatte, dafür, dass Dawn an diesem Abend keine andere Lösung sah als sie zu töten. Wäre das nicht passiert, dann wäre auch alles andere nicht gewesen. War es vielleicht ... ihr Fehler gewesen? Hatte sie ... eine falsche Entscheidung getrofffen? Fragen, die sich die junge Frau bereits des öfteren gestellt hatte. Dinge, die sie belasteten.
Doch dieses wunderschöne Lied, welches Felix ihr vorspielte, die Art, wie er die Melodie spürte und lebte, liebte. Es war schön, lebendig. Ehrlich. Sie liebte es. Sie konnte sehen, was es mit ihm machte und wie diese Musik, die Töne ihn in eine andere, schönere Welt brachten. Diese ... schönere Welt, welche sie sich besser Vorstellen konnte als die beiden zu diesem Augenblick zu glauben vermochten. Sie spürte es schon fast selbst. Sicher die Verbindung, aber nicht nur ... nein. Musik konnte vieles bewirken, besonders wenn man sich darin verlieren konnte. ''Es ist wirklich schön zu sehen, wie sehr du es liebst zu spielen. Es macht dich glücklich. Für den Moment schien alles perfekt zu sein.'', überkam es ihre Lippen ehrlich. Ein Lächeln zierte ihre Lippen. Er hatte wirklich ein großes Talent und vor allem eins, dass er mit ganzem Körpereinsatz lebte. Das gab es nicht so oft. ''Wenn ich ehrlich bin, möchte ich nur ungern irgendwo anders als bei dir unterkommen. Aber ich kann verstehen, wenn das zu früh ist. Ich habe das Gefühl nun all diese Jahre nachholen zu müssen. Es macht mich schon fast nervös.'', schmunzelte Dawn. ''Ja, wir leben in Italien. Ich kann wohl auch erst einmal bleiben. Ich weiß nicht ... irgendwie kommt mir das alles nun ungeplanter vor als es eigentlich sein sollte.'' Alles was nun wichtig war war Felix und sein Sohn.

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